Deuz. . Aus der Förderschule aus dem Sterndill ist das inklusive Bildungszentrum der AWO geworden. Für Mitarbeiter der Werkstatt. Für Fachkräfte in Schulen und Kitas. Und es gibt schon ein neues Projekt: ein Hotel.
Den Spaß haben sie sich gemacht. Der Giftschrank ist aus dem Chemieraum in die Verwaltung gekommen. Statt unbekömmlichem Pulver und stinkenden Flüssigkeiten bewahren sie jetzt Kaffee in dem Schrank mit dem Totenkopf auf. Aus der städtischen Förderschule auf dem Sterndill ist das Bildungszentrum der AWO geworden. Eins, was es in ganz Deutschland nicht gibt: die Berufsbildung für Menschen mit Behinderung und das Bildungszentrum für die Fachkräfte der AWO, gelegentlich auch „Akademie“ genannt, unter einem Dach. Ein „Haus für Perspektiven“.
Die Akademie
Die ehemaligen Klassenzimmer haben neue Namen. Aktionsraum, Kreativraum, Visionsraum. Im März haben hier die ersten Seminare begonnen. „Wir wollen deutlich mehr in die Ausbildung unserer Mitarbeiter investieren“, sagt AWO-Geschäftsführer Dr. Andreas Neumann. 1200 Frauen und Männer sind das, die hier ein Angebot vom Erste-Hilfe-Kurs bis zum Lehrgang zur Führungsfachkraft in der Sozialwirtschaft vorfinden. Uta Weißmüller leitet ein „inklusives Bildungszentrum“, wie sie betont. Denn es gibt durchaus Gelegenheiten, wo Fachkräfte und behinderte Mitarbeiter der Siegener Werkstätten gemeinsam lernen — zum Beispiel bei der Schulung für die Telefonzentrale in der Geschäftsstelle. „Dieses gemeinsame Lernen hat etwas Besonderes“, sagt Uta Weißmüller. Dr. Andreas Neumann erinnert sich, wie er an seiner früheren Wirkungsstätte dem Werkstattrat, der Vertretung der behinderten Mitarbeiter, eine Bilanz vorstellen sollte: „In leichter Sprache.“ Dankbar waren am Ende die nicht behinderten Teilnehmer – für eine erstmals verständliche Darstellung.
Die Lehrwerkstatt
Michael Dietermann ist der Chef in drei von vier Fluren: Die Berufsbildung nimmt langsam Fahrt auf, zum 1. September beginnt das erste Ausbildungsjahr. 75 meist junge Leute werden hier zwei Jahre lang für Helferberufe ausgebildet. Metall, Elektro, Holz, Garten- und Landschaftsbau, Verpackung und Montage: Das Dunkeltheater der Förderschule verwandelt sich gerade in die Holzwerkstatt, im Hauswirtschafts-Kursraum steht der Wäschetrockner neben dem Webstuhl.
Hier werden noch Unterrichts- und Werkräume eingerichtet, da schrauben und sägen schon die ersten Azubis mit ihren Meistern, die hier „FABs“ genannt werden: „Fachkräfte zur Arbeits- und Berufsförderung“. Voran geht eine dreimonatige Eingangsphase, in der die Fähigkeiten der angehenden Mitarbeiter erkundet werden. „Wir schauen, wie wir jeden weiter fördern können.“ Alle, die in dieser besonderen Lehrwerkstatt lernen, sind – arbeitsmarkttechnisch – „nicht erwerbsfähig“. Bisher qualifizierten sie sich dort, wo sie später auch arbeiten: in den Werkstätten für Behinderte. Die insgesamt 75 Plätze, die auf den Sterndill verlegt werden, sind dort nun frei – was die geplanten Anbauten in Deuz und Schameder vorerst überflüssig macht.
Das Hotel
Auf dem Tisch liegt der Plan für einen Anbau auf dem Sterndill: Sobald die Stadt Baurecht geschaffen hat und die Finanzierung durch Aktion Mensch und Landschaftsverband steht, beginnt der Bau eines 25-Betten-Garni-Hotels. Vor allem für auswärtige Akademie-Besucher — „bestimmte Qualifizierungen wollen wir auch für andere Träger anbieten“, sagt AWO-Geschäftsführer Dr. Andreas Neumann. „Es gibt großen Bedarf.“ Willkommen sein sollen auch Gäste, die hier nicht lernen, sondern Freizeit genießen wollen. Wanderer und Motorradfahrer zum Beispiel, die nach dem Frühstück weiterreisen, denn ein Restaurant wird es hier nicht geben. „Wir wollen nicht in den Revieren der örtlichen Gastronomie wildern.“
Das Hotel wird natürlich Integrationsbetrieb, in dem Menschen mit und ohne Behinderung zusammenarbeiten. Und die Azubis aus dem eigenen Haus: Frühstücksservice und Zimmerreinigung bieten sich als Aktionsfeld für die angehenden Hauswirtschaftshelfer geradezu an. So funktioniert das — mit dem „Haus für Perspektiven“.
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Info:
Die Stadt hat der AWO ein gut gepflegtes Gebäude verkauft. Etwa 160 000 Euro haben für Umbauten, zum Beispiel im Sanitärbereich, für die Kantine und die Buszufahrt, und die Einrichtung ausgereicht. Profitieren kann das Bildungszentrum auch von der benachbarten AWO-Schule: Am Sonnenhang gibt es eine Sporthalle und ein Schwimmbad.