Hilchenbach. Hans-Peter Hasenstab macht seine Leidenschaft zum neuen Beruf. Hilchenbachs Bürgermeister möchte in Zukunft brennen – Geiste, Gin und Whisky.
Auf diesen Coup dürfte sich Hans-Peter Hasenstab schon eine ganze Weile gefreut haben. „Nehmen Sie sich ein Wässerchen“, lädt er die Gäste seines Pressegesprächs in eigener Sache ein. Und stellt das Schnapsglas auf den Tisch. Der Hilchenbacher Bürgermeister hat in den letzten Monaten mit einer neuen Berufsausbildung begonnen.
Der erste Akt: das Studium am Institut für Lebensmitteltechnik der Hochschule Weihenstephan. Bayerns Landwirtschaftsminister Helmut Brunner hat vor wenigen Tagen den „Bayerischen Edelbrandsommeliers“ – darunter zwei aus Nordrhein-Westfalen – die Urkunden ausgehändigt. Der zweite Akt: der Besuch der landwirtschaftlichen Fachschule in Offenburg. Im Winter wird Hasenstab seine Ausbildung dort zur „Staatlich geprüften Fachkraft für Brennereiwesen“ abschließen, die er bereits im letzten Herbst begonnen hat. Der dritte Akt: die Eröffnung einer eigenen Brennerei. In Hilchenbach.
Geiste, Gin und Whisky
Eine Überschrift hat sich Hans-Peter Hasenstab auch ausgedacht: „Vom Meister der Bürger zum Meister der Brände.“ Der edlen Brände, betont er, „ich will mich auf Spitzenprodukte konzentrieren.“ Geiste werden das sein, Destillate aus dem, was die Früchte der Region so hergeben, außerdem Gin („ein hochaktuelles Produkt“) und Whisky. Nein, kein Grappa, betont Hasenstab, der ansonsten italienischen Gaumenfreuden nicht abgeneigt ist. „Das geht nicht mit derselben Anlage.“ Die Maische ist dicker. Man merkt: Die Themen, mit denen man in Zukunft mit dem Brennereibesitzer Hasenstab spricht, sind andere als die, die den Bürgermeister beschäftigen.
Ja, er sei selbst von sich überrascht, gibt Hans-Peter Hasenstab zu. „Das hätte ich mir vor einem Jahr nicht träumen lassen.“ Essen und Trinken seien bis dahin wichtige Themen gewesen. Aber nicht mehr, „eher eine persönliche Leidenschaft“. Dass nun mehr daraus werden soll, ist der Hilchenbacher Kommunalpolitik geschuldet: „Ich bin fast dankbar, dass die eine oder andere Verärgerung im Amt mir die Augen geöffnet hat für neue Perspektiven.“
Der Absturz in den Nothaushalt, das Gerangel um Steuererhöhungen, die Formierung einer gegen ihn gerichteten SPD-CDU-Ratsmehrheit nach der Kommunalwahl im Mai, seine Abwahl als Vorsitzender des Sparkassen-Verwaltungsrats: Hasenstab muss die Anlässe gar nicht mehr nennen, die ihn von der im Jahr zuvor gegebenen Zusage, für eine dritte Amtszeit zu kandidieren, abrücken ließen. Zumindest an diesem Freitagmorgen spricht er lieber über die Vielfalt der Aromen, die Komplexität der Sinneseindrücke, die Natur im Destillat. Auch wenn in dem Glas, das Hasenstab fürs Foto mitgebracht hat, nur Wasser ist. Nein, kein Schnaps. „Schnaps“ ist kein Wort, das der Sommelier in den Mund nimmt.
Ab Frühjahr 2016 auf dem Markt
Wie der Brand aus Hilchenbach heißt? „Ich habe den Namen noch nicht gesichert“, erklärt Hasenstab seine Schweigsamkeit, „es hat was mit dem Siegerland und Südwestfalen im weitesten Sinne zu tun.“ Wo die Brennerei steht? „Entweder bei mir zu Hause“, antwortet Hasenstab, oder in einem Ladenlokal am Marktplatz oder in der Nähe davon. „2,30 Meter Höhe braucht man schon.“ Platz sein soll natürlich auch für Verkostungen und für Schaubrennen, „das muss ein anständiges Ambiente bekommen.“ Derzeit befasst sich der angehende Geist-Brenner mit der Auswahl der Brennanlage, die – so der Plan – im Frühjahr 2016 das erste marktreife Erzeugnis produziert. Als Sommelier darf Hasenstab natürlich jetzt schon tätig sein, als Prüfer und Preisrichter Gold, Silber und Bronze vergeben.
Das ist die also die Geschichte, mit der Hans-Peter Hasenstab noch knapp fünf Monate im Rathaus leben muss. Erst recht, falls er noch einmal auf dem Marktplatz ein (Bier-)Fass ansticht. Und wenn irgendwer in der Politik irgendwem reinen Wein einschenkt. Anders als seine Vorgänger, die als Makler (Wolfgang Bell) oder Rechtsanwalt (Dr. Hans Christhard Mahrenholz) staubtrockene neue berufliche Laufbahnen einschlugen, reizt Hasenstab mit seiner Wahl zu Wortspielereien aller Art. Dienst ist Dienst, und... Allzu barsch wird der Bürgermeister da in Zukunft nicht mehr kontern dürfen, im Angesicht seiner künftigen Kundschaft. Die sollte immerhin wissen, dass sie nicht nur einen Edelbrandsommelier vor sich hat. Sondern, wie es die Urkunde sagt, einen „Botschafter des geistigen Genusses.“
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