Siegen. . Das Kulturhaus Lyz wird 20 Jahre alt. Grund zum Feiern – und für die Frage nach dem sandigsten Moment seiner Geschichte.
Mit dem Skandal hat es in 20 Jahren Lyz nicht geklappt. Dabei hätte sich Kreis-Kulturreferent Wolfgang Suttner einen Skandal gewünscht, wie er bei der Vorstellung des Geburtstagsprogramms bekennt. Und Versuche gab es: Bernd Michael Genähr vom Duo Weigand und Genähr lief sogar einmal nackt über die Bühne, „aber“, sagt Suttner, „es hat niemanden interessiert“.
Es mag daran liegen, dass ein gewisser Mut zur Schrägheit seit jeher ein wesentliches Element der Marke „Lyz“ ist. Das Kulturhaus genieße eine Art „Narrenfreiheit“, lobt Landrat Andreas Müller. Dabei hat das Gebäude einen bierernsten Hintergrund: 1886 wurde es als Schule für höhere Töchter, also als Lyzeum gebaut. Der Kreis übernahm das Haus 1976, dass Kulturbüro zog 1990 ein. Zu dieser Zeit, erläutert Müller, war es noch „in erster Linie ein Technologiezentrum“, erhielt aber mit dem Umbau 1996 zwei Bühnen und das schmucke Glasfoyer. Seitdem hat es sich als Ort für Kleinkunst, politisches Kabarett, Comedy, Musik und Literatur profiliert und war der Zeit oft voraus: Etwa als es einen damals unbekannten jungen Mann mit dem Namen Dieter Nuhr präsentierte.
Suttner greift nach der alphabetisch geordneten Liste der bisher aufgetretenen Künstler, greift „einfach mal das R raus“, und liest vor: Fritz Rau, Achim Reichel, Hagen Rether, Charlotte Roche, Richard Rogler, Harry Rowohlt....“ Doch es gehe nicht nur um große Namen. „Alles, was Rang und Namen im Kabarett hat, ist hier gewesen. Aber wir versuchen natürlich immer, Neues zu finden.“ Gerade im Moment sei, was die Entstehung immer neuer Formate angeht, Einiges im Umbruch.“
Besondere Lyz-Momente
Besonders nass: „Wir waren mal überschwemmt“, sagt Suttner. Als er Anfang der 2000er Jahre einmal nach andauerndem Regen aus dem Büro ins Foyer runterging, „stand das Wasser bis zum Türgriff“. Mitarbeiter schaufelten das Wasser mit Schneeschippen nach draußen, doch der Schaden war natürlich immens.
Besonders prominent: Paul McCartney stellte 1999 Gemälde im Lyz aus. „Das war schon besonders“, erinnert sich Suttner. Der Ex-Beatle hätte die „McCartney paintings“ so ziemlich überall auf der Welt zeigen können, entschied sich aber für Siegen. Extra dafür würden sogar Umbauten vorgenommen, erzählt der Kulturreferent – die dann allerdings McCartneys Geschmack nicht trafen und deshalb kurzfristig wieder verändert werden mussten.
Besonders sandig: Für die Beachparty zum NRW-Tag 2010 mussten irgendwie große Mengen Sand auf dem Außengelände verteilt werden, erinnert sich Kulturbüro-Leiter Jens von Heyden. Das sei kein Problem, hätten die zuständigen Mitarbeiter damals versichert – das ließe sich mit einem Rechen machen. Dem sei auch tatsächlich so gewesen: Es habe nur elend lange gedauert.
Besonders misslungen: Einer der ersten Lyz-Termine im November 1996 ist Wolfgang Suttner in besonderer Erinnerung geblieben. „Darf’s ein Bitcom mehr sein?“, sollte eine Verbindung zwischen Technologie und Kabarett schaffen. In der Theorie passte das prima zum Lyz, damals noch ein „Medien- und Kulturhaus“ mit einem Technologiezentrums-Hintergrund. Aber: „Das war der größte Scheiß, den wir je veranstaltet haben“, räumt Suttner ein. „Da haben wir uns echt geschämt.“
Besonders irritierend: Nach einem Auftritt des Comedy-Duos Mundstuhl landete „ein Brief besorgter Eltern“ auf seinem Schreibtisch, erzählt Programmkoordinator Andreas Schmidt. Die Mutter habe geschrieben, ihr 16-jähriger Sohn sei nach dem Besuch der Veranstaltung „in seiner Entwicklung gestört“. Zweifellos seien Mundstuhl mitunter „furchtbar derbe und sehr vulgär“, sagt Schmidt. Allein: Genau dafür sind die beiden bekannt, und darauf deutet schon der Name hin – denn „Mundstuhl“ hat wirklich nichts mit Möbeln zu tun.
--------------------------------------
Das Programm:
Elf Tage lang feiert das Lyz Geburtstag. Los geht es mit „Lyz Elements – Die Gala“ am Mittwoch, 9. November. Wolfgang Suttner führt durch den Abend voller Comedy, Musik, Akrobatik.
Feiert mit: Kabarettist Jochen Malmsheimer Foto: Sebastian Konopka Jochen Malmsheimer kommt am Donnerstag, 10. November, 20 Uhr mit „Dogensuppe Herzogin – ein Austopf mit Einlage“. Das Gastspiel ist ausverkauft.
Musikerin Ulla Meinecke kommt am 11. November, 20 Uhr.
Filme gibt es am 12. November: Das Kreisarchiv zeigt ab 15 Uhr „Schneewittchen und die 7 Zwerge“ aus der Sammlung von Herbert Apel. Ab 20 Uhr läuft Friedrich Murnaus „Herr Tartüff“, präsentiert von Markus Schimpp.
Drama statt Siegen führt am 13. November „Die Schneekönigin“ auf. Darauf folgt ab 17 Uhr der 47. Siegener Poetry-Slam.
Eine aufwendige Produktion ist die multimediale Jubiläums-Show von Thriller-Autor Sebastian Fitzek – mit Liveband zu Gast am 15. November.
Ingmar Stadelmann bietet am 16. November ab 20 Uhr Stand-up-Comedy.
Live-Act Kid Simius tritt am 16. November bei der „Grober-Unfug“-Party ab 22.30 Uhr auf.
Aus „Ganz schön Feist“ wurden „die feisten“: Und die sind am 17. November ab 20 Uhr auf der Bühne.
BAP-Gitarrist Klaus „Major“ Heuser“ hat mit eigener Band für den 18. November, 20 Uhr, zugesagt.
Den Abschluss der Feiertage gestalten zwei Lyz-Urgesteine: „Weigand & Genähr &Friends“ am 19. November ab 20 Uhr.
Karten gibt es beim Kulturbüro unter 0271/333-2448 oder auf www.lyz.de