Kreuztal. Weihnachtswichtel Anna Katharina Wrobel unterstützt die Helfer des Mittagstischs dabei, Essen für Bedürftige aus Kreuztal zusammen zu packen.

Mist! Gerhard Hentschel hatte mich noch daran erinnert, als er mir den leeren Jutebeutel in die Hand drückte: „Vergiss nicht, eine der selbstgenähten bunten Taschen oben drauf zu packen – so als kleine Aufmerksamkeit. Weil doch Weihnachten ist.“ Das ist keine zwei Minuten her. Ich habe es vergessen.

Also muss ich die Tasche, die ich unter anderem mit Kaffee, Gewürzgurken, Nudeln und Zahnpasta gefüllt habe, wieder aufknoten – anschließend packe ich einen besonders schönen Beutel hinein. Gerhard Hentschel ist mir nicht böse. Er lacht, als ich ihm den ersten Beutel entgegen strecke.

8.30 Uhr. Der große Saal der Ev. Kirchengemeinde füllt sich: Immer mehr Ehrenamtler kommen herein. Sonst versorgen sie bedürftige Menschen in Kreuztal zwei Mal in der Woche mit einer frisch zubereiteten Mittagsmahlzeit – heute aber essen sie selbst; gemeinsam wird gefrühstückt. „Wir müssen doch Kräfte sammeln“, sagt Christine Benfer und lacht. Sie ist der Kopf des Mittagstisches und koordiniert die Ehrenamtlichen. Größtenteils sind das Senioren; zwischen 50 und 80; vor allem Frauen. Ein paar Schlucke Kaffee und ein paar Bisse ins Brötchen – es kann los gehen.

Den Mittagstisch gibt es seit April 2008

Der Kreuztaler Mittagstisch versorgt seit seit April 2008 bedürftigen Menschen mit einer frisch zubereiteten Mittagsmahlzeit. Wer die Ehrenamtler unterstützen möchte: 02732/1026.


9.30 Uhr. Während einige noch die Reste des Frühstücks aufräumen, packen andere schon aus: 105 Kisten voller Lebensmittel sind zusammengekommen; Kreuztaler Bürger haben sie gespendet. Erst muss das Essen sortiert werden. Auf einem Tisch landet der Kaffee, daneben stapeln wir Konservendosen und Gläser mit Gewürzgurken, Oliven oder Peperoni. Weiter hinten landen Süßigkeiten, Hygieneartikel, Reis, Nudeln. „Da lohnt sich doch der Einsatz“, sagt Christine Benfer stolz und lächelt mir zu.

9.43 Uhr. „Wo bleiben die Taschen?“ Susanne Preis wird ungeduldig. Sie will loslegen, ich auch. Gerhard Hentschel gibt den Startschuss, wir greifen jede einen Beutel. Die erste Runde drehen wir gemeinsam, unser Tüteninhalt unterscheidet sich dennoch gewaltig: Champignons mag ich nicht, die werde ich also nicht einpacken. Lieber eine Packung Dominosteine – ist schließlich Weihnachten.

10.10 Uhr. Ich weiß nicht mehr, die wievielte Runde ich gerade laufe. So langsam gehen mir auch die Ideen für gute Lebensmittelkombinationen aus: Ob die Mittagstisch-Kunden wohl besser wissen, was sie aus Dosen-Aprikosen, Reis und der Quitten-Marmelade zaubern können?! „Klar“, sagt eine der Helferinnen, die mit mir am Tisch steht. Sie seien hier alle erfinderisch. Ich packe noch ein paar Lebensmittel hinzu. Muss ja auch nicht alles zusammen passen.

10.53 Uhr. So langsam werden meine Arme schwerer. Auch die anderen Weihnachtswichtel werden müder. „Bald geschafft“, muntern wir uns gegenseitig auf. „Zumindest für heute“, sagt Christine Benfer. Ein langer Tag stehe ja noch bevor; am Dienstag, wenn für alle gekocht wird.

11.04 Uhr. Ich packe das letzte Paket Kaffee in einen Beutel. Dazu gesellen sich Zahnpasta, Nudeln, Tee – davon ist noch einiges da. Ein letzter Knoten, wir sind fertig! Durchschnaufen, etwas trinken, an die mittlerweile leeren Tische anlehnen. Knapp 200 Tüten mit Lebensmitteln haben wir gepackt – nach dem Weihnachtsessen am Dienstag werden sie dann verteilt.

Geschafft! Helfer wie Gerhard Hentschel haben knapp 200 Tüten mit Lebensmittel gepackt.
Geschafft! Helfer wie Gerhard Hentschel haben knapp 200 Tüten mit Lebensmittel gepackt. © Anna Katharina Wrobel


11.11 Uhr. Ich habe mich verabschiedet, streife meine Jacke über, will gerade gehen. „Wir haben eine Strichliste geführt. Sie dürfen nächstes Jahr wiederkommen“, ruft mir eine Helferin zu. Ich lache. Diese Herzlichkeit! Dann fällt die Tür hinter mir ins Schloss.

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