Siegen. . In Siegen und Niederschelden-Nord rückt Barrierefreiheit an den Bahnhöfen näher. In Weidenau bleibt sie in weiter Ferne - aus altbekannten Gründen.
Die aktuellen Baumaßnahmen an den Bahnhöfen in Siegen und Niederschelden-Nord sollen barrierefreies Reisen in der Stadt Siegen deutlich voranbringen. Wenn nur einige alte Ärgernisse nicht bestehen blieben! Ein Überblick.
Weidenau
„Ich finde es eine Unverschämtheit von der Bahn, dass da nichts getan wird“, sagt Rainer Damerius, Behindertenbeauftragter der Stadt Siegen. Wer die Treppen, die vom Bahnsteig wegführen, nicht überwinden kann – für den gibt es seit vielen Jahren einen Aufzug. Nur: Um den verschlossenen Lift zu benutzen, muss 24 Stunden im Voraus Personal angefordert werden, das dann mit Schlüssel auf den Fahrgast wartet.
Einerseits macht das Rollenstuhlfahrern aber jede Spontanität unmöglich, wenn es um Fahrten nach Weidenau geht. Und andererseits sind Damerius Fälle bekannt, in denen Züge sich so sehr verspätet haben, dass das Personal mit dem Schlüssel zwar weg war – die Menschen mit der Mobilitätseinschränkung aber dennoch am Bahnsteig standen. In solchen Fällen bleibt dann nur, mit dem nächsten Zug nach Kreuztal zu fahren und von dort den Bus zurück nach Weidenau zu nehmen. Die Variante mit der Personalanforderung sei „überhaupt keine gangbare Lösung“, sagt Damerius. „Das hat mit Barrierefreiheit nichts zu tun.“
Alternativen gäbe es. „Das Schließsystem vom Club Behinderter und ihrer Freunde wäre eine mögliche Lösung“, sagt Damerius. Die Besitzer eines so genannten Euroschlüssels können dank europaweiter Standardisierung viele behindertengerechte Anlagen und Toiletten aufschließen. Nachteil, so Damerius: „Das hilft Menschen mit Kinderwagen oder schwerem Gepäck nicht.“
Die Bahn bestätigt auf Nachfrage, dass es bei der aktuellen Handhabung bis auf Weiteres bleiben wird: „Eine andere Lösung ist derzeit leider nicht absehbar.“
Siegen-Hauptbahnhof
Seit Sommer 2015 laufen am Bahnhof Siegen die Bauarbeiten im Zuge der Modernisierungsoffensive (MOF) 2. Rund 14 Millionen geben Land, Bund und Bahn aus, wobei „ein Schwerpunkt auf dem barrierefreien Ausbau“ liegt, wie das Unternehmen schreibt. Die Bahnsteige werden auf 76 Zentimeter angehoben, um einen stufenlosen Ein- und Ausstieg zu erreichen. „Mit einer neuen Personenüberführung mit drei Aufzuganlagen werden alle Bahnsteige barrierefrei erschlossen“, heißt es in einer Mitteilung. Von Schlüsseln und Personalbedarf zur Bedienung der Lifte ist nichts erwähnt. Mit Mitteln des Zweckverbands Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) wird die Überführung außerdem über die komplette Breite der Gleise bis zum Fischbacherberg verlängert.
Nach Einschätzung von Rainer Damerius wird sich mit der Gesamtmaßnahme, deren Abschluss für das Jahr 2017 geplant ist, in der Tat viel verbessern. Kleiner Kritikpunkt: „Die Brückenlösung ist sehr weit nach hinten gezogen“, sagt Damerius. Für Menschen mit Rollatoren, Krücken oder schweren Koffern sei dies suboptimal, da sich dadurch die Wege gerade zu Gleis 55 sehr verlängern.
Niederschelden-Nord
Die Station Niederschelden-Nord erhält innerhalb der im Dezember gestarteten Baumaßnahme höhere Bahnsteige. Im kommenden Sommer könnten diese fertig sein.
Geisweid
An dieser Bahnstation sei die Realisierung von Barrierefreiheit „wegen der baulichen Voraussetzungen schwierig“, räumt Damerius ein. „Seit der Modernisierung des Bahnhofs Geisweid ist ein stufenfreier Ein- und Ausstieg von den Bahnsteigen möglich“, schreibt die Bahn. Aber „der Zugang kann aufgrund der örtlichen Gegebenheiten leider nicht barrierefrei gestaltet werden“. Damit ist die Nutzung der Haltestelle zwar insgesamt komfortabler – doch wer Treppen nicht überwinden kann, steht unverändert vor einem Problem.
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