Kaan-Marienborn. . Albrecht Thomas hat mit dem Kunstverein Siegen die Szene geprägt. Jetzt feiert der Vorsitzende seinen 80. Geburtstag.
Wenn sein Vater zu Hause Landschaftsbilder malte, schaute der kleine Albrecht Thomas oft zu. „Es war wie Zauberei, wenn da etwas entstand“, erinnert er sich. Sein Vater sei sehr begabt gewesen, doch nach Krieg und Gefangenschaft habe er keine künstlerische Karriere einschlagen können, sondern als Malermeister mit eigenem Geschäft für die Familie gesorgt. Für Albrecht Thomas aber blieb die Kunst ein großes Thema. Am 18. Januar 2017 feiert der Vorsitzende des Siegener Kunstvereins, eine echte Größe der regionalen Szene, seinen 80. Geburtstag.
„Ich fühle mich nicht wie 80. Auch nicht wie 70. Es ist ganz seltsam mit dem Gefühl.“
Albrecht Thomas sitzt in seinem Wohnzimmer auf einem weißen Sessel. Sein Gefühl passt zu seiner Wirkung – Männer Jahrgang 1937 stellt man sich gemeinhin anders vor, irgendwie halt älter. Er hat viel gemacht bisher: Ausbildung bei der Sparkasse Siegen, Abitur an der Abendschule, Lehramtsstudium. Er war Lehrer an der Häuslingschule, dann an der Albertus-Magnus-Schule, dort zuletzt 17 Jahre Schulleiter; außerdem fast 40 Jahre lang Fachleiter in der Lehrerausbildung, Prüfer, dann Vorsitzender des Prüfungskomitees. Und parallel dazu nicht nur Kunsterzieher für Schüler und Studenten, sondern gewissermaßen für die gesamte Gesellschaft.
„Wir haben einen Schwerpunkt gehabt, und der hieß Vermittlung. Wir wollten Verständnis für zeitgenössische Kunst wecken, Brücken von den Werken zu den Menschen bauen.“
Beim Kunstverein Siegen gehört Thomas zu den Gründungsmitgliedern. Über seine Tätigkeit als Fachleiter für Kunstpädagogik habe er engen Kontakt zur Universität Siegen und zu Referendaren gehabt, immer wieder seien er und sein Umfeld (siehe Infobox) angesprochen worden, „dass hier in Siegen mehr gemacht werden müsste“. Nach einem Jahr Vorbereitung gründete sich am 18. September 1980 der Kunstverein. „Wir brauchten ein Ausstellungshaus“, sagt Thomas. Angeregt vom Künstler Uwe Pieper seien sie auf die Villa Waldrich gestoßen und mit ihrem Anliegen an die Stadt herangetreten. Die mietete das Gebäude gemeinsam mit der Uni. Es entstand das „Zentrum für Kultur und Wissenschaft“ einschließlich zweier Zimmer für Gastprofessoren. Die erste Ausstellung präsentierte der Verein 1981 mit Arbeiten von Bernd und Hilla Becher. 1995 zog der Verein aus der Villa wieder aus, bespielte verschiedene Räumlichkeiten und ist inzwischen fest im Haus Seel.
„Natürlich haben wir Prügel bezogen. Und wie!“
Mit moderner Kunst konnten Teile des Siegener Publikums damals nicht viel anfangen. Um die Bedienung eines klassisch geprägten und an gefälliger Optik ausgerichteten Kunstverständnisses ging es dem Verein aber nicht. „Wir waren auch so Typen, die auf Konfrontation aus waren“, sagt Thomas. „Das zeigt doch, dass man etwas erreicht, etwas in den Leuten bewegt hat.“ Bilder von Denis Stuart Rose, Objekte von Günter Weseler – „wir hatten vieles, das aufgeregt hat“. Es gab Austritte aus dem Verein, Beschimpfungen, manche Betrachter empfanden Werke, die außerhalb ihrer Wohlfühlzone lagen, als Zumutung. Selbst Stadtverordnete seien in manche Ausstellung gekommen mit der Frage „Das soll Kunst sein?“ Andere, so Thomas, „haben sich nicht mal die Mühe einer Frage gemacht“.
„Wir wollen Spiegel sein für das , was in der Gegenwartskunst passiert, um zu zeigen: Kunst ist nicht mehr das, was sie mal war. Sie ist viel mehr.“ Bei 255 Ausstellungen hat Albrecht Thomas bisher mitgearbeitet. „Wir haben immer alles selbst gemacht, Konzept, Werke abholen, Durchführung, richtig Maloche“, erzählt er. Als er 1990 als 1. Vorsitzender auf Wolfgang Suttner, der die Stelle als Kreiskulturreferent antrat, folgte, „hatte ich gehofft, dass ich nach ein paar Jahren abgelöst werde“, sagt er scherzhaft. Dass daraus nichts wurde, ist für die Siegener Kunstlandschaft – ganz im Ernst – eine gute Fügung.
>>>>Info: Sieben in einem Boot
- Gründungsmitglieder des Kunstvereins waren außer Thomas Albrecht noch Wolfgang Suttner, Günther Hachenberg, Magdalena Kaiser, Uwe Pieper, Margarete Suttner und Walter Wißfeld.
- Thomas Albrecht ist selbst künstlerisch aktiv. Obwohl seine Werke sehr beachtenswert sind, bleibt er bescheiden: „Ich mache immer was. Aber ich bezeichne mich nicht als Künstler.“Die Lokalredaktion Siegen ist auch auf Facebook.