Siegen. . Bereits zum dritten Mal bietet das Fundbüro der Stadt Siegen seinen Fundus bei einer Online-Auktion an. Trekkingräder, Modeschmuck und Handys sind nur die Spitze des Eisbergs.
Es ist ein wenig wie Weihnachten – aber im Sommer. Das Fundbüro der Stadt Siegen bietet seine Bestände zum dritten Mal in einer Online-Auktion an. Die stehen- und liegengelassenen Gegenstände fristen ihr Dasein derzeit noch in den Katakomben des Rathauses in der Oberstadt. Trekkingräder, Modeschmuck und diverse Handys suchen einen neuen Besitzer, der sie hoffentlich nicht vergisst. Weihnachtsmäßige Vorfreude ist garantiert, weil es alle zur Versteigerung feilgebotenen Fundstücke seit gestern bereits online zu sehen gibt. Bescherung ist allerdings erst am 11. September.
Das System
Geboten werden kann ab dem 1. September. Zur Voransicht sind die Stücke jetzt bereits freigeschaltet. Damit jeder Siegener lang genug Zeit hat, sein „neues“ Handy oder Fahrrad ausgiebig zu begutachten. Geboten wird auf der Webseite www.sonderauktionen.net – im entsprechenden Bereich der Stadt Siegen, auszuwählen über eine Kartenübersicht. Dabei startet jedes Auktionsstück mit einem festen Anfangspreis, der alle halbe Stunde fällt. Sobald der Wunschpreis erreicht ist, können die Auktionsteilnehmer zuschlagen. Im Extremfall bis auf das Minimalgebot von einem Euro – aber wer zu lange wartet, kann eben auch leer ausgehen.
Die Idee
Passend dazu hat sich unsere Redaktion zu einem virtuellen Schaufensterbummel entschieden, sich vorzustellen, was wir mit den Sachen anstellen würden, oder welche Geschichte die vergessenen Schätze wohl haben.
Tobias Schürmann: Weihnachtssocken der Frauen
14 Mützen, 14 Schals und Handschuhe für maximal 30 Euro – wenn das nicht verspäteter Winterschlussverkauf ist. Perfekte Geschenke für meine Freundin. Sie hat im Spätherbst Geburtstag. Das Set aus je einer Bommelmütze und einem modischen Schal kommt für die nächsten 14 Jahre bestimmt gut an. Solange sie es länger mit mir und den Geschenken aushalten sollte.
Oder ich revanchiere mich mit diesen modischen Accessoires für Socken zu Weihnachten. Mützen und Schals gelten in der Modebranche schließlich als die Weihnachtssocken für die Frau – nur mit mehr Stil. Wenn dann noch die Handschuhe dazu kommen, ist das Fest der Liebe endgültig gerettet. Ob’s bei der Auktion auch passendes Geschenkpapier gibt...?
Isabelle Weber: Katzenwäsche und Eulenliebe
Ich trockne mir mit meinem neuen Föhn die Haare, sehe mich in dem blankgeputzten Handspiegel an. Was da noch fehlt, ist augenscheinlich: eine Keramikkatze. Wer sich noch nie nach tierischer Gesellschaft im Badezimmer gesehnt hat, hat das liebevoll zusammengestellte Paket nicht verstanden. Ich stelle mir vor, wie ich ihren zur Seite geneigten Kopf in meine Richtung drehe, während meine Haare durch das Zimmer wehen.
Sie wird mir keine toten Mäuse vor die Haustür legen und ihr Fell wird nie schmutzig, sondern schimmernd weiß bleiben. Was ist nach Katzen das hippste Tier momentan? Richtig, eine Eule im Leonardo-Glas. Ich höre meine Mutter sagen „Leonardo-Gläser sind die einzig Wahren“ und weiß jetzt, wovon sie immer spricht.
Florian Adam: Krücken der Weltliteratur
Neun Krücken und Gehstöcke im Paket? Das kann kein Zufall sein. Wer „Herr der Ringe“ kennt, bei dem lässt die Zahl alle Glocken schrillen: „Den Sterblichen, ewig dem Tode verfallen, neun“. Es könnte sich um die „Krücken und Gehstöcke der Macht“ halten, Pendant zu den Ringen aus Tolkiens Meisterwerk. Während nämlich neun Menschenkönige je einen der besonderen Ringe erhielten, bekamen ihre betagten Großväter die wesentlich praktischeren Gehhilfen.
Das habe ich mal irgendwo gelesen, glaube ich. Oder gehört. Jedenfalls waren diese neun Preziosen immer verschollen, und in Siegen klärt sich ihr Schicksal nun auf. Wer diese Stöcke besitzt, kann die Welt verändern! Vielleicht braucht er aber auch nur eine Menge Platz, um die sperrigen Dinger zu lagern.
Hendrik Schulz: Reisen nur mit vielen Münzen
Was man mit einer 10-Euro-Münze, einer 2-Mark-Münze und allerhand Briefmarken nicht alles anfangen kann! Umgehend die Münzen per Post verschicken, zum Beispiel, weil man feststellt, dass man den Bimbes doch nicht braucht. Oder den Grundstock legen für eine Münz-Briefmarken-Sammlung nie dagewesener Größe und Machart.
Aller Wahrscheinlichkeit nach werde ich das Geld, für das ich viel Geld werde bezahlt haben, in eine Reise investieren und dabei dem Ziel folgen, das mir die Euromünze vorgibt: Schloss Rosenborg ist ins Silber graviert, leider auf der Rückseite. Dann lieber doch das Wasserschloss auf den Briefmarken? Aus denen falte ich mir vor Ort ein Boot, zum Hinschwimmen. Hase Felix kommt mit. Der war da noch nicht.
Julian Kaiser: 22 Schirme für den Spätsommer
Es ist ein klassischer Siegener Sommer. Ohne Regenschirm geht in dieser Phase des Jahres wenig bis gar nichts. Trotzdem muss ich mich jeden Morgen auf die Suche nach meinem einzigen Begleiter im Regen machen. Damit ist jetzt Schluss. 22 Regenschirme zum Preis von maximal 30 Euro warten auf mich. Pünktlich zum nichts mehr versprechenden Spätsommer. Der einzige Wermutstropfen an der Sache ist, dass es immer noch neun Schirme zu wenig sind, um an jedem regnerischen Tag im Oktober mit einem neuen Exemplar vor die Tür zu treten. Doch das Sprichwort „Mut ist wie ein Regenschirm. Wenn man ihn am dringendsten braucht, fehlt er einem“ hat sich für mich erledigt.
Jens Plaum: Lesen bildet – manchmal
Wer schon immer wissen wollte, wie es klingt, wenn Tote schweigen, könnte zu Todd Ritters „Das Schweigen der Toten“ greifen – im Laden übrigens für 5,99 Euro zu haben. Wem das zu blöd ist, kann sich von Gott weiß wem erzählen lassen, wie es sich als Unsichtbarer lebt. Wer selbst das nicht mag, findet zumindest Gefallen an „Algebra für Wirtschaftsschulen“. Und wer fürchtet, irgendwann Günther Jauch gegenüber sitzen zu müssen und als Telefonjoker nur diesen Trunkenbold vom Hauptbahnhof als – womöglich zweifelhaften – Trumpf in der Hinterhand zu haben, der freut sich garantiert über das Studium des „Fischer Weltalmanachs“ aus dem Jahr 2012.
Steffen Schwab: Warum gehen so viele Bikes verloren?
Es gibt neue Radwege in Siegen, die mir mit meinem Tourenrad zu mühsam sind. Die Bergauf-Pisten auf den Haardter Berg und den Giersberg rufen nach einem Mountain-Bike. 28 sind in der Auktion, darunter das traurige Exemplar ohne Vorderrad. Fahrräder sind übrigens in der Versteigerung am stärksten vertreten: 48 von insgesamt 108 Artikeln, mit den Mountain-Bikes als stärkster „Fraktion“, weit vor Touren-, Jugend- und Kinderrädern. Auf den ersten Blick macht das nachdenklich: Wie kann man in der angehenden Fahrradstadt so viele Fahrräder verlieren? Auf den zweiten Blick wird alles klar. Fast überall ist die Gangschaltung kaputt. Ein Hinterrad gibt es sogar zur „8“ gebogen. Liegt wohl am Straßenzustand.