Eichen. Gezim Ajeti aus Eichen ist Keksfabrikant. Seine Plätzchen sollen auch unbedingt so aussehen, mal größer, mal kleiner, nicht nach industrieller Fertigung.

In diesem Laden duftet es Kindheit. Nach Vanille, Teigausschlecken und Oma mit Schürze, die in einer Schüssel rührt. Hmmm. „Mit Zucker?“, fragt Gezim Ajeti (34, ohne Schürze) und meint den Espresso, der gerade zäh in eine weiße Tasse fließt. Ajeti ist Keksfabrikant.

Keksfabrikant. Wie das klingt. Nach einer Zeit, in der Friseure Barbiere hießen und Putzmacher feine Damen ausstaffierten. Es gibt nicht mehr viele Bäckereien, die sich auf Gebäck spezialisiert haben, erzählt Ajeti. „Auf handgemachte Kekse.“ Er betont dabei die Silbe Hand. Seine Plätzchen sollen auch unbedingt so aussehen, mal größer, mal kleiner, nicht nach industrieller Fertigung. Eben nach der Oma mit Schüssel und Schürze.

Gezim Ajeti setzt sich auf einen Hocker im Büro. Die letzten Bleche für heute hat er eben in den Ofen geschoben. Im Regal hinter ihm stehen Bücher mit Rezepten. „Kekse waren schon immer meins“, sagt er und lässt Zucker in seinen Kaffee rieseln. Während seiner Bäckerlehre probierte er so viele Ideen aus. „Mit Plätzchen kann man den Leuten eine größere Freude machen als mit Brot oder Brötchen.“ Vielleicht stecke das Süße aber auch in der Familie. In den 70ern führte sein Vater einen Süßwarenladen in Pristina. 1991 flüchtete die Familie vor den Serben nach Deutschland. Gezim Ajeti war damals zehn Jahre alt, Erinnerungen hat er fast keine daran. Viel lieber spricht er über seine Kekse, die Kunden, die sie bei ihm kaufen und die Komplimente, die sie ihm machen. Das schönste? „Die schmecken wie bei Oma.“

Fabrik ist ein Familiending

Seine Frau Liridona kommt rein. Auf ihrer schwarzen Schürze sind Spuren vom Mehl zu sehen. Sie schiebt einen Teller über den Tisch: Erdnüsse und Kürbiskerne auf braunen Dinkel-Vollkornmehltalern. „Noch warm“, sagt sie, lächelt aus kajalumrandeten Augen.

Ajetis Fabrik ist ein Familiending. Seine Frau packt zum Beispiel in der Backstube mit an und bedient die Kunden vorn im Café. „Wenn du keinen Partner hast, der versteht, dass man viel oder sehr viel arbeiten musst, kannst du das vergessen“, sagt Gezim Ajeti. Er wollte immer ein eigenes Geschäft und sparte dafür.

Die Immobilie in Eichen an der Hagener Straße, in den alten Rewe-Räumen, gefiel ihm sofort. Die Kühlung, die Fliesen, das Lokal, die Parkplätze vorm Haus. „Datt passt.“ Mit Bruder, Schwager und Vater kalkulierte er alles durch. Im Herbst 2011 zieht die Familie aus der Nähe von Bonn ins Siegerland. „Hier auf dem Land ist es einfacher, sich einen Namen zu machen“, sagt er. Deshalb bieten die Ajetis ihre Plätzchen, Pralinen und schokolierten Früchte auch auf den Märkten in der Umgebung an: „Dort stimmt der Umsatz und du kommst mit den Kunden ins Gespräch.“ Für ihn „perfekt“.

Eine Schulglocke läutet. Der Ofen ruft. Ajeti springt auf. „Moment“, ruft er. Fix zieht er eine Ladung aus dem Backofen. Ebenfalls Dinkel-Vollkorn. Das Weihnachtsgeschäft beginnt schon in zwei Wochen. „Die Kunden bestellen ihr Weihnachtssortiment immer früher.“ Dann riecht das hier schon im August alles nach Spekulatiusgewürz, sagt er und macht eine ausladende Handbewegung. Klingt verlockend.

Nuss-Krise in der Türkei

„Nach zweieinhalb Jahren hatte ich keine Bauchschmerzen mehr.“ Der Bäcker erinnert noch gut an die erste Zeit, in der er bangen musste, ob sein Konzept aufgeht. Mittlerweile läuft es sehr gut. „Anfangs habe ich einmal pro Monat gebacken, heute jeden Tag.“ Die Plätzchen verschickt er an Hotels und selbstständige Rewe-Läden wie die Dornseifer-Märkte.

Ihm ist es wichtig, viele kleine Kunden zu haben als nur einen großen. Das hat ihm schon einmal den Kopf gerettet. Vor einem Jahr, erzählt er, zahlte er für ein Kilogramm Haselnüsse 7,20 Euro, heute sind es 21 bis 22 Euro. Die Missernte in der Türkei und die Politik des Ferrero-Konzerns treiben den Preis. Kurz vor der Nuss-Krise erhielt Ajeti das Angebot für einen großen Auftrag – mit festem Endpreis und Keksen mit vielen Haselnüssen. „Ich bin so froh, dass wir abgelehnt haben. Das hätten wir nicht geschafft.“

Kein digitaler Schnickschnack

Der deckenhohe Ofen in der Ecke strahlt noch eine wohlige Wärme aus. Duftende Dinkel-Plätzchen in dunklen Kisten warten auf den Versand. Ein Mitarbeiter putzt Bleche. Und in der Mitte der Backstube steht das Herzstück: die silberfarbene Plätzchenmaschine. „Die haben wir in Rotterdam gekauft. Alte Technik, kein digitaler Schnickschnack.“ Ajeti klopft sachte auf die Maschine. Der Teig kommt in den Trichter und wird über eine Walze in verschiedene Formen gedrückt, erklärt Gezim Ajeti in Maus-Manier.

Ajeti holt schnellt die Weihnachtsformen aus dem Lager: Sterne, Monde, Tannenbäume. Die eingeschweißten Rezepte liegen in einer Kladde auf der Arbeitsfläche. 46 Kilogramm Butter, 36 Kilogramm Zucker, 150 Kilogramm Teig pro Backladung... Die Mengen sind gigantisch, die Zutaten einfach. „Ohne Geschmacksverstärker“, sagt er stolz. Die kämen ja auch Oma nicht in die Schüssel.

Fürs Foto streift der Fabrikant ein weißes Poloshirt über – mit Kakaofleck. „Das geht so nicht“, sagt seine Frau. „Doch, doch. Es soll ja nach Arbeit aussehen“, erklärt er pragmatisch-sympathisch. Sie setzt sich durch, beide lachen. Und auf dem Foto ist nix vom Shirt zu sehen. Nur zwei entspannte Menschen, die lieben, was sie tun. Und Kekse.

Besucher in der Keks-Manufaktur sind jederzeit willkommen 

Ajeti Keksfabrikation bietet mehr als 70 verschiedene Sorten an Gebäck, Pralinen und schokolierten Früchten an. Kerngeschäft Weihnachten: Im November und Dezember verdient er so viel wie in den folgenden sechs Monaten. 40 Prozent des Umsatzes macht er über den Laden, 60 Prozent über Bestellungen. Besucher sind jederzeit willkommen und können sich die Backstube in der Hagener Straße 176 anschauen. Weitere Informationen gibt es im Netz unter www.keksfabrikation.de

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