Netphen. .
Die CDU-Fraktion ist mit ihrem Antrag gescheitert, die seit einem Jahr vakante Stelle eines Beigeordneten auszuschreiben. Der Rat hat dies am Donnerstag in geheimer Abstimmung mit 20 gegen 15 Stimmen abgelehnt. Die CDU selbst ist mit 14 Stadtverordneten vertreten — sollten diese alle mit der eigenen Fraktion gestimmt haben, wäre nur eine Stimme aus den Reihen von FDP und Grünen dazugekommen. Beide Fraktionen hatten sich im Vorfeld allerdings für die Ausschreibung ausgesprochen, für die es 2014 auch eine Mehrheit gegeben hatte.
Während es 2014 allerdings noch darum ging, einen neuen Kämmerer zu suchen, waren jetzt die Weichen anders gestellt: In dem Jahr der Vakanz hatte Bürgermeister Paul Wagener den Rat dafür gewonnen, Bau-Fachbereichsleiter Erwin Rahrbach zu seinem allgemeinen Vertreter und Hans-Georg Rosemann zum Kämmerer zu ernennen. Wagener selbst hatte das Finanzwesen und die Bereiche für Schule und Soziales an sich gezogen, sodass vom ehemaligen Dezernat des Beigeordneten nicht mehr viel übrig war.
Erwin Rahrbach bleibt Bau-Chef
„Sehr ärgerlich“ nannte dies CDU-Fraktionschefin Alexandra Wunderlich und wandte sich direkt an den Bürgermeister: „Damit würgen Sie dem Herrn Rahrbach einen rein.“ So begründete die CDU-Sprecherin nämlich den Antrag, dem künftigen Beigeordneten das komplette Bauwesen sowie den Immobilienservice aus dem Fachbereich des ehemaligen Beigeordneten zu übertragen. Rahrbach selbst könne sich aus Altersgründen nicht mehr um die Position bewerben: „Wir hätten ihn ohne Zweifel sofort aufgefordert.“
„Das hat er nicht verdient“, erwiderte Manfred Heinz (SPD), „Sie versetzen einem verdienten Mitarbeiter einen Schlag ins Gesicht.“ Rahrbach solle zweiter Mann im Verwaltungsvorstand bleiben, der Rat auf einen neuen „politischen Kontrolleur“ verzichten. „Es geht nicht darum, dem Bürgermeister ins Handwerk zu pfuschen“, beteuerte Wolfgang Decker (CDU) deutete an, dass es eine Lösung gebe: „Geben Sie ruhig zwei Ämter ab“, forderte er den Bürgermeister auf. Dann könne der neue Beigeordnete ein angemessenes Aufgabengebiet übernehmen, ohne dass ein Eingriff ins Baudezernat erforderlich sei.
Bürgermeister Wagener dachte allerdings nicht daran, die führende Ratsfraktion aus dem Dilemma zu befreien — immerhin ist Erwin Rahrbach auch Mitglied der CDU. Er verwies darauf, dass der Rat genauso mitrede, wenn ein Laufbahnbeamter wie Rahrbach mit der allgemeinen Vertretung beauftragt werde. Auch die Gemeinden im südlichen Siegerland kämen mittlerweile ohne die Wahlbeamten aus. In Wilnsdorf habe Bürgermeisterin Christa Schuppler ebenfalls die Finanzen in ihr Dezernat geholt, anders als in Netphen sei dort der Kämmerer noch nicht einmal vom Rat gewählt, sondern von der Bürgermeisterin beauftragt. „Ich bin in guter Gesellschaft mit einer sehr netten Kollegin.“
Hätte sich im Rat eine Mehrheit für die Ausschreibung gefunden, wäre der nächste Konflikt absehbar gewesen. Gegen den vorgesehenen Beschluss über die Dezernatsverteilung habe er „rechtliche Bedenken“, hatte Wagener angedeutet. Bereits die erste Stellenausschreibung war gescheitert, weil sie als unzulässiger Eingriff in die Hoheit des Bürgermeisters rechtswidrig war.
Die Netphener Verwaltung ist in drei Dezernate („Fachbereiche“) gegliedert, von denen bisher eines der Beigeordnete als Kämmerer und eines der Bürgermeister führte. Bis 2001 war auch das Bauwesen einer Beigeordneten unterstellt. Übrig bleibt jetzt mit dem Bürgermeister nur noch ein politischer Beamter.