Siegen. . Einsatzkräfte der Polizei schildern Z. als kalte, unbeteiligte Person. Ohne Tatwaffe steht nach wie vor Aussage gegen Aussage.
- Zeugenaussage: „Sah aus, als hätte es ihm kaum etwas ausgemacht“
- Gerichtsmediziner: Obduktion passt zur Aussage
- Würgen durch das Opfer könnte stattgefunden haben
Antanas Z. ist kein Mann, der seine Emotionen an der Oberfläche trägt. Als er am ersten Verhandlungstag schilderte, wie er seinem Arbeitskollegen am 14. Januar ein Messer in die Brust stieß, um sich gegen dessen Würgeangriff zu wehren, blieb er im Ton sachlich, wirkte völlig unbewegt.
Die Polizisten
Ähnlich muss er den Polizisten am Abend nach der Tat vorgekommen sein. Der Angeklagte habe kalt gewirkt, sagt ein Beamter am Donnerstag im Zeugenstand. „Kollege kaputt? Scheiße“, soll der 47-jährige Balte gleich mehrere Polizisten gefragt haben, zu deren Verwunderung aber eben auch unaufgeregt und fast beiläufig.
Er habe gewirkt, als mache es ihm gar nichts aus, als hätte er „einfach nur einen Fauxpas begangen“, summieren sich die Eindrücke der Einsatzkräfte aus Siegen und Hagen. „Er hat ein paar Mal gefragt, als könnte er es nicht begreifen“, schränkt eine 22-jährige Polizistin allerdings ein.
Die Videos
Was die Beamten da den ganzen Vormittag beschrieben haben, passt nicht zu den Entschuldigungen, die der Angeklagte mehreren Personen aus seinem Umfeld und auch dem Gericht gegenüber geäußert hat. Sie werden aber durch die Videos unterstützt, die Antanas Z. unmittelbar nach der Tat in einer Tankstelle und in einem Supermarkt auf dem Siegener Heidenberg zeigen.
Wie von ihm ausgesagt, kaufte er dort Whisky und Wasser, versuchte außerdem, eine Telefonkarte zu bekommen. Z. bewegt sich ohne jede Hast, wartet geduldig in der Schlange, bezahlt. Zu hören ist nichts, Überwachungskameras zeichnen gewöhnlich keinen Ton auf.
Nicht mehr zu sehen ist, wie Z. sich auf den Weg zurück zum Haus macht und in der Nähe des Supermarkts von einer Zivilstreife gestellt wird. Dunkle Jacke mit Kapuze, weiße Hose – sie hätten ihn schnell als den gesuchten Verdächtigen identifiziert, berichtet ein junger Polizist in schwerfälligem Amtsdeutsch.
Die Tatwaffe
Es geht auch noch einmal um die Tatwaffe an diesem vierten Verhandlungstag, um das Messer, das Z. einen Waldhang „mit Schwung“ hinabgeworfen haben will. Anfangs habe er sogar behauptet, es einfach im Garten entsorgt zu haben. Dann sei von dem Hang die Rede gewesen, sagt ein Hagener Kripobeamter, der allerdings auch die Aussagen des Angeklagten und des Belastungszeugen aus Lettland verwechselt.
Trotz Suche mit Hunden und zum Teil mit Metalldetektoren sei im verschneiten Gelände nichts gefunden worden. „Vielleicht stand ja jemand im Wald und hat es aufgefangen“, denkt Richterin Elfriede Dreisbach hinterher laut ins Blaue.
Der Gutachter
Ohne das Messer steht nach wie vor Aussage gegen Aussage. Immerhin, sagt Gutachter Dr. Ralf Zweihoff, das Ergebnis der Obduktion passe zur Darstellung des Angeklagten. Das Messer ist auf der rechten Brustseite eingedrungen, der Stichkanal neun Zentimeter lang, waagerecht im Winkel von 15 Grad verlaufen, hat Knorpel und Rippenknochen durchdrungen und die Schlagader durchtrennt. Das erforderte einen großen Kraftaufwand.
Der Tod sei durch eine Herzdrucklähmung nach wenigen Minuten eingetreten. Die Darstellung des Zeugen, Z. sei im Gespräch nach einer Beleidigung aufgestanden und habe von oben nach unten gestochen, hätte einen anderen Stichkanal nach sich ziehen müssen.
Der Gerichtsmediziner hat auch den Angeklagten untersucht und Rötungen am Hals festgestellt. Das von Z. behauptete Würgen könne somit tatsächlich stattgefunden haben. Zur Intensität kann der Gutachter aber nichts sagen. Lebensgefährlich sei es zumindest, objektiv betrachtet, nicht gewesen.