Siegen. . Kleinen und mittleren Unternehmen soll das Kompetenzzentrum „Arbeiten im Mittelstand 4.0“ ab Sommer bei der Umsetzung digitaler Prozesse helfen.
- Kleine und mittlere Unternehmen finden Unterstützung auf dem Weg zur Digitalisierung
- Zentrum ist bei der Uni Siegen angesiedelt – mit diversen Partnern
- Augenmerk liegt wesentlich auf Einbindung der Arbeitnehmer
Angesiedelt ist es bei der Universität Siegen, die mit mehreren Partnern den Antrag für die Einrichtung stellte. Bei einem Pressegespräch mit NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin in den Räumen der Industrie- und Handelskammer (IHK) Siegen ging es gestern um Konzept und Ziele.
Wofür genau steht „4.0“?
Allgemein gesprochen: für Digitalisierung. Das allerdings ist ein so weites Feld, dass sich daraus für den Einzelfall oft nicht unmittelbar Schlüsse ziehen lassen. „Auch ich habe nicht die eine Definition für ,Industrie 4.0’, die in einem Satz alles abdeckt“, räumt Minister Duin ein. Klar sei aber, „es wird massive Auswirkungen auf unseren bombenstarken Mittelstand haben. Also muss die Politik die Transformation begleiten.“ Dabei seien nicht nur die Unternehmen mitzunehmen, „sondern auch die Beschäftigen, die Fragen haben: Wie verändert sich mein Arbeitsplatz? Wie muss Weiterbildung aussehen?“
Warum engagiert sich die Uni Siegen im Kompetenzzentrum?
„Viele Mittelständler haben keine interne IT-Kompetenz“, sagt Prof. Volker Wulf, Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik und Neue Medien und seitens der Uni verantwortlich. Im Gegensatz beispielsweise zu Großkonzernen verfügen kleinere und mittlere Unternehmen in der Regel nicht über Forschungs- und Entwicklungsabteilungen, die technische Innovationen im eigenen Haus implementieren können. Die Uni allerdings habe in Beobachtung und Entwicklung digitaler Prozesse einen Schwerpunkt, so Wulf, und sehe in der Unterstützung der regionalen Wirtschaft „eine Aufgabe und eine Verantwortung“.
Wie ausgeprägt ist der Praxisbezug?
Praxisorientierung ist der zentrale Punkt des Konzepts. Das Kompetenzzentrum wird mit zwölf Umsetzungsprojekten starten, an denen 35 Unternehmen beteiligt sind, erläutert Dr. Thomas Ludwig, Projektkoordinator und Bereichsleiter Cyber-Physische Systeme am Institut der Wirtschaftsinformatik an der Uni Siegen. Weitere Projekte sollen später hinzukommen. „Wir wollen gemeinsam mit den Unternehmen Digitalisierung zur Anwendung bringen.“ Dafür soll auch ein Netzwerk entstehen, in dem Firmen voneinander lernen können. Auch ein Youtube-Channel ist angedacht. Jedes Unternehmen ist anders – Theoriemodelle lassen sich nicht einfach auf jeden Einzelfall übertragen. Das macht die Sache anspruchsvoller, aber nicht weniger aussichtsreich, wie Garrelt Duin betont: „Es gibt nicht das eine Rezept, es gibt nur individuelle Lösungen. Wir dürfen niemandem das Gefühl geben, er könne in den Digitalisierungszug nicht mehr zusteigen, auch wenn er längst in Bewegung ist.“
Vernichtet Digitalisierung Arbeitsplätze?
Im Idealfall nicht. Das Kompetenzzentrum ist seiner Zielsetzung nach ausdrücklich darauf ausgerichtet, digitale Prozesse im Einklang mit den – gerade bei Mittelständlern aufgrund ihrer Erfahrung überaus wichtigen – Arbeitnehmern zu etablieren. Es gehe um „Assistenzsysteme, nicht um Vollautomatisierung“, betont Thomas Ludwig. Wichtig, sagt der SPD-Bundestagabgeordnete Willi Brase, der sich für das Siegener Kompetenzzentrum eingesetzt hat, sei „die Bereitschaft der Menschen, sich auf Neues einzulassen – ohne die Angst zu haben, dass Digitalisierung die Arbeitsplätze wegspült.“
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Partner der Uni Siegen im Kompetenzzentrum sind unter anderem die Fachhochschule Südwestfalen und die Ruhr-Universität Bochum.
Es wird das zweite Mittelstand-4.0-Kompetenzzentrum in Nordrhein-Westfalen. Das erste hat seinen Sitz in Dortmund.
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