Siegen. . Der ehemalige Schandfleck im Zentrum, die Bahnhofsunterführung, ist gesäubert und aufgehübscht – auf ziemlich pfiffige Weise. Stadt und Künstler setzen auf Sprayer-Ehrendkodex
- Schandfleck in der Innenstadt gesäubert und aufgehübscht
- Kostengünstige Maßnahme: 32000 Euro investiert
- Motiv soll Identifikation mit Stadt stärken
Die Fußgängerunterführung am Siegener Bahnhof, im Volksmund als „Pisstunnel“ berüchtigt, ist frisch renoviert und wieder begehbar. Für 32 000 Euro hat die Stadt Siegen den Tunnel reinigen und mit einer Verkleidung aus Lochblechen versehen lassen, die Graffiti-Sprayer künstlerisch gestaltet haben. „Ein subjektiver Angstraum ist verschwunden“, sagt Bürgermeister Steffen Mues.
Eine Herausforderung für die Sprayer Julian Arzdorf und Felix Wilbert, die „FreshPainters Cologne“. Sie benötigten für diesen Auftrag deutlich mehr Farbe als bei einer ebenen Fläche nötig gewesen wäre, konnten durch die Löcher weniger präzise arbeiten – aber dafür erscheint das Motiv auch deutlich weniger statisch. „Das Bild verändert sich mit dem Blickwinkel“, sagt Julian Arzdorf. Ein ungewohnter Effekt, der dem ganzen eine ungewöhnlich plastische Optik gibt.
Der Ehrenkodex der Sprayer-Szene verbietet es, Werke anderer zu übersprühen – aber eine Garantie gegen Verschandelung ist das natürlich nicht. Die Stadt Siegen hat sich dran gehalten und die Tags, Namenkürzel bekannter Sprayer, auf den Stahlträgern unter der Decke, behalten. Was bleibt ist der Appell. Immerhin: Die Lochbleche mit einem Filzschreiber zu beschmieren, ist ein ziemlich hoffnungsloses Unterfangen.
Der Kontakt zu den Studenten – Arzdorf ist in Siegen eingeschrieben, Wilbert in Düsseldorf – war über „Stadtverschönerer“ Martin Zielke zustande gekommen, der sich mit seiner Initiative „Siegen sind wir“ die optische Aufwertung von Flächen im öffentlichen Raum auf die Fahne geschrieben hat.
Identifikation mit der Stadt sollen Motiv und Umsetzung gerade Jugendlichen bieten. Der Slogan „Siegen City“ in typischer Graffiti-Optik erstreckt sich fast über die gesamte Länge des Tunnels; wird flankiert von zwei farbenfrohen Papagei-Darstellungen. Der Papagei stehe dafür, dass Siegen nicht nur grau und langweilig ist, sondern bunt sei; „hier kann viel passieren“, sagt Arzdorf.
Die Treppenanlagen auf der Seite des Busbereitstellungsplatzes sowie zum Bahnhofsvorplatz hin bleiben – leider, wie der Bürgermeister bedauerte – unverändert. Eigentümerin des Tunnels ist die Deutsche Bahn, eine vertragliche Regelung sieht vor, dass die Stadt für Reinigung und Beleuchtung zuständig ist, Boden und Treppen sind Sache der Bahn.
Die Lochbleche, 2306 Kilo, verdecken das permanent von den undichten Gleisen herabfließende Wasser – kostengünstig, freut sich Mues.
Die Rampenwände könnten trotzdem ein Folgeauftrag für „Fresh Painters Cologne“ werden: Je nach dem, wie der Tunnel nun angenommen wird, sollen sie die noch weißen Wände verzieren. Bislang sind dort Wegweiser aufgesprüht: „Siegufer“, „Altstadt“, „Lokschuppen“ etwa.
„Wunderbar“ findet eine vornehm gekleidete ältere Dame den Tunnel. „Jetzt gehe ich noch lieber hier durch.“
Eine Woche lang haben die Mitarbeiter der Stadtreinigung den Tunnel sauber geschrubbt: 250 Quadratmeter Boden- und 400 Quadratmeter Wandfläche.
Zwei Mal mussten die Wände weiß grundiert werden, weil die alten Schmierereien durchschimmerten. Lose Bodenfliesen wurden befestigt, Aufkleber von den Lampen gekratzt.
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