Burbach-Lippe. Polizei und Rettungskräfte kooperieren bei einem Kurs auf dem Siegerlandflughafen. Ziel ist eine bessere Versorgung von Verletzten – etwa nach Bombenanschlägen.
- Bombenanschlag auf Flugzeug als Szenario
- 20 Kursteilnehmer arbeiten gemeinsam
- 50-minütige Übung in der Mittagshitze
„Macht die Tür auf, sonst sprenge ich euch in die Luft!“, brüllt ein Mann mit einer Pistole in der rechten Hand. In der linken trägt er einen schwarzen Rucksack mit einer Bombe. Er will sich Zugang zu einem Flugzeug verschaffen, das gerade mit Passagieren an Bord gelandet ist, und Geiseln nehmen. Die Tür bleibt jedoch verschlossen. Polizisten mit Maschinengewehren rücken an. Der Mann schießt auf sie, die Einsatzkräfte erwidern das Feuer. Er zündet den Sprengsatz, es knallt gewaltig, Flammen lodern, das Flugzeug brennt. Die Maschine ist in Wirklichkeit ein Container mit einer Brandsimulationsanlage – und das Szenario auf dem Siegerlandflughafen eine Übung.
20 Kursteilnehmer aus ganz Deutschland proben einen Ernstfall: acht Ärzte, zehn Notfallsanitäter und Rettungsassistenten, eine Polizistin und ein Feuerwehrmann üben gemeinsam. Es handelt sich dabei um einen Kurs nach den sogenannten TECC-Richtlinien (Tactical Emergency Casualty Care). Ein Konzept, das entwickelt wurde, um eine „professionelle Versorgung in zivilen taktischen Lagen“ zu verbessern, wie es in der Broschüre der DBRD-Akademie, einer 100-prozentigen Tochter des Berufsverbands Deutscher Rettungssanitäter heißt. Damit gemeint sind etwa Amoklagen, gewalttätige Ausschreitungen, Geiselnahmen und Bombenanschläge.
680 Euro pro Teilnehmer
„Wir haben in Rettungsdiensten Defizite bei Bedrohungslagen“, sagt DBRD-Vorsitzender und Kurskoordinator Marco König: „Wir sind nicht gut aufgestellt.“ Um das zu ändern, bietet der DBRD seit Februar Seminare an, die 680 Euro pro Person kosten. „Erschreckend ist, dass 90 Prozent Teilnehmer die Kursgebühr aus der eigenen Tasche zahlen.“ Rettungsdiensten fehle oftmals der nötige Etat zur Fortbildung. Das Personal müsse „deutlich mehr unterstützt werden“, fordert König.
Sechs Wochen vor dem Kurs haben die 20 Teilnehmer Mappen erhalten, um sich in der Theorie auf das zweitägige Seminar vorzubereiten. Jetzt – nach dem simulierten Bombenanschlag – beginnt die Praxis. Zunächst löscht ein Feuerwehrfahrzeug den Brand. Unter Polizeischutz nähern sich die Rettungskräfte dem Flugzeug. Mehrere Menschen in der Maschine sind schwerverletzt, sie müssen zunächst geborgen werden. Die medizinische Erstversorgung beginnt.
„Wir schaffen eine Kollision, trainieren zusammen“, sagt der Medizinische Koordinator Dr. Fabian Spies, Anästhesist am Bundeswehrkrankenhaus in Hamburg. Es gehe vor allem darum, die Kooperation von Polizei und Rettungsdiensten zu optimieren, sie zusammenzubringen. „So ernst die Sache auch ist“, sagt Spies, „das Kursformat macht Spaß.“
Das alles geschehe unter „realistischen Bedingungen“, betont Kai Langenbach vom Deutschen Roten Kreuz (DRK Burbach), der die Übung als lokaler Koordinator mit leitet. „Wir versetzen sie in Stress.“ Per Funkgerät stimmt er die einzelnen Übungsschritte mit den Einheiten ab. Nach der ersten Versorgung transportieren Rettungskräfte die Verletzten in eine nahe gelegene Halle, wo sie weiter behandelt werden. Dann ruft einer der Kursleiter: „Aufhören, die Übung ist vorbei!“ Nach knapp 50 Minuten in der Mittagshitze.
Nassgeschwitzt greifen die Teilnehmer direkt zu Getränken, und Kai Langenbach ist zufrieden. „Erfolgreich verlaufen“ sei die Übung lobt er: „Das haben die Teilnehmer gut gemacht. Sie haben Probleme erkannt, Lösungen gefunden, komplexe Maßnahmen umgesetzt.“ In der abschließenden Teambesprechung gebe es nur kleinere Schwächen zu bemängeln: „Bei der Kommunikation.“
----------
Amoklauf im Flughafenterminal
Bei einem anderen Szenario haben die Teilnehmer Verletzte nach einem Amoklauf im Flughafenterminal versorgt.
Zum Abschluss des Kurses absolvieren die Teilnehmer immer einen Theorietest mit 50 Fragen. Wer 76 Prozent davon richtig beantwortet und auch eine zehnminütige Praxisprüfung erfolgreich meistert, erhält ein Zertifikat.
Der nächste TECC-Kurs am Siegerlandflughafen ist für den
3. und 4. Dezember geplant.