Siegen. . Seit zwei Jahren schickt der Mann Richterin Susanne Kuschmann obskure Forderungen und seitenlange Briefe – und scheut auch vor Drohungen nicht zurück.

  • Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchter Nötigung
  • Mann mit Entscheidungen zu seinen Ungunsten nicht einverstanden
  • Obskure Drohungen und Forderungen nach „Silberunzen“

Ein mutmaßlicher Reichsbürger fordert 750 Millionen Silberunzen von der Siegener Amtsrichterin Susanne Kuschmann. Der Mann ist mit Entscheidungen der Richterin zu seinen Lasten nicht einverstanden und will sie zur Rücknahme bewegen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchter Nötigung gegen ihn.

Es handele sich „um einen Beteiligten in mehreren Verfahren“, sagt Kuschmann. Er habe sich zwar bisher nicht selbst als „Reichsbürger“ bezeichnet; dass er sich als solchen sieht, sei aber „aufgrund der Art, wie er schreibt“ erkennbar.

Schreiben müssen geprüft werden

Seit etwa zwei Jahren habe die Amtsrichterin mit ihm zu tun: Er schicke Rechnungen und berufe sich dabei auf einen obskuren Bußgeldkatalog, den er mitsende – mit Hinweis, dass eine Nicht-Reaktion als Anerkennen der Forderungen gelte. „Das stimmt allerdings nicht“, betont Kuschmann. Wieviel Euro die geforderten 750 Millionen Silberunzen umgerechnet wären, hat sie nicht herauszufinden versucht. Klar ist nur: Die Summe ist absurd hoch.

Die – ziemlich langen – Schreiben des Mannes „streuen natürlich Sand ins Getriebe“, sagt die Amtsrichterin. Die Ausführungen seien zu lesen und zu prüfen, da theoretisch irgendwo ein relevanter Sachverhalt enthalten sein könnte: „Das ist viel Aufwand.“ Diese Masche wird von so genannten Reichsbürgern deutschlandweit angewandt, um insbesondere Behörden, oft gezielt einzelne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, zu drangsalieren – in der Regel verbunden mit abstrusen und horrend hohen Zahlungsaufforderungen.

Strafanzeige wegen Drohung

Kuschmann bleibt gelassen: „Ich finde das lästig, aber ich nehme es nicht sonderlich ernst.“ Was sie allerdings „etwas mehr stört“: In ihrem privaten Briefkasten habe sie im vergangenen Sommer ebenfalls ein Schreiben des Mannes gehabt, versehen mit einer Drohung. Ihr Name finde sich auf einer „Schuldnerliste“ im Internet, die Inkassounternehmen zum Kauf angeboten werden. Der mutmaßliche Reichsbürger habe gedroht, diese Liste mit persönlichen Informationen und Bildern von Susanne Kuschmann zu ergänzen, falls sie ihre ihn betreffenden Entscheidungen nicht zurücknehme. Erwähnt waren ihr privates Facebook-Profilbild und die Todesanzeige für ihren verstorbenen Mann.

Ob der Briefeschreiber diese Drohung wahrgemacht habe, „das überprüfe ich nicht“, sagt Kuschmann. Seitens der Behörde sei jedenfalls Strafanzeige erstattet worden, die Ermittlungen laufen. Die Amtsrichterin ist durch das Verhalten des Mannes weder verbittert noch eingeschüchtert. „Unsere Freiheit ist ein hohes Gut“, betont sie mit Verweis auf die Möglichkeiten, die der Rechtsstaat Bürgern eröffnet. „Diese Freiheit gilt für alle.“

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Hintergrund: Krudes Gedankengut

So genannte Reichsbürger lehnen den Deutschen Staat und seine Organe ab. Meist wird dies damit begründet, das Deutsche Reich bestehe noch in den Grenzen von 1937.

Oft erkennen sie staatlich legitimierte Regelungen nicht an.

Immer wieder kommt es außerdem zu Fällen, in denen „Reichsbürger“ krude Forderungen an Vetreterinnen und Vertreter von Behörden richten. Aussicht auf Erfolg hat das nicht – es kann aber sehr aufwendig für Betroffene sein, sich dagegen zu wehren.

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