Hilchenbach. .

Monumente der Weltliteratur. Im Flug über Deutschland. Malerisches Europa. Birgit Latz sortiert. „Ich habe mal wieder Bücher geschenkt gekriegt.“ Manches Exemplar wird noch einen Platz in den Regalen der Hilchenbacher Stadtbücherei finden. Andere Wälzer werden auf einem der halbjährlichen Bücherflohmärkte verkauft, damit aus dem Erlös neue Literatur beschafft werden kann. „Meine Stammkunden wissen das“, sagt die Büchereileiterin — entsprechend passgenau kommen die Geschenke an. „Das hier“, sagt Birgit Latz nach einem Blick in ein stadtgeschichtliches Werk, „könnte den Reinhard interessieren.“ Reinhard Gämlich ist der Stadtarchivar. Er hat sein Büro nebenan. Und den Keller der Wilhelmsburg voll mit Stadtgeschichte.

Was geht in der Stadtbücherei?

Nicht mehr ganz so viel wie noch vor ein paar Jahren. Die Zahl der Entleihungen ist von fast 37 000 im Jahr 2013 auf genau 32 186 im Jahr 2015 zurückgegangen, einschließlich der 2310 digitalen E-Books aus der seit 2012 angebotene „Onleihe“. Das könnten mehr sein, meint Birgit Latz. Das Stammpublikum hält es eher mit dem gedruckten Wort. Wobei, wohl dank aktuellerem Stoff im Netz, die Sachbücher eine immer geringere Rolle spielen, Biografien, Erziehungsratgeber und Kochbücher einmal ausgenommen. Auch der Nachwuchs hält sich zurück. „Früher war die Bücherei nachmittags Treffpunkt für Kinder.“ Heute sind sie nachmittags in der Schule, die im Idealfall selbst eine gut ausgestattete Bücherei hat.

Wie lange hält sich ein Buch im Regal?

30 bis 40 Ausleihen lang, „wenn man es gut behandelt“. Klassiker wie Märchen oder „Das Parfüm“ nahezu ewig, auch wenn sie seltener ausgeliehen werden. Eintagsfliegen nicht so lang: „Die sind spätestens nach fünf Jahren wieder vergessen.“ Kurzlebigstes Medium sind die Zeitschriften – aber auch diesen Bestand pflegt Birgit Latz: Leserinnen und Leser schätzen es, dass sie teure Zeitschriften wie „Geo“ oder „Psychologie heute“ ausleihen können. Ja – die Bravo, inzwischen nur noch 14-tägig erscheinend, hat die Hilchenbacher Bücherei auch noch. „Dann müssen die Kinder wenigstens nicht ihr Taschengeld dafür ausgeben“, sagt Birgit Latz. Gelesen wird die „Bunte für Kinder“ nicht mehr so oft, ihren Rang als Nummer eins unter den Aufklärungsmedien hat die Bravo eindeutig verloren.

Was ist neu?

Der Bestand, der sich an Migranten und an ihre Unterstützer wendet, wird größer. Da sind die Materialien für ehrenamtliche Sprachlehrer — „viele Flüchtlinge warten auf den Sprachkurs, möchten aber schon mal anfangen.“ Da sind die Online-Vokabelhelfer, gut einsetzbar mit Kopfhörer am PC-Arbeitsplatz der Bücherei. Schließlich die mehrsprachigen Refugee-Guides und, dank Bundeszentrale für politische Bildung, das Grundgesetz auf Arabisch. Literatur schafft Birgit Latz am liebsten in zweisprachigen Ausgaben an, damit die Bücherei nicht nur von der — in Hilchenbach naturgemäß kleinen — Gruppe der jeweiligen Nationalität gelesen werden kann.

Was ist die rote Wand?

Eine rote Wand, an der, seit vorigen Sommer, jeden Monat andere „Stöbereien“ zu bestimmten Themen präsentiert werden. Gerade sind die Autoren dran, die aus dem Siegerland stammen oder hier leben — was zum Beispiel den prominenten Orientalisten Navid Kermani und den Dilldappen-Schöpfer und Karikaturisten Matthias Kringe miteinander verbindet. Besonders präsentiert werden auch immer die belletristischen Neuerwerbungen („Damit die Stammkunden nicht so lange suchen müssen“) und neue Sachbücher: „Natürlich gebe ich nicht auf.“

Kann man in der Bücherei eigentlich nur lesen?

Man kann sich auch vorlesen lassen bei den monatlichen Vorlesestunden der Lesepatin Doris Bahr. Oder spielen — einmal im Monat versammelt Christa Kühn ihre Senioren-Spielgruppe. Im Sommer gab es für die Kinder erstmals ein „Quiz dich durch die Bücherei“. Ein Ergebnis, die selbst gebastelten Lesezeichen, ist in der Vitrine ausgestellt. Immer größer wird die Filmecke: Jede DVD wird im Schnitt 4,1 Mal im Jahr ausgeliehen, doppelt so oft wie das Durchschnitts-Medium. Vom Sachbuch, das 0,8 Mal im Jahr gefragt ist, ganz zu schweigen — manches Wissen bleibt eben unberührt im Regal stehen. Eine junge Büchereikundin hat sich gerade versorgt: An den nächsten Abenden gibt es Wallace und Grommit, das Ossi-Roadmovie Friendship und Mamma Mia.

Bücherei in Zahlen 

16 596 Medien sind im Bestand, die im vorigen Jahr 32 196 Mal ausgeliehen wurden.

9000 Europro Jahr stehen in der Regel für Anschaffungen zur Verfügung. Von der Stadt kommen 5000 Euro. 2500 Euro werden an Gebühren eingespielt, Sparkasse und Wilhelmsburg-Förderverein spenden, und ein paar Euro bringen dann auch noch die Flohmärkte.

2877 Leserinnen und Leser sind registriert. 120 haben sich im vorigen Jahr neu angemeldet, darunter 68 Kinder und Jugendliche unter 18. 11 962 Gäste haben die Bücherei besucht.

129 Mal wurde die Zeitschrift „Living at Home“ ausgeliehen — so oft gefragt war kein anderer Titel. Die anderen Spitzenreiter sind: bei den DVDs „Ein Pferd fürs Leben“, bei den CDs „Bibi Blocksberg“, bei den Sachbüchern das „Handbuch Gewaltprävention“, bei den Kinderbüchern „Mama Muh geht schwimmen“ fast gleich auf mit „Greg’s Tagebuch“ und der „Geheimnisvollen Verwandlung“. Lieblingsschmöker der Erwachsenen war die „Geheimnisvolle Verwandlung“.