Siegen-Wittgenstein. .
Warum nicht einfach „Technologiezentrum“? Die Frage nach dem neuen Firmennamen ist noch nicht entschieden, Aber, so fragt Landrat Andreas Müller, warum nicht „zum neuen Start ein bisschen Vorschuss aus der alten Zeit nehmen“?
Technologiezentrum: Das ist der kurz auch „Tezett“ genannte Gebäudekomplex an der Birlenbacher Straße, zu dem längst auch das alte Verwaltungsgebäude der ehemaligen „Siegener AG“ gehört, das im Volksmund zur „Bildungsvilla“ geworden ist, und das daneben errichtete Bürogebäude („Blauer Bock“). 1985 war das TZ als ein Ort für Firmengründer erfunden worden. Und das soll er auch wieder werden: Ein „Inkubator“ für Ideen, die zur Geschäftsidee reifen.
Was ist der Anlass zum Planen für ein „neues“ Technologiezentrum?
Die Neuordnung der Wirtschaftsförderung, für die der Kreistag vor Ostern, wie berichtet, in einer Kampfabstimmung grünes Licht gegeben hat. Kern ist die Quasi-Auflösung der KM:SI GmbH, der gemeinsamen Wirtschaftsförderungsgesellschaft von Kreis, Stadt Siegen, Sparkasse, Volksbank, Uni und IHK, die auch das TZ verwaltet.
Der Kreis will die Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung unter (s)ein Dach zurückholen. Damit, so Müller, bekommt der Kreistag die Hoheit über dieses Politikfeld zurück, die er 2007 abgegeben hat. Damals brauchte das in eine finanzielle Schieflage geratene TZ eine Kapitalspritze, in der neuen Wirtschaftsförderungsgesellschaft „Kompetenzregion Mittelstand: Siegen-Wittgenstein“ wurde der Kreis Siegen-Wittgenstein Minderheitsgesellschafter und Hauptfinanzier zugleich. „Erwartungen an den betriebs- und finanzwirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens, so Müller in seiner Vorlage an den Kreistag, hätten „nicht realisiert werden“ können.
Künftig werde die Politik festlegen, „welche Aufgaben der Kreis in diesem Handlungsfeld wahrnehmen und welche Ziele er damit erreichen soll“. Wobei, wie der Landrat auch betont, es sich „fast ausschließlich“ um freiwillig wahrgenommene Aufgaben handelt — sprich: Wer Mittel kürzen will, kann das dort am leichtesten tun.
Was wird sich ändern in Geisweid?
Sichtbar die Besetzung der Räume im Technologiezentrum, was aber mit dem politischen Kurswechsel gar nichts zu tun hat: Der Kreis rechnet damit, dass die groß und stark gewordenen Gründer von einst, die längst Dauermieter geworden sind, in den neuen Science-Campus auf den Haardter Berg umziehen. „Das kann man als große Chance des Umbruchs sehen.“ Denn die Räume für Hochschulabsolventen, die sich selbstständig machen wollen, sind knapp. Die „Gründerschmiede“ im ehemaligen Weidenauer Sparkassengebäude führe Wartelisten, weiß Andreas Müller: Junge Gründer, die dann schon nach zwölf Monaten „viel zu früh in die Welt entlassen“ würden, verließen die Region dann gleich ganz: „Dafür gibt es Dutzende Beispiele.“
Die zweite Veränderung findet hinter den Kulissen statt. Neuer Hauptgesellschafter der KM:SI, die dann vielleicht wieder TZ GmbH heißt, soll die Kreissiedlungsgesellschaft werden, indem sie den ausscheidenden Gesellschaftern ihre Anteile von insgesamt 560 000 Euro auszahlt. Eine Lösung muss für die Mitarbeiter gesucht werden, die — nachdem ein Großteil schon im Herbst 2014 in den neuen Fachservice „Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung“ ins Kreishaus zurückgekehrt ist — noch bei KM:SI in der Birlenbacher Straße arbeiten. „Die Aufgaben sind da“, sagt Andreas Müller — entweder im Kreishaus oder bei der KSG.
Was sind die Schwerpunkte der Wirtschaftsförderung in Siegen-Wittgenstein?
Landrat Andreas Müller nennt den Ausbau der Infrastruktur (Verkehr und digital), das Regionalmarketing, die Unterstützung von Firmengründungen — dort vor allem eine größere Vielfalt der Branchen: Die Uni bilde Studierende in einer Vielzahl von Disziplinen aus. „Aber viele können hier kein Brot verdienen.“ Wachsende Bedeutung werde die Regelung von Nachfolgen bekommen. In etwa 30 Prozent der oft eigentümer- oder familiengeführten Unternehmen im Kreis stehe der Generationenwechsel in den nächsten Jahren an. „Und da sind wir nicht besonders gut aufgestellt.“
Außerhalb der Verwaltung sollen der Verein Startpunkt 57 als Gründer-Initiative und die IHK bei der Begleitung von Branchennetzwerken bisher von KM:SI wahrgenommene Aufgaben übernehmen.
Beim Kreis angesiedelt ist die Beschäftigungsförderung mit der Regionalagentur, dem Beratungsservice Weiterbildung und dem Kompetenzzentrum Frau und Beruf, für das der Landrat eine große Aufgabe sieht: „Wir haben nach wie vor die geringste Frauenerwerbstätigkeit in NRW“, 65 Prozent der Frauen in Siegen-Wittgenstein nähmen am Erwerbsleben nicht teil.
Das gemeinsam mit der Agentur für Arbeit getragene Jobcenter will der Landrat für die Attraktivierung der zeitweise verschrieenen Arbeitsgelegenheiten („1-Euro-Jobs“), für die Einstiegsqualifizierung und für ein öffentlich gefördertes Beschäftigungsprogramm eintreten. Förderinstrumente würden derzeit geschaffen, „in den nächsten Quartalen werden wir den einen oder anderen Baustein vorlegen.“