Dahlbruch. . Als „Hexe von Buchenwald“ füllte Ilse Koch die Schlagzeilen. Die Geschichte der Nazi-Täterin zeigte Schauspielerin Gilla Cremer im Busch-Theater.
Als „Hexe von Buchenwald“ füllte die Nazi-Täterin Ilse Koch in der Nachkriegszeit die Schlagzeilen. Für die KZ-Häftlinge war sie eine Sadistin. Sie verprügelte sie und zeigte keinerlei Erbarmen. Für Ilse Koch waren die Häftlinge keine Menschen, sondern Tiere. Die Geschichte dieser Frau zeigte die Schauspielerin Gilla Cremer eindrucksvoll im Gebrüder-Busch-Theater in ihrem selbst geschriebenen Stück „Die Kommandeuse“. Die Zuschauer waren beeindruckt und bedankten sich für „ganz große Kunst“.
Ilse Koch als „Kommandeuse“
„Man muss verstehen, mit seiner Zeit zu gehen“, sagt Ilse Koch, gespielt von Gilla Cremer, und begründet damit ihren Eintritt in die NSDAP. Die spätere „Hexe von Buchenwald“ kommt aus kleinen Verhältnissen, auf sie wirkt die Welt der Nazis faszinierend. Sie wolle raus aus ihrem Leben und sich an etwas binden, „was groß und wesentlich ist“. Sie heiratet den Obersturmbannführer Karl Koch, der später zum Kommandant des KZ Buchenwald wird, sie wird zur „Kommandeuse“ an seiner Seite.
Dort bezieht sie ihr „Traumhaus“ mit sechs Zimmern und einem Balkon, von dem sie den Sonnenuntergang aus sehen kann. Fast paradiesisch wirkt ihr Leben in der wahr gewordenen Hölle vieler Häftlinge. „Es ist angemessen dem Werk, das wir hier in Buchenwald vollbringen“, sagt Ilse Koch. Das einzige, das sie stört, ist „der Wind in Buchenwald“ – der Leichenduft aus dem Krematorium, der „durch die Ritzen“ in ihr Haus dringt. Auch ihr Umgang mit den Häftlingen bleibt kaltblütig: „Entweder diese Hunde haben überhaupt nicht gegrüßt und sind ohne jeden Respekt an mir vorbeigegangen, oder sie haben mit gierigen Augen auf meinen Arsch geglotzt. Ein zweites Mal hat mich keiner angeschaut“, sagt sie.
Verstörend und schockierend ist das, was Gilla Cremer hier überzeugend ganz allein auf die Bühne bringt. Sie verkörpert die „Hexe von Buchenwald“ glaubhaft, fixiert die Zuschauer mit ihren Blicken, sodass sie sich der Geschichte nicht entziehen können. Auch das wenige Licht auf der Bühne macht deutlich, in welche menschlichen Abgründe die Zuschauer gerade schauen. Ilse Koch ist sich dennoch keiner Schuld bewusst: „Ich habe ein reines Gewissen“, erklärt sie. Für sie bleibt bis zum Schluss unverständlich, dass sie für ihre Taten insgesamt 22 Jahre Haft verbüßt, bevor sie sich in ihrer Zelle erhängt.
Gespräch mit Publikum
Kein Mann wäre im Vergleich zu Ilse Koch so dämonisiert worden, erklärte Gilla Cremer nach der Aufführung im Gespräch mit Hartmut Kriems und dem Publikum, weil man glaubte, „dass irgendwas Gutes in jeder Frau steckt“.
Auch nach zwanzig Jahren – das Stück wurde im Jahr 1995 in Hamburg uraufgeführt, – fühle sich die Aufführung „nicht viel anders an als früher“. Sie wolle mit diesem Stück vor allem eine „Plattform anbieten, von der man ausgeht und sich selbst verortet“.