Kreuztal. .
„Das Leben ist kein Boni-Hof“, aber Lachen gesund, das ist die Quintessenz des gemeinsamen Programms, mit dem der Kölner Wirtschafts-Kabarettist Robert Griess und der Berliner Finanz-Kabarettist Chin Meyer aktuell auf Tour sind. „Eigentlich sind wir ja Klassenfeinde“, sagt Griess, aber ab und an müsse auch zusammengearbeitet werden. Und dann stimmen sie frei nach John Lennon „Give Greece A Chance“ an. Weil doch niemand wirklich auf den Urlaub im Süden verzichten wolle. Das findet das Publikum in Kreuztal auch und singt den Refrain laut mit.
Allerdings sind es lange nicht so viele in der Stadthalle, wie es die Veranstalter von anderen „Kabarettnamen“ gewohnt sind, wie Hagen Rether oder Volker Pispers. Aber Holger Glasmachers und sein Team sind bekannt dafür, auch einmal zu experimentieren, nicht immer nur die absoluten „Sicherheitsacts“ zu besetzen, und zumindest jene, die diesmal den Weg ins Schulzentrum gefunden haben, dürften dankbar gewesen sein. Die – übrigens letztlich auch gar nicht so unbekannten – beiden Herren nehmen die Themen Wirtschaft, Finanzen und auch Politik, drehen sie kräftig durch den kabarettistischen Wolf und lassen dabei manchen Gedanken für das weitere Nachdenken in der Atmosphäre hängen.
Dabei gehen sie schon vorher davon aus, dass nicht allzu viele BWL-er im Saal sein dürften. Denn solche Leute und Kabarett, sprich denken, das sei doch wohl etwas viel verlangt. Andererseits, sollten doch ein paar da sein, spreche das ja nur positiv dafür, „dass die Evolution noch nicht völlig am Ende ist“, findet der Kölner Robert Griess.
Altmaier als Doppelgänger
So überheblich, alle Politiker zu beschimpfen und in einen Topf zu werfen, wollen die beiden nicht sein. „Ich beschränke mich auf das Kabinett“, zwinkert Griess ins Publikum und beschreibt Sigmar Gabriel als „lebende Hüpfburg“, der ansonsten mit Kanzleramtsminister Peter Altmeyer auch als Doppelgänger der Wildecker Herzbuben auftreten könne. Andrea Nahles wiederum ist für ihn die „zarte sozialdemokratische Seele im Körper einer russischen Kugelstoßerin“, was bei den Kreuztalern auf lautes Atmen, aber auch durchaus Zustimmung stößt.
Es geht um die vermeintlichen Gefahren, wie den Terrorismus, vor dem viele Leute Angst hätten, dabei stürben doch viel mehr Menschen in Deutschland im Straßenverkehr. Warum die Leute von Al-Kaida nicht lieber dem ADAC beitreten würden, überlegt Chin Meyer und kommt dann auf die „Bambi-Taliban“, die verrückten Rehe, die Nacht für Nacht die deutschen Straßen überfielen. Da müsse sich doch mancher Selbstmordattentäter nach dem Sinn seines Tuns fragen, wenn er im muslimischen Himmel ankomme und die Rehböcke schon alle mit den Jungfrauen durch seien.
Die beiden sind abgrundtief böse und respektlos. Sie bringen auch ihre beliebten Solo-Charaktere auf die Bühne. Meyer begeistert als Finanzbeamter „Siegmund von Treiber“, während Griess als Kölner Asi „Stapper“ zehn Jahre Hartz IV feiert, „und ich kann mit Fug und Rescht sagen, isch war von Anfang an dabei!“ Dann beschuldigt er das Establishment, das Proletenfernsehen wie bei „RitTeL“ nur deshalb erfunden zu haben, damit sich der Mittelstand über Leute wie ihn mokiere und dabei das eine Prozent an der Spitze vergesse, dass sich dadurch in Ruhe bereichern könne. Und er habe sich tatsächlich überlegt, nach Düsseldorf auszuwandern, als der damalige Kölner OB Schramma nach dem Einsturz der Bibliothek den Sinn von U-Bahnen in Ballungsräumen in Frage gestellt habe.
Meyer warnt die Herren im Saal
Chin Meyer erklärt den Leuten den Unterschied von Lebensversicherungen für Ehepartner. Der Versicherer wette mit dem Mann darauf, dass dieser möglichst lange lebe, während die Gattin das glatte Gegenteil wünsche. „Ich koche ja auch“, habe eine solche letztens in einer anderen Stadt dazu gesagt. „Es kommt eben immer auf die Kontrolle an“, warnt Meyer die anwesenden Herren. Er fordert auch mehr Respekt vor allen, die ihr Geld in den Konsum von Tabak und Alkohol investieren. Statt die Penner unter den Brücken zu verachten, sollte sie jeder als das ansehen, was sie sind, die Stifter neuer Straßen und Schulen. „Wenn Sie solchen Leuten Geld geben, sollten Sie beten und wünschen, dass die sich keine Möhre davon kaufen“, schreibt Chin Meyer dem Publikum hinter die Ohren.