Siegen. . Für das Projekt „Die andere Sicht“ fotografieren Yoshiko Jentczak und Laura Achenbach im Siegerland. Im Interview sprechen sie über den Heimatbegriff.
- Zwei Masterstudentinnen für Heimatprojekt in Siegen
- Interview zum Heimatbegriff und den Plänen im Siegerland
- Bergbau und Menschen einer Stadt sind Thema
- Zwei Masterstudentinnen für Heimatprojekt in Siegen
- Interview zum Heimatbegriff und den Plänen im Siegerland
- Bergbau und Menschen einer Stadt sind Thema
Yoshiko Jentczak und Laura Achenbach waren noch nie in Siegen. Für das Projekt „Die andere Sicht“ im Rahmen der Zukunftswerkstatt „MehralsnurWP“ fotografieren die beiden Masterstudentinnen bei Professor Peter Bialobrzeski an der Hochschule für Künste in Bremen das Siegerland, Land und Leute. Bevor die beiden die Region besser kennenlernen, haben wir sie nach ihrem Begriff von Heimat gefragt – und nach dem ersten Eindruck.
Interessiert Euch Heimat generell?
Yoshiko Jentczak: Heimat ist ein sehr starker Begriff, etwas sehr Deutsches – das Wort gibt es so im Englischen nicht. Ich habe sogar gehört, dass es im englischsprachigen Raum Leute gibt, die das Wort niemals verwenden würden, weil es stark vom Nationalsozialismus geprägt sei. Das war mir neu, weil das Wort sehr häufig vorkommt. Weil ich viel in anderen Städten gelebt habe, habe ich mich gefragt: Was ist eigentlich Heimat für mich, wo bin ich zu Hause, ist zu Hause eigentlich das gleiche wie Heimat?
Was und wo ist Heimat?
Yoshiko Jentczak: Da wo ich herkomme, wo meine Mutter lebt, wo ich aufgewachsen bin, in Berlin. Zu Hause bin ich auch woanders, jetzt gerade in Bremen, da fühle ich mich genauso wohl, habe Freunde. Ich bin dort genauso zu Hause wie in der Heimat, aber Heimat ist für mich immer auch mit Kindheit verbunden. Wenn ich nach Berlin fahre, gibt es dort einen bestimmten Geruch – das ist für mich Heimat.
Laura Achenbach: Ich habe den Eindruck, dass der Begriff und die Auseinandersetzung damit gerade sehr populär sind, das finde ich interessant. Ich sehe mein Projekt gar nicht so sehr als Heimatthema, sondern eher unter einer historischen Perspektive. Ich versuche eine Sicht zu vermitteln, die man so nicht erwartet
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Ist Heimat nicht altbacken, öde, muffig und staubig?
Laura Achenbach: Nein, gar nicht! Es ist ein Gefühl! Ich reflektiere Heimat in Bildern, was ich damit verbinde, meine Erinnerungen. Das war schon immer ein Thema: Meine Mutter ist gebürtige Spanierin, in Argentinien aufgewachsen und dann in Deutschland gelandet. Die Frage, wo sie sich zugehörig fühlt, war immer präsent. Heimat wirklich gefühlt habe ich erst, als ich von zu Hause ausgezogen bin.
Heimat lässt Euch also nicht kalt.
Yoshiko Jentczak: Als ich Anfang 20 war, konnte ich da nichts mit anfangen, ich habe mit Heimat eher etwas Dörfliches verbunden. Vielleicht habe ich deshalb angefangen, mich damit zu beschäftigen, was Heimat für mich bedeutet, weil ich ja nicht aus dem Dorf komme.
Was kann man nur in der Heimat tun?
Laura Achenbach: Ich bewege mich in der Natur. In Norddeutschland gibt es einfach keine Berge, was die behaupten, was Berge sind...
Ist Siegen Provinz?
Yoshiko Jentczak: Provinz nicht, aber schon eher Kleinstadt. In den Stadtbezirken ist es eher dörflich.
Laura Achenbach: Ich finde es vergleichbar mit Marburg. Was mir in der Innenstadt aufgefallen ist: Es waren nicht viele Studenten auf der Straße, die Stimmung war eher trist und dunkel. Die Oberstadt fanden wir echt schnuckelig. Aber auch nicht sehr studentisch...
Erster Eindruck, ehrliche Antwort: Doof oder cool?
Yoshiko Jentczak: Wenn man es sehr negativ ausdrücken wollte: Langweilig vielleicht...
Laura Achenbach: Für mein Projekt bin ich in der Natur unterwegs: Wunderschön! Die Autobahn ist unheimlich laut dort. Eine sehr interessante Mischung und ein Kontrast; man hat eigentlich Naturerlebnisse – und die Präsenz dieser Straße.
Kickoff für WP-Fotoprojekt
Kann die Stadt durch Eure Kunst, durch den Blick von außen, eine eine neue Sicht auf sich gewinnen?
Laura Achenbach: Die Motivation ist auf jeden Fall da! Wenn positive Resonanz kommt: Ziel erreicht. Wenn Bürger sagen ich habe meine Stadt aus einer anderen Perspektive gesehen und die ist nicht so schlecht – dann bin ich glücklich.
Steckbriefe der Fotografinnen
Yoshiko Jentczak: Wechselwirkung Stadt und Mensch
Die Künstlerin
geboren 1989 in Berlin
2009 bis 2014 Bachelorstudium Visuelle Kommunikation, Universität Weimar und Nagoya (Japan)
seit 2015 Masterstudium Integriertes Design, HfK Bremen
gründet „Lucia Verlag“, Fokus auf studentischen Arbeiten. Art Direktorin Gesellschaftsmagazin „Epilog“
Das Projekt
Gewinner und Verlierer des Strukturwandels, wie prägen Menschen den Charakter einer Stadt; wie prägt die Stadt die Menschen? Erleben einer Stadt durch die Menschen und ihre Geschichten – „Ich will mit meiner Arbeit einen Querschnitt der Gesellschaft abbilden. Dazu gehören Gespräche mit Vertretern aller Altersgruppen“, sagt Jentczak.
Sechs Fragen
1 Wenn Du ein Baum wärst – welcher? Birke. Sie sind einfach schön und passen sich an: In Deutschland sind sie gerade, im Norden oft schief, wegen des Winds.
2 Über welchem Land würdest Du auf gar keinen Fall mit dem Fallschirm abspringen? - Nordkorea.
3 Welches Tier ist Dir unsympathisch? - Kakerlaken. Einfach eklig. Und so unkaputtbar.
4 Welcher Alltagsgegenstand muss dringend erfunden werden? - Kopfhörer-Kabel-Entwirrer.
5 Was bringt Dich auf die Palme? - Eine Leiter.
6 Wann benimmst Du Dich wie ein verliebter Teenager? - Wenn ich – wie jetzt– verliebt bin.
Laura Achenbach: Auf den Spuren des Bergbaus
Die Künstlerin
geboren 1985 in Battenberg-Eder
2012 bis 2017 Bachelorstudium Integriertes Design, HFK Bremen
kommt durch ihre multikulturelle Herkunft (Mutter Spanierin) und Auslandsaufenthalte unter anderem in Thailand und Kambodscha in Kontakt mit Unterschieden und Gemeinsamkeiten zwischen Kulturen; Erfahrung in verschiedenen Bereichen der Medienproduktion, Arbeit als Theaterfotografin.
Das Projekt
Bergbau im Siegerland, unter und über Tage: Spuren der Vergangenheit im Heute; Was ist früher in diesem Bereich passiert, was ist davon noch zu sehen – auch als Teil der kulturellen Identität der Region. Die Künstlerin
Sechs Fragen
1 Wenn Du ein Baum wärst – welcher? - Eine Eiche. Die wachsen langsam und sind alt und weise.
2 Über welchem Land würdest Du auf gar keinen Fall mit dem Fallschirm abspringen? - Nordkorea
3 Welches Tier ist Dir unsympathisch? - Zecken. Ich verstehe den Sinn dieser Tiere einfach nicht. Sie übertragen eigentlich nur Krankheiten.
4 Welcher Alltagsgegenstand muss dringend erfunden werden? - Fernbedienungs-/Tastaturen-Zwischenraumdreck-Entferner.
5 Was bringt Dich auf die Palme? - Unfreundliche Arzthelfer/innen an der Rezeption.
6 Wann benimmst Du Dich wie ein verliebter Teenager? - Wenn ich mein Pferd sehe.
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