Siegen. . Prof. Robert Kaiser von der Uni Siegen hat den Wahlerfolg von Mark Rutte analysiert - und setzt sich mit der Bedeutung für Europa auseinander.

  • Prof. Robert Kaiser von der Universität Siegen hat den Wahlsieg von Mark Rutte in den Niederlanden analysiert
  • Rutte hatte die Wahl deutlich gegen den EU-Skeptiker Geert Wilders gewonnen
  • Kaiser analysiert die Folgen für Europa und über mögliche Regierungskoalitionen in den Niederlanden

Bei der Wahl in den Niederlanden bleibt die VVD von Ministerpräsident Mark Rutte stärkste Kraft. Ob diese Pro-EU-Haltung einen Trend für die Wahlen in Frankreich gesetzt hat, ist ungewiss, sagt Prof. Robert Kaiser von der Universität Siegen. Der Politikwissenschaftler über...

...die Ausgangssituation

Selten wurde in Europa mit so viel Aufmerksamkeit auf Parlamentswahlen in den Niederlanden geschaut. Schon im Vorfeld galt das holländische Votum als Trendwahl: Können rechtspopulistische Parteien mit Anti-Europäischer Agenda weiter an Zuspruch gewinnen? Es ging vor allem darum, ob Geert Wilders mit seiner ‘Partei für die Freiheit’ (PVV), die neben der ‘Entislamisierung’ eine Volksabstimmung über den Austritt der Niederlande aus der EU fordert (‘Nexit’), zur stärksten politischen Kraft aufsteigen würde.“

...über das Ergebnis

Professor Robert Kaiser.
Professor Robert Kaiser. © Uni Siegen

Die PVV konnte zwar ihren Stimmenanteil gegenüber 2012 um ein Drittel ausbauen, aber offenkundig nicht stärkste Kraft werden und fällt damit weit hinter die rechtsliberale VVD von Ministerpräsident Rutte zurück, die trotz erheblicher Verluste klar stärkste Partei geblieben ist. Dass die VVD nicht annähernd solche Verluste eingefahren hat wie ihr Regierungspartner, die sozialdemokratische PvdA, dürfte auch an der Haltung Ruttes im Streit mit der Türkei liegen – er konnte viele unentschlossene Wähler motivieren.“

...die Bedeutung für Europa

Positiv für Europa kann gewertet werden, dass mit Ausnahme von Wilders PVV nur die pro-europäischen Parteien deutlich Stimmen hinzugewinnen können. Vor allem die ‘GrünLinks-Partei’ des Politikneulings Jesse Klaver, die ihren Stimmenanteil mehr als verdreifachen konnte, verzeichnete Zugewinne, ebenso die christdemokratische CDA und die linksliberale D66.

Außerdem ist die in den Niederlanden traditionell hohe Wahlbeteiligung nochmals kräftig gestiegen – politische Alternativen zu langfristigen Grundsatzentscheidungen, etwa die Frage über den Verbleib eines Landes in der EU, können beträchtlich mobilisieren und damit die Demokratie stärken.“

...über mögliche Koalitionen

Das Wahlergebnis sollte nicht zu euphorisch bewertet werden. Das niederländische Parteiensystem ist weiter zersplittert. Zur Regierungsbildung werden mindestens vier Parteien benötigt. Wilders kann zwar übergangen werden, aber jenseits davon wird sich die künftige Regierung nahezu über das gesamte politische Spektrum erstrecken müssen. Damit ist zumindest fraglich, ob Rutte in den Verhandlungen um die Reform der EU ein starker und verlässlicher Partner sein kann.“

...über die Wahl in Frankreich

Ob die Wahl einen Trend für die Präsidentschaftswahlen in Frankreich gesetzt hat, ist fraglich. Dort mangelt es aufgrund der Skandale um den Kandidaten François Fillon an einer konservativen Alternative zu Marine Le Pen. Zudem entwickelt sich Frankreich wirtschaftlich derzeit längst nicht so positiv wie die Niederlande.

Daher stellt sich hier die Frage, ob es die Alternative einer besseren ökonomischen Entwicklung außerhalb der EU gibt. Die Wahlen in den Niederlanden verschaffen der EU bestenfalls eine Verschnaufpause. Für die Wahlen in Frankreich und Deutschland wäre es wichtig, dass die Staats- und Regierungschefs eine klare Perspektive zur EU-Reform aufzeigen. Das würde dem pro-europäischen Kandidaten Emmanuel Macron Rückenwind geben.“

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