Hilchenbach. . Streitthema Abwasser: Wie lange braucht Schnee, um Wasser zu werden? Stadt fordert erneut fehlerfreie Ermittlungsmethode für Schmutzwassermenge.
- Für Abwasser, das aus der Kläranlage in den Bach fließt, zahlt Hilchenbach eine Abwasserabgabe
- Stadt hat erneut einen Abgabenbescheid bekommen, auf der Grundlage einer nichtigen Vorschrift
- Für drei Millionen Kubikmeter Schmutzwasser soll die Stadt zahlen
Für das — gereinigte — Abwasser, das aus der Kläranlage in den Bach fließt, zahlt Hilchenbach eine Abwasserabgabe an das Land. Ihre Höhe ergibt sich aus der „Jahresschmutzwassermenge“. Aber wie misst man die? Jedenfalls nicht, indem man den Zulauf ins Klärwerk kontrolliert, wo sich Ab- und Regenwasser längst vermischt haben. Seit 2002 streiten sich die Stadt Hilchenbach und die Bezirksregierung darüber. 2015 kassierte das Oberverwaltungsgericht (OVG) die gesamte Verwaltungsvorschrift. Und jetzt geht alles wieder von vorne los. Fast.
Worum geht es eigentlich?
Um „Trockenwettertage“. Tage, an denen es nicht regnet, und an denen somit garantiert nur Schmutzwasser ins Klärwerk gelangt, das für die Abgabe relevant ist (und „Fremdwasser“, weil Grundwasser in undichte Kanäle eindringt). Nicht angerechnet werden Regentage und jeweils ein „Nachlauftag“. Zu wenig, hat die Stadt erfolgreich argumentiert und auf die Schneeschmelze verwiesen. „Schneefälle und eine sich hieraus für mehrere Tage bildende Schneedecke sind in Nordrhein-Westfalen aller Erfahrung nach und allgemeinkundig keine vereinzelten Ereignisse“, hatte das Gericht erkannt. Wenn der Schnee schmilzt, ist der Nachkauftag längst vorbei – der verflüssigte Schneemann wird zum Schmutzwasser umdefiniert.
Was ist aktuell passiert?
Die Stadt hat wieder einen Abgabenbescheid bekommen, auf der Grundlage der nichtigen Vorschrift. Wofür Werner Otto, Betriebsleiter der Stadtwerke, sogar Verständnis hat: Eine neue Verwaltungsvorschrift gibt es nicht, und Ende 2016 drohte der Anspruch des Landes für 2014 zu verjähren. Der OVG-Senat hatte das Land im Juni 2015 wissen lassen, dass es nicht Aufgabe des Gerichts sei, „eine fehlerfreie Ermittlungsmethode für die Jahresschmutzwassermenge zu bestimmen“. Anderen ist das offenbar auch nicht gelungen. Jetzt hat der Hilchenbacher Hauptausschuss beschlossen, erneut gegen das Land zu klagen. „Wir sind gut aufgestellt“, sagt Werner Otto. Das Verwaltungsgericht muss sich an die OVG-Entscheidung halten. Für drei Millionen Kubikmeter Schmutzwasser soll die Stadt zahlen. „Weder wir noch die Gegenseite kennen die tatsächliche Menge.“
Was bedeutet das für die Bürger?
Als die Stadt ihren Prozess gewonnen hatte, konnten die Stadtwerke die für den negativen Fall gebildete Rückstellung (100 000 Euro pro Jahr) auflösen. In der Folge wurde zum 1. Januar 2016 die Abwassergebühr um 14 Cent auf 2,25 Euro je Kubikmeter gesenkt. Beantragt hat die Stadt nun, ihre Zahlung auszusetzen. Otto: „Wir wollen dem Land keinen zinslosen Kredit gewähren.“ Über den Ausgang der Auseinandersetzung will der Betriebsleiter nicht spekulieren. Auch nicht über die Frage, was denn passiert, wenn das Land den Prozess verliert und sein Anspruch komplett verjährt. Theoretisch könnte für die Hilchenbacher dann nämlich eine weitere Gebührensenkung dabei herauskommen.
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