Siegen. . Insolvenzverfahren aufgehoben. Neue Strukturen sollen Klarheit schaffen. Verein startet mit zwei neuen Projekten ins neue Jahr.

  • Verein „Die Brücke Siegen“ ist nach fast drei Jahren erfolgreich aus Insolvenzverfahren heraus
  • Team unter Leiterin Silke Menn-Quastumfasst sechs Festangestellte bei 5,45 Stellen
  • Neu: „Training zur Vermeidung häuslicher Gewalt“ und psychosoziale Begleitung von Verbrechensopfern

Der Verein „Die Brücke Siegen“ ist nach fast drei Jahren erfolgreich aus dem Insolvenzverfahren heraus. Mit veränderten betriebswirtschaftlichen Strukturen und verkleinertem Team wird die Arbeit weiterlaufen, wie der Vorstand am Mittwoch darlegte. Ins neue Jahr startet der Verein, der vor allem in der Jugendgerichtshilfe und im Täter-Opfer-Ausgleich tätig ist, sogar mit zwei neuen Projekten.

Die Krise

Ende des Jahres 2013 wurden massive finanzielle Schwierigkeiten des überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanzierten Vereins publik, der sich kurz zuvor von seinem damaligen – inzwischen verstorbenen – Geschäftsführer via Aufhebungsvertrag getrennt hat. Über die genauen Gründe gab es damals unterschiedliche Versionen. Fest steht jedenfalls, wie Horst Löwenberg, seit Mitte 2014 Mitglied des komplett neuen Vorstands, sagt: „Die Ausgaben waren höher als die Einnahmen, der Überziehungskredit war ausgereizt.“ Die Gehälter der Mitarbeiter lagen über den tariflich üblichen Beträgen. Gegen den ehemaligen Geschäftsführer ging bei der Staatsanwaltschaft Siegen eine anonyme Anzeige ein.

Wie es zu den finanziellen Verwerfungen kommen konnte sei im Rückblick zwar schwierig zu verstehen, wie Löwenberg sagt; „von vorne betrachtet“ lasse sich aber eine Entwicklung nachvollziehen, auch wenn er damit nichts schönreden wolle. Der damalige Vorstand, dem diverse Juristen angehörten, habe dem langjährigen Geschäftsführer offenbar schlicht vertraut – habe dann aber, als ihm die Probleme bekannt wurden, mit der Trennung „schnell und adäquat reagiert“. Löwenberg: „Ein Vorstand ist gut beraten, wenn er über die Finanzen Bescheid weiß.“ Damals forderten die mit der Brücke zusammenarbeitenden Jugendämter nach eingehender Prüfung für die zurückliegenden acht Jahre 160 000 Euro zu viel gezahlter Mittel zurück.

Das Insolvenzverfahren

Als neue Geschäftsführerin übernahm Silke Menn-Quast aus dem Team Anfang 2014 die Leitung der Brücke. Die Sozialpädagogin musste nach eigenem Bekunden sehr viel über Betriebswirtschaft lernen – „dafür haben wir jetzt ganz klare betriebswirtschaftliche Strukturen“. Zuvor habe es daran bei der Brücke gemangelt, „aber jetzt habe ich den Überblick.“ Die dreijährige Insolvenzphase sei natürlich für alle eine große Belastung gewesen, „wir wussten ja nie, ob es klappt“. Insgesamt seien aber alle bereit gewesen, an einer Lösung mitzuwirken – was auch einen Verzicht auf Einkommen bedeutete, um die vormals übertariflich hoch angesetzten Personalausgaben zu senken.

Von ehemals neun Festangestellten bei insgesamt 7,3 Stellen sind jetzt noch sechs bei 5,45 Stellen übrig. Die reinen Verwaltungskräfte wurden nach Vorschlag des Insolvenzverwalters entlassen. Da arbeitsgerichtliche Auseinandersetzungen folgten, zogen sich die Abläufe hin. Löwenberg: „Wenn man durch Instanzen geht, dauert das eben lange.“ Die sozialpädagogischen Kräfte, die die Leistungen der Brücke unmittelbar erbringen, blieben alle im Team, müssen nun aber auch Verwaltungsaufgaben übernehmen.

Die Zukunft

Der Vertrauensverlust, den die Krise und ihre Hintergründe verursacht hätten, ließ sich laut Löwenberg durch „vertrauensbildende Maßnahmen“ im intensiven Austausch mit den Partnern bei Jugendämtern und Justiz wieder ausgleichen. Die Arbeit der Brücke habe schließlich immer ein gutes Renommee gehabt, die Mitarbeiterinnen hätten an der Schieflage keine Schuld getragen. „Ich glaube, dass wir unseren sehr guten Ruf wiedererlangt haben, das höre ich zumindest immer wieder“, sagt Menn-Quast. „Wir haben aber auch ein richtig gutes Team mit vielen Zusatzqualifikationen.“ Das Image ist für den Verein überlebenswichtig, denn in einigen Aufgabenbereichen muss die Brücke Eigenanteile beisteuern – und diese 40 000 bis 50 000 Euro jährlich kommen über Bußgelder und Spenden herein.

Zwei neue Angebote hat die Brücke für 2017 ins Programm genommen: Ein „Training zur Vermeidung häuslicher Gewalt“ und die „Psychosoziale Prozessbegleitung“ von Verbrechensopfern.

>>>>Info: Hilfestellung in schweren Lebenssituationen

  • Die Hauptfelder der Brücke sind Jugendhilfe im Strafverfahren (etwa 50 Prozent der Gesamtarbeit der Festangestellten), Täter-Opfer-Ausgleich (etwa 20%) und Vermittlung von Langzeitarbeitslosen in Arbeitsgelegenheiten (etwa 25%). Außerdem gibt es ein kriminalpädagogisches Schülerprojekt.Die Lokalredaktion Siegen ist auch auf Facebook.