Neunkirchen. . Die Firma Zepter ist ein Familienunternehmen – und Spezialist für Sonderanfertigungen: Sie bauen weltweit Kanzeln für Flughafentower. Unter anderem.
- Addis Abeba bis Masar-e Sharif: Flugtechnik aus Neunkirchen
- Medizinschrank bis Einsatzcontainer: Maßanfertigungen
- Laserschneiden bis Roboterschweißen: Typische Siegerländer Industrie
Ohne die Lotsen im Tower passiert an einem Flughafen gar nichts. Millionen Menschen passieren die Abflughallen, Schalter und Terminals, aber letztlich werden die entscheidenden Weichen in einer meist achteckigen gläsernen Kanzel gestellt. Die Firma Zepter aus Neunkirchen ist in diesem Segment weltweit tätig: 100 stationären Towern haben sie in Deutschland die Glaskanzel aufgesetzt, über 50 im Ausland; sie haben die Kontrollturmkanzel am Siegerland-Airport genauso konstruiert wie die 120 Quadratmeter große am Flughafen Addis Abeba oder auf den Salomonen im Südwestpazifik. Dort gab es sogar eine eigene Briefmarke, extra für die Zepter-Towerkanzel.
Die Firmengeschichte
Angefangen hat alles mit einer typischen Siegerländer Industrie. In einer kleinen Halle gründete Albert Zepter 1929 eine Schlosserei, in der er Ofenverkleidungen aus Blech anfertigte.
Am grundlegenden Prinzip hat sich seither gar nicht so viel verändert: Irgendetwas muss eine individuelle Außenhülle bekommen und im Grunde ist so eine Kanzel nichts anderes als ein – sehr komplexes – Gehäuse für Flugsicherungstechnik.
Zur Flugtechnik kam die Firma über Albert Zepters Sohn, Friedrich, ein begeisterter Hobbypilot und Flugzeugfan, der vom Siegerlandflughafen aus startete und die Firma 1955 übernommen hatte. „Ihr macht doch Blech – kannst Du auch einen Tower bauen?“, fragten sie Friedrich Zepter im Jahr 1967. Und Friedrich Zepter konnte. Das kam so gut an, dass 1970 die Flugtechnik-Sparte des Unternehmens entstand.
Die Towerkanzel
Towerkanzeln sind mitunter so groß, dass sie am Stück nicht transportabel sind. Entsprechend entwickelten Zepters Konstrukteure die Bauteile, die zerlegt transportiert und vor Ort montiert werden – auch die Innenausstattung mit Möblierung, Rechnern, Klimaanlagen, Lotsenpulten.
Ein Tower ist kein Produkt, das jeden Monat vom Band läuft. Sechs Monate kann es schon dauern, bis eine Towerkanzel fertig ist – hängt alles davon ab, welche Wünsche der Kunde hat und wie gefragt die Zepter’sche Kernkompetenz, die Fertigung von Sonderkonstruktionen, in Anspruch genommen wird. Versorgungs- und Kabelanschlüsse müssen vorbereitet und eingearbeitet werden, die Monteure bauen Schränke und Pulte, der Innenausbau erfolgt meist vor Ort. „Die eigentliche Kanzel wird mit dem Kran nach oben gezogen und montiert“, sagt Konstrukteur Thomas Schmidt
Die Fenster müssen aus beschichteten Spezialglas bestehen, das die Hitze draußen hält, Scheiben schräg in einem Winkel von 15 Grad stehen, damit die Sonne die Lotsen nicht blendet. Zwischen den Scheiben sollten möglichst wenig Streben den Rundumblick versperren.
Im Rahmen eines Entwicklungshilfeprojektes wurde in Masar-e Sharif in Afghanistan ein Tower gebaut: Komplett in seine Einzelteile zerlegt, wurde der Tower mit drei Sattelzügen zum 5000 Kilometer entfernten Montageort geliefert – ein logistisch anspruchsvolles Projekt.
Einsatzleitcontainer
Neuestes Produkt: Sogenannte mobile Einsatzleitcontainer, wie sie Feuerwehren und Hilfsorganisationen in Krisengebieten, aber auch das Militär als Kommunikations- und Einsatzzentrale nutzen. Basis ist ein Standardcontainer, der auf das dreifache seiner Transportgröße ausgefahren werden kann. Entsprechend ist das Mobiliar maßangefertigt – um den Container samt Inventar kollisionsfrei wieder ineinanderschieben zu können.
„Ein Standard-Tisch aus dem Möbelhaus passt da nicht“, sagt Carolin Schulz, Urenkelin des Firmengründers; jede Tischplatte, jeden Monitor, jeden Stuhl kann man falten, klappen, verstauen. Bei Bedarf können mobile Zeltsysteme den erweiterten Container nochmals vergrößern – einsatzbereit innerhalb weniger Stunden.
Medizintechnik
Krankenhäuser brauchen Stauraum, ebenso Arztpraxen und Labore. Die Schränke aus dem Zepter-Portfolio sind Maßanfertigungen mit bestimmten Eigenschaften: Schubladen und Türen in Operationssälen müssen steril bleiben, aus entsprechendem Material, speziell beschichtet und gut abgedichtet sein.
Zum Programm „medi-conzept“ gehören Wärmeschränke und Schubladen ebenso Lagerschränke für Medikamente oder OP-Zubehör. Kein Krankenhaus ist wie das andere, jeder Freiraum effizient genutzt werden. „Ein Großteil unserer Produkte weichen ab vom Standardprogramm und sind Individualanfertigungen auf Kundenwunsch“, sagt Carolin Schulz.
Unternehmensphilosophie
„Früher“, sagt Co-Geschäftsführer Timm Schulz, „waren wir ein reiner Sonderanfertiger.“ Und das ist Zepter zu großen Teilen auch heute noch. Das Unternehmen verstehe sich als Hersteller von Einhausungen jeglicher Art, Zepter verpackt alles in Metall, vom OP-Zubehör über Maschinen bis zum Arbeitsplatz für Fluglotsen.
„Spezielle Kundenwünsche und komplexe Individualanfertigungen werden bis ins Detail geplant“, sagt Mitgeschäftsführer Hartmut Ginsberg. Zepter fertigt auch Serien, aber die Stärke liegt in der Einzelanfertigung“, so Ginsberg. Dafür stehen 3D-Laserschneider, Fiber-Lasertechnik und automatisierte Roboterschweißanlagen zur Verfügung.