Hilchenbach. Junior-Ingenieur-Akademie bei SMS Siemag: Manchmal geht das Konzept sogar zu gut auf.

Lauter junge Ingenieure. Heute lernen die 15 Mädchen und Jungen aus den 8. Klassen etwas über den Zusammenhang von Kraft und Materialbearbeitung. Und zwar selbst, mit Säge und Feile. Nicht im Physikraum in Stift Keppel, sondern in Lernwerk von SMS Siemag. „Die Unterschiede kennt ihr doch?“, fragt Ausbilder Tobias Flender, als er die Blättchen aus Messing, Stahl, Kupfer und Aluminium verteilt. Klar. Stahl, meldet sich einer, „ist sehr hart. Und er rostet.“

Die Junior-Ingenieur-Akademie, der zweite Zwei-Jahres-Durchgang. Die 15 trennen noch gut anderthalb Schuljahre von dem Zertifikat. Spannende Stunden in der Werkstatt, die sie im nächsten Jahr selbst in der Schule einrichten, um dort zum Beispiel kleine Autos zu bauen. Und die Exkursionen natürlich. Zu Ejot, den Edelstahlwerken, an die Uni, immer wieder zu SMS, erstmals auch ins Müsener Bergwerk, zu den Anfängen der Eisenerzgewinnung. „Damit sie einen Einblick bekommen, wie sich das geschichtlich entwickelt hat“, sagt Physiklehrer Markus Diehl.

Erst einmal sägen

Tobias Flender lässt die jungen Besucher mit Schnittschutzhandschuhen ausstatten und lässt sich die Belehrung über die Sicherheitsvorschriften quittieren. „Immer schön einspannen, dann passiert euch auch nichts“, mahnt der Ausbilder, „und die Späne bitte nicht wegpusten,“ die könnten sonst ins Auge gehen. „Wir haben auch einen Handfeger.“

Fünf Azubis, alle angehende Industriemechaniker des ersten Ausbildungsjahrgangs, führen die jüngeren Besucher an die Werkbänke. „Das Schlimme ist, dass das auch noch rund ist“, seufzt Antonia, die an einem Frosch herumsägt. „Der schneidet nur, wenn man schiebt“, rät Dr. Heinz Hopfenziz zur eher koordinierten Bewegung, „so — jetzt hast du’s raus.“ Der Ingenieurwissenschaftler, der im aktiven Berufsleben in der Unternehmensleitung von SMS gearbeitet hat, hat das Konzept der Junior-Ingenieur-Akademie mitentwickelt. „Wir hoffen, die Mädchen für den Ingenieurberuf zu gewinnen“, sagt Hopfenziz. An der Uni ist das Studium noch Männer-Domäne. Hier, in Stift Keppel, stellen Mädchen immerhin schon ein Drittel der Akademie.

Florian sägt einigermaßen geschmeidig an einem Aluminiumblech. „Weil’s weich ist“,, begründet er seine Wahl. Seiner Nachbarin hilft das nichts, die sich an einem Messing­ stück abmüht: „Ich möchte einen goldenen Bären haben.“ Dann ist das halt so. Markus Diehl trifft zwischen den Werkbänken einen Bekannten, der im ersten Durchgang der Akademie dabei war und Lust auf mehr bekommen hat. Edmond ist heute schon länger hier, so wie acht Mitschüler auch. Die Zehntklässler leisten hier ein zweiwöchiges Betriebspraktikum ab. Um 7 Uhr gehts morgens schon los. Dafür ist um Viertel vor drei Feierabend. „Also genau jetzt.“

Die 15 bleiben noch mit ihren Schweinchen, Häschen und Schildkröten. Lauter Ingenieure? Zwei aus der ersten Gruppe hatten es gar nicht abwarten können. Sie haben sich in Keppel abgemeldet — und besuchen jetzt das Technische Gymnasium am Berufskolleg.

Seit 2014 ist Stift Keppel offiziell Mitglied im Netzwerk der 75 Junior-Ingenieur-Akademien, die von der Telekom-Stiftung gefördert werden.

10 000 Euro betrug die Anschubfinanzierung. Davon wird nicht nur die Werkstatt eingerichtet, sondern auch ein Röntgengerät zur Materialprüfung beschafft.

Folgen Sie uns auch auf Facebook.