Siegen. . Bei einer Lesung im Lyz hat Autorin Lamya Kaddor ihr Burch „Die Zerreißprobe“ vorgestellt und vor dem Verlust der Demokratie gewarnt.

Sie wirkt alles andere als eingeschüchtert. Obwohl Lamya Kaddor angefeindet wird und Morddrohungen erhält. Vor allem seit ihrem jüngsten Buch „Die Zerreißprobe“.

Auf Einladung des Kommunalen Integrationszentrums des Kreises Siegen und des Vereins für soziale Arbeit und Kultur Südwestfalen war Lamya Kaddor zu einer Lesung Gast im Lyz. Einige thematische Schwerpunkte ihres Buches standen im Mittelpunkt des Abends.

Populisten

Lamya Kaddor sieht AfD-Erfolge als „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit einer lautstarken Minderheit.“ Wobei dies vor allem gegen die Muslime in unserem Land geht.

Natürlich weiß die in Deutschland geborene und aufgewachsene Tochter syrischer Eltern, dass viele Anhänger der Populisten Protestwähler sind. Doch: „Wer die AfD wählt, akzeptiert Fremdenfeindlichkeit und Rassismus und damit ihre Demokratiefeindlichkeit.“

Deutschsein

Aus vielen Diskussionen weiß Lamya Kaddor, dass rechte Politiker zwar ungehemmt austeilen, aber hochempfindlich sind, wenn sie selbst kritisiert werden. Aber sie nehmen für sich in Anspruch zu bestimmen, was deutsch ist. CDU-Politiker Friedrich Merz definierte im Jahr 2000 den Begriff Leitkultur als „Konsens der Mehrheit“.

Kaddor: „Doch Normen und Gepflogenheiten ändern sich ständig. Aus Bier, Sauerkraut und Volksmusik ist längst auch Merlot, Risotto und Jazz geworden.“

Hausordnung

Pünktlichkeit und Sauberkeit werden als weitere Inhalte der Leitkultur betont. Roland Koch, damals noch Ministerpräsident Hessens, sagte: „Ausländer sind uns willkommen.

Aber wir erwarten, dass sie sich an unsere Hausordnung halten.“ Darunter verstehe er auch „das Verbot des Schlachtens in der Wohnung, die Jagd nach Singvögeln und die Mülltrennung.“ Kaddors Fazit: „Gemäß dieser Aussage sollen die zivilisierten Deutschen unzivilisierten Einwanderern beibringen, wie man sich verhält.“

Christentum

Die Einheit des Christentums werde immer dann beschworen, wenn es gegen den Islam geht, sagt Lamya Kaddor: „Nicht in der Abgrenzung liegt die Stärke einer Religion, sondern im Wissen darüber.

Das Christentum wird immer eine besonders wichtige Basis unserer Gesellschaft sein.“ Gerade diese Aussage hat ihr von traditionellen Islamverbänden auch Kritik eingebracht. Denn sie vertritt einen liberalen Islam. Dafür hat sie im letzten Jahr den Integrationspreis ihrer Heimatstadt Duisburg bekommen.

Heimat

Die Maxime „Deutsch ist der, der deutsche Eltern hat, ist durch die Realität längst überholt.“ Die von den Populisten propagierte „Reinheit einer Volksgruppe ist Volksbetrug, ein gefährliches Gedankenspiel, das uns zurück in die Nazi-Zeit führt.“

Heimat lasse sich nicht an Nationalitäten koppeln: „Meine Heimat ist, wo ich mich geborgen fühle.“ Als größte Konstante bezeichnet Lamya Kaddor unser Grundgesetz: „Menschen, die zu uns kommen, haben sich daran zu halten.“ Ebenso an die deutsche Sprache, die deutsche Geschichte, gemeinsame Feste. Die Christen sollten stolz sein: „Sie haben der Welt Weihnachten geschenkt.“

Realität

Doch ihre Realität sieht anders aus. Lamya Kaddor: „Auch ich werde als Ausländerin angesehen, bin fremd. Ich erwarte von der Mehrheit die Bringschuld, mich als gleichwertig zu behandeln.“

Gerade für diesen Satz hat sie eine Hetzkampagne erlebt und Morddrohungen erhalten, sodass sie sich auch mit Rücksicht auf ihre Familie – sie ist mit einem Deutschen verheiratet und hat zwei Kinder – bis zum Sommer 2017 vom Schuldienst beurlauben ließ. Doch eins wird Lamya Kaddor nie: Schweigen, wenn sie Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Unrecht sieht.

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