Siegen. Bevor die Hallenbäder Weidenau und Eiserfeld nicht saniert sind, darf das Löhrtorbad nicht geschlossen werden, fordern Siegener Schwimmvereine.

  • Vereinsvertreter fürchten um Training, Schwimmausbildung, Wettkämpfe
  • Unterzeichner äußern Verständnis für Finanzprobleme und Stadtbaupläne
  • Verwaltung verspricht Antwort noch im Oktober

Schwimmsportvereine und Stadtsportverband Siegen lehnen die geplante Schließung des Löhrtorbads im Sommer 2017 ab und fordern in einem offenen Brief an die Politik, zunächst die beiden Hallenbäder Eiserfeld und Weidenau zu ertüchtigen. Andernfalls seien sie in ihrer Existenz bedroht.

Die Forderung

Nur das Löhrtor hat ein Lehrschwimmbecken. Das Bädergutachten der Agentur Altenberg sieht vor, das Löhrtor im Sommer 2017 zu schließen, bis 2021 soll ein entsprechender Neu- oder Erweiterungsneubau in Weidenau entstehen. Die Unterzeichner regen – wenn das Löhrtor tatsächlich geschlossen werden muss, was sie bezweifeln, den umgekehrten Weg an: Erst Weidenau und Eiserfeld ertüchtigen (mit Lehrschwimmbecken und acht Bahnen), dann Löhrtor schließen. „Wir haben Verständnis für städteplanerische und finanzielle Gründe“, sagt Klaus Holthoff-Frank, Vorsitzender SV Neptun Siegerland für die Unterzeichner. „Die Alternative kann keine aufblasbare Halle über einem Freibad sein.“

Die Situation

Schwimmen lernen ist in Siegen erst wieder ab Sommer 2017 möglich. Bis dahin sind die Schwimmkurse in der Stadt ausgebucht. „Die Nachfrage ist viel größer als was wir leisten können“, so Holthoff-Frank – zumal viele Nachbarkommunen keine Hallenbäder haben. Die Organisation von Schul- und Vereinsstunden sei bereits jetzt eine logistische Herausforderung, dazu noch Wettkämpfe. Die Situation mit einem Bad weniger zu stemmen, sei unmöglich. Überlegungen, Ausbildungs- und Trainingszeiten in zwei Bädern bis 22 Uhr zu erweitern, lehnt Holthoff-Frank ab: „Das geht mit Kindern nicht.“

Die Argumente

1. Eine Verlagerung der Vereins- und Schulstunden würde die Kapazitäten in Weidenau überschreiten und es gibt dort kein Lehrschwimmbecken. Und: Leistungsorientierter Schwimmsport benötige Becken mit sechs Bahnen.

2. „Die Hallenbäder Weidenau und Eiserfeld haben selbst erheblichen Sanierungsstau und sind jederzeit von vorüberhegender Schließung bedroht“, so die Unterzeichner. Jederzeit könne ein größerer Schaden eintreten; im schlimmsten Fall würde über Monate nur noch ein Bad zur Verfügung stehen – oder gar keins. „Ein Horrorszenario“, sagt Holthoff-Frank. Die Bäder Weidenau und Eiserfeld wurden 2014 länger wegen Legionellen bzw. des maroden Dachs geschlossen.

3. Vereine, Schulen und Öffentlichkeit müssten sich mehrere Jahre lang mit einem Provisorium abfinden, für diese Zeit stünde kein Lehrschwimmbecken zur Verfügung, „vier Jahrgänge könnten nicht schwimmen lernen“, sagt Holthoff-Frank. Mögliche Konsequenz: Der Anteil der Nichtschwimmer steigt und den Vereinen bricht der Nachwuchs weg. Die Befürchtung: „Einige würden eine solche Durststrecke mit großer Sicherheit nicht überstehen“.

4. Durch ein Provisorium könnte nach Befürchtung der Unterzeichner die Bereitschaft der politischen Entscheidungsträger für eine kostspielige Erweiterung oder einen Neubau in Weidenau schnell nachlassen. „Wenn es drei oder vier Jahre mit dem Provisorium geht, wenn auch nur schlecht, warum dann nicht auch länger?“

Die Reaktion

„Die Interessen der Vereine sind absolut nachvollziehbar. Wir werden prüfen, ob und wie das machbar ist“, sagt Stadträtin Babette Bammann, die sich sehr erfreut über Art und Inhalt des offenen Briefs zeigt. Sie werde das aufgreifen und in den laufenden Beratungen zur Sprache bringen. Im Oktober sollen die Vereine eine Antwort erhalten. Der Rat wird im Februar 2017 über die Zukunft des Löhrtorbads entscheiden.

Der offene Brief im Wortlaut 

Schwimmvereinigung Neptun Siegerland; TuS AdH-Weidenau; DLRG Ortsgruppe Eiserfeld, DLRG Ortsgruppe Siegen; DLRG Ortsgruppe Weidenau; Reha-Sportgemeinschaft Siegen; Tauchsport- und Forschungsgemeinschaft Siegerland; BSG Geisweid; Tauchgemeinschaft Nautilus Siegerland; Triathlonverein Siegen (tri.Si); Stadtsportverband Siegen

An die Fraktionen der CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, UWG, Die Linke im Rat der Stadt Siegen

Hallenbad Löhrtor nur schließen, wenn Alternativen vorhanden sind!

Offener Brief an die Fraktionen im Rat der Stadt Siegen

Sehr geehrte Damen und Herren,

Rat und Verwaltung der Stadt Siegen denken seit längerem darüber nach, ein Hallenbad in Siegen zu schließen. Das in Auftrag gegebene Bädergutachten der Unternehmensberatung Altenburg schlägt vor, das Hallenbad Löhrtor bereits im kommenden Sommer 2017 zu schließen und einen alternativen Neu- oder Erweiterungsbau in Weidenau bis Ende 2020 bzw. 2021 zu realisieren. Die Siegener Schwimmsportvereine und der Stadtsportverband lehnen dieses Vorgehen ab. Eine Schließung des Hallenbad Löhrtor, so diese wirklich unausweichlich sein sollte, darf erst dann erfolgen, wenn die Alternative in Weidenau realisiert worden ist.

Folgende Argumente sprechen dafür:

1. Die schwimmsportorientierten Vereine haben bereits im Frühjahr 2015 festgestellt, dass die Verlagerung der Vereins- und Schulstunden aus dem Hallenbad Löhrtor in das Hallenbad Weidenau ohne gravierende nachteilige Folgen nicht funktionieren kann. Erstens reichen die Kapazitäten in Weidenau dafür nicht aus. Zweitens hat das Hallenbad Weidenau kein Lehrschwimmbecken. Drittens benötigt der leistungsorientierte Schwimmsport für Meisterschafts-Veranstaltungen ein Becken mit 6 Bahnen.

2. Die Hallenbäder Weidenau und Eiserfeld haben selbst einen erheblichen Sanierungsstau und sind jederzeit von einer vorüberhegenden Schließung bedroht. Dies hat das Gutachten Altenburg anhand der in den kommenden Jahren notwendigen Instandhaltungs- und Reparatur-kosten eindrucksvoll aufgezeigt. So wie sich die Lage nach dem Gutachten Altenburg darstellt, wurden in allen städtischen Hallenbädern in den vergangenen Jahrzehnten dringend notwendige Investitionen zurückgestellt. Wir sind uns der Tatsache bewusst, dass wir wohl keine Garantie dafür bekommen werden, dass diese notwendigen Investitionen auch tatsächlich getätigt werden. Sollte jedoch plötzlich ein größerer Schaden eintreten - denken Sie etwa an die dringend erforderliche Dachsanierung in Weidenau - würde über Monate nur noch ein Hallen-bad zur Verfügung stehen. Im schlimmsten Fall sogar gar keines mehr. Die allermeisten Vereine und Schulen hätten keinerlei Alternative mehr, wäre das Hallenbad Löhrtor dann schon geschlossen. Dass dies kein „Horrorszenario“, sondern eine naheliegende Überlegung ist, zeigt allein schon der Umstand, dass beide Bäder in Weidenau und Eiserfeld im vorletzten Jahr für längere Zeit geschlossen werden mussten – das eine wegen des Auftretens von Legionellen und das andere wegen der Gefahr herabfallender Dachteile. Ergänzend möchten wir auf die ganz erheblichen Schließungszeiten der Bäder Löhrtor und Weidenau von fast drei (3!) Monaten in diesem Sommer hinweisen, die die betroffenen Vereine vor erhebliche Probleme gestellt haben.

3. Würde das Hallenbad Löhrtor bereits im Sommer 2017 geschlossen, müssten sich Vereine, Schulen und nicht zuletzt die Öffentlichkeit für mindestens drei oder vier Jahre mit einem nicht machbaren Provisorium abfinden. Da dann für mindestens drei Jahre kein Lehrschwimmbecken zur Verfügung stände, würden mindestens drei oder vier Jahrgänge keine Chance auf eine qualifizierte Schwimmausbildung haben. Der Anteil der Nichtschwimmer in diesen Jahrgängen würde deutlich ansteigen, den Vereinen würden mindestens drei oder vier Nachwuchsjahrgänge fehlen. In dieser Zeit würden viele Vereine in Ihrer Existenz gefährdet, einige würden eine solche „Durststrecke“ mit großer Sicherheit nicht überstehen.

4. Da nichts länger hält als ein Provisorium, steht zudem zu befürchten, dass nach einer Schließung des Hallenbad Löhrtor im Sommer 2017 die Bereitschaft der politischen Entscheidungsträger für ein kostspielige Erweiterung oder einen Neubau des Hallenbad Weidenau schnell nachlassen würde. Wenn es drei oder vier Jahre mit dem Provisorium geht, wenn auch nur schlecht, warum dann nicht auch länger?

Wir fordern vor diesem Hintergrund die politischen Entscheidungsträger auf, die Schließung des Hallenbad Löhrtor noch einmal grundsätzlich zu überdenken. Einige Argumente des Bäder-Gutachtens Altenburg, wie etwa die Kritik an der zentralen Lage des Hallenbad Löhrtor („strategisch falscher und nicht mehr zeitgemäßer Standort“) sind schlicht nicht nachvollziehbar. So wurden in den vergangenen Jahren durch die Stadt Siegen in unmittelbarer Nähe zwei Projekte realisiert, die die Innenstadt nachhaltig attraktiver gemacht und belebt haben. Ein modernisiertes Hallenbad Löhrtor wäre sicher auch Anlaufpunkt für die in unmittelbarer Nähe beheimateten Studenten.

Sollte die Schließung des Hallenbad Löhrtor unausweichlich sein, etwa weil der Standort aus Gründen der Stadtentwicklung unverzichtbar ist, dann muss zuvor zwingend eine der im Gutachten Altenburg vorgeschlagenen Alternativen realisiert worden sein. Eine Schließung des Hallenbad Löhrtor bereits im Jahr 2017 ist damit auszuschließen.

Um die Unterhaltungskosten zu reduzieren, könnte das Hallenbad Löhrtor für die Übergangszeit zwischen Mitte 2017 und der Vollendung des Erweiterungs- oder Neubaus in Weidenau als reines Vereins- und Schulschwimmbad genutzt werden. Entsprechende Vorschläge der Schwimmvereinigung Neptun Siegerland liegen vor.

Aus Sicht der schwimmsportorientierten Vereine sollte bei der Entscheidung über eine Erweiterung des Hallenbad Weidenau oder dem Neubau darauf zu achten, dass erstens ein aus-reichend großes Lehrschwimmbecken und zweitens ausreichende Kapazitäten vorhanden sind. Für den Fall, dass sich der Rat für den von Altenburg vorgeschlagenen Neubau einer Schwimm-halle in Weidenau ausspricht, müsste diese mit acht 25-Meter-Bahnen ausgestattet sein und nicht wie von Altenburg vorgeschlagen, lediglich mit sechs Bahnen. Der Grund dafür ist, dass mit der Schließung des alten Hallenbads Weidenau und des Hallenbad Löhrtor insgesamt 16 25-Meter-Bahnen entfallen (10 in Weidenau und 6 in Siegen) und eine Kompensation durch lediglich 6 Bahnen nicht ausreichend sein kann. Dies ergibt sich bereits aus dem Gutachten selbst, das einen tatsächlichen Bedarf von 2,4 Becken feststellt. In Anbetracht der für ein Becken mit acht 25-Meter-Bahnen benötigten Fläche, weisen wir darauf hin, dass ein Schwimmbecken mit sechs 50-Meter-Bahnen nur unwesentlich größer ist und zudem zu einer qualitativen Verbesserung der Trainingsbedingungen führen würde. Die Mehrkosten eines breiteren oder längeren Beckens sind in Relation zu den Neubaukosten insgesamt überschaubar. Dies wurde durch Altenburg auch im Rahmen der Vorstellung des Gutachtens gegenüber den Vereinsvertretern bestätigt.

Unsere Vereine repräsentieren mehr als 3.000 Mitglieder. Wir appellieren an Sie, unsere Überlegungen bei Ihrer Entscheidung mit in Betracht zu ziehen. Wenn es schon keine Möglichkeit zu einer Kontaktaufnahmen der Vereine mit der Fa. Altenburg bei der Erstellung des Bädergutachtens gab, sollten die Vereine (und ggf. Schulen und Vertreter der sonstigen Badnutzer) wenigstens vor der politischen Entscheidung gehört werden

Wir Vereine stehen Ihnen jederzeit für Auskünfte und Diskussionen zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen, gez.

Klaus Holthoff-Frank, SV Neptun Siegerland

Klaus Zöller SV, Neptun Siegerland

Hans Jürgen Berg, TuS AdH Weidenau

Jens Uhlendorf, DLRG OG Eiserfeld

Martin Henning, DLRG OG Siegen

Volker Pletz, DLRG OG Weidenau

Günter Pulverich, Reha-SG Siegen

Klaus Huckenbeck, Tauchsport- und Forschungsgemeinschaft Siegerland

Matthias Oft, Tauchgemeinschaft Nautilus Siegerland

Stefan Justus, BSG Geisweid

Rosmarie Junker, tri.SI

Horst Hermann, Stadtsportverband Siegen