Kreuztal. .
Es wird nicht Fellinghausen. Auch nicht Buschhütten. Sondern Junkernhees. Das ist die Überraschung, mit der Amprion in der Weißen Villa aufwartet: Das Umspannwerk, an dem die 110-kV-Leitung nach Siegen an die neue Höchstspannungsleitung angebunden wird, entsteht in der Dönischen Wiese. Das Grundstück am anderen Ufer des Heesbachs, neben dem Forellenteich an dem nach Oberhees führenden Wirtschaftsweg, ist bereits im Besitz des Stromnetzbetreibers.
Die Räume im ersten Stock der Weißen Villa füllen sich schnell und gut — waren am Montag beim ersten Info-Termin in Alchen um die hundert Interessierte zugegen, kam in Kreuztal schon in der ersten halben Stunde fast doppelt so viele Bürger. „Wir wollen transparent informieren, was die Menschen erwartet, wenn unsere Planung realisiert wird“, sagt Claas Hammes, Projektsprecher bei Amprion. Gewartet hatten die Kreuztaler darauf schon lange. Vor allem auf das Ergebnis der jahrelangen Standortsuche für das Umspannwerk.
Was wird gebaut?
Eigentlich so etwas wie eine Autobahn für Strom, erklärt Claas Hammes. Keine neue, sondern die Erweiterung einer bestehenden Straße. Nur eben nicht von zwei auf drei Spuren, sondern von 220 auf 380 Kilovolt Spannung. Die sich auch nicht in Kabeln befindet (Hammes: „Die liegen unter der Erde“), sondern in Seilen. So weit die Fachsprache. Die Masten der Trasse, die von Altenkleusheim über die Krombacher Höhe ins Siegerland kommt und das Kreisgebiet über das Heestal, Meiswinkel, Niederholzklau, Alchen, Seelbach und Oberschelden durchquert, werden höher. Dafür wird ihre Zahl kleiner, bisher nebeneinander gebaute Leitungen verschiedener Betreiber (Bahn, Westnetz, Amprion) teilen sich die neuen Masten. Konkret: 203 Masten stehen zukünftig an der Trasse zwischen Attendorn und Mudersbach, 220 weniger als bisher. In Kreuztal bleiben von den 69 alten Masten zehn stehen, 22 werden neu gebaut, in allen Größenklassen. Die vier höchsten, bis zu 95 Meter hoch, werden im Umfeld des neuen Umspannwerks stehen.
Was ist über das Umspannwerk bekannt?
Es wird „erheblich kleiner“ als die Anlage in Altenkleusheim, sagt Claas Hammes. Noch wird an Details gearbeitet. Fest steht: Die Transformatoren verschwinden in einem Gebäude, etwa 50 Meter lang, etwa 30 Meter breit. Insgesamt wird die Anlage 120 mal 60 Meter Fläche belegen-
Gab es Alternativen?
Bürger fragen nach Erdkabeln – die Amprion-Experten verweisen auf erste Pilotstrecken, wo die Wechselstrom-Leitungen im Untergrund versenkt werden. In einem aber immerhin auch 24 Meter breiten Graben. Und dann gab es die Möglichkeit, die Leitung auf ihrer alten Strecke nach Geisweid weiterzuführen und erst dort, am vorhandenen Umspannwerk Setzerwiese, das 110-KV-Netz anzubinden: Sechs Kilometer mehr Höchstspannungsschneise mit 30 Meter breiterem Schutzstreifen zum Wald und fünf neuen Masten unmittelbar neben Wohngebieten. „Das Tal ist viel zu eng“, wendet ein Bürger ein.
Was sagen die Kreuztaler?
Gelegenheit zur Stellungnahme bietet das Planfeststellungsverfahren, das erst noch beginnt. Vorab eingeweiht wurden Politik und Verwaltung. „Der Standort scheint mir der geeignetste zu sein“, sagt CDU-Fraktionschef Arne Siebel, der den Leitungsbau („Es wurde dringend Zeit“) begrüßt: „Wenn wir als Industrieregion weiter funktionieren wollen. Und wenn wir die Energiewende wollen.“ Bürgermeister Walter Kiß ist zurückhaltend: „Es wird jetzt die Aufgabe sein, das kleinere Übel zu suchen.“ Zum Umspannwerk, so Kiß, gehören auch die hohen Masten der zu- und abführenden Leitungen. Das sei, „gerade im Umfeld eines unsere liebsten Baudenkmäler, nicht so glücklich.“
Wann wird die Leitung gebaut?
Claas Hammes nennt die Jahre 2020 bis 2022, „wenn alle gut zusammenarbeiten“. Und niemand klagt. Für das Umspannwerk selbst peilt Amprion einen Baubeginn im nächsten Jahr an.
Verbindung zwischen Dortmund und Frankfurt
Die 43 Kilometer lange Höchstspannungsleitung von Attendorn an die Landesgrenze bei Mudersbach ist Teilabschnitt C der 113 Kilometer langen 380-kV-Leitung, die von Dortmund-Kruckel nach Dauersberg bei Betzdorf gebaut wird. Diese Strecke wiederum steht als Projekt 19 im Energieleitungsausbaugesetz des Bundes.
Verbunden ist die Leitung Kruckel-Dauersberg mit der Leitung Dauersfeld-Hünfelden, die bereits in Betrieb ist (Projekt 20). Beide Leitungen zusammen stellen die Verbindung zwischen Dortmund und Frankfurt her.
Die zusätzliche Transportkapazität wird für Strom gebraucht, der im Norden Deutschland erzeugt wird (Windenergie von der Küste, konventionelle Energie aus Kraftwerken im Ruhrgebiet und in Westfalen) und im Süden verbraucht wird.