Burbach. . Das Land gibt die Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Burbach auf. Das hat Folgen — nicht nur für die Mitarbeiter.

  • Burbach wechselt in Stand-By-Betrieb
  • Bürgermeister bedauert Entscheidung des Landes
  • 75 DRK-Mitarbeiter bangen um ihre Arbeitsplätze

Die Entscheidung war erwartet worden. Das Land gibt seine Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Burbach auf. Vor zwei Tagen wurde Bürgermeister Christoph Ewers von der Regierungspräsidentin informiert, am Freitag machte Arnsberg die neue Planung des Landes öffentlich: Burbach geht ab 1. Juli 2017 in den „Stand-by-Betrieb“ — die Unterkunft in der ehemaligen Siegerland-Kaserne wird so weiter unterhalten, dass sie binnen vier Wochen wieder die volle Kapazität für 500 Flüchtlinge aktivieren kann.

Die Entscheidung

„Ich hätte es begrüßt, wenn die Einrichtung bleibt“, sagt Christoph Ewers, „ich habe dafür gekämpft.“ 2013 schon, als das Land vorgeblich nur eine Notlösung für wenige Monate suchte und Ewers ein langfristiges Engagement anbot. Später an der Seite des Kreises, der die „Erstaufnahmeeinrichtung neuen Typs“ für Burbach und Bad Berleburg erfand: die Verbindung von Unterkunft, Ausländerbehörde und Bundesamt für Migration auf demselben Campus.

„Rein wirtschaftliche Gründe“ habe die Bezirksregierung dafür angeführt, Burbach aufzugeben. „Die räumlichen Verhältnisse sind in Bad Berleburg besser — das ist der Unterschied zwischen Kaserne und Kurklinik“. Sein Bedauern gelte den von der Schließung betroffenen Mitarbeitern: den hauptamtlichen von DRK und Sicherheitsdienst, und den vielen ehrenamtlichen, die sich, wie ihr Koordinator Hans-Peter Ginsberg dieser Zeitung vor wenigen Tagen sagte, auch in Zukunft um Geflüchtete in Burbach kümmern werden. Ewers: „Alle haben sich gewaltig ins Zeug gelegt. Da ist wirklich etwas aufgebaut worden.“

Die Folgen

Arbeitsplätze: Die Mitarbeiter von Kreis und Bundesamt werden andere Dienstorte versetzt. Die DRK-Betreuungsdienste haben in Burbach 75, in Bad Laasphe 52 Mitarbeiter eingesetzt. Versucht werde, mit Versetzungen an andere Standorte „so viele Arbeitsplätze wie möglich“ zu sichern, sagt Pressesprecherin Ina Ludwig. Da nun jedoch eine große Zahl von Einrichtungen geschlossen werde, „werden wir aller Voraussicht nach leider nicht sämtliche Arbeitsplätze erhalten können.“
Flüchtlinge: Die Gemeinde Burbach muss, wenn sie nicht mehr Standort einer Erstaufnahmeeinrichtung ist, künftig wie jede andere Kommune Flüchtlinge aufnehmen. „Angerechnet“ werden vielleicht allenfalls noch zehn Prozent der 500-Plätze-Einrichtung — für den Stand-By-Betrieb. „Wir werden die Zeit nutzen, nach geeigneten, möglichst dezentral liegenden Unterkünften zu suchen“, sagt Bürgermeister Ewers, „uns fehlen vor allem kleine Wohnungen.“ Wie viele Flüchtlinge kommen, ist ungewiss. Das Land will die Zuwanderer, die eine Bleibeperspektive haben, künftig erst nach abgeschlossenem Verfahren auf die Städte verteilen — vorzugsweise in Regionen mit geringer Arbeitslosigkeit. Mit der Auflage, dort zu wohnen, solange sie Arbeitslosengeld 2 beziehen. „2017 werden die Karten vollkommen neu gemischt.“
Finanzen: „Wir hatten in diesem Jahr eine komfortable Lösung“, räumt Bürgermeister Ewers ein: Burbach bekam, wie Bad Berleburg, Bad Laasphe und Siegen, auch für die Flüchtlinge in den Landeseinrichtungen Geld — als ob die Gemeinde für sie aufgekommen wäre. Ab 2017 zahlt das Land den Gemeinden sowieso nur noch für die tatsächlich von ihr betreuten Menschen. Wozu Zuwanderer mit Aufenthaltsgenehmigung nicht gehören: Um ihren Unterhalt müssen sich die Jobcenter, um ihre Wohnkosten die Kommunen kümmern.

Kommentar: Kein Grund zum Aufatmen 

Das Land schließt Erstaufnahmeeinrichtungen, weil sie derzeit nicht mehr gebraucht werden. Die Nachricht mag als entlastend empfunden werden, auch in Burbach. Zumal die jetzt mit gerade noch 150 Flüchtlingen belegte ehemalige Kaserne mehrfach in Verruf geraten ist, weil ihre Bewohner dort eben nicht gut behandelt wurden. Wobei „Burbach 1“ von 2014 letztlich nicht aufgeklärt ist, vom vermeintlichen „Burbach 2“ in diesen Wochen ganz zu schweigen.

Wer jetzt aufatmet, tut das ohne guten Grund. Die Geflüchteten, die in den nächsten Monaten nach Burbach und anderswohin kommen. sind längst in Land. In den Erstaufnahmeeinrichtungen, die das Land nach Abschluss der Asylverfahren nach und nach auflöst, um sie mit Residenzpflicht in die Städte und Gemeinden zu schicken. Sie bleiben. Mit allen Stempeln im Pass, die es dafür braucht.

Damit ist die Aufgabe beschrieben, die Kommunalpolitiker und -behörden, Lehrerinnen und Erzieher kennen und auf die sich auch die Ehrenamtlichen längst einstellen: Jetzt geht es um Integration – in die deutsche Gesellschaft, in die Arbeitswelt, in die Dörfer und Siedlungen, in die Vereine, in die Nachbarschaften. Das wird anstrengender und wird auf Widerstände auf allen Seiten stoßen. Mit Kleiderstuben und Sprachkursen allein ist diese Arbeit nicht getan.