Siegen. . Ein Feuerwehrmann hat den Großteil der Brandstiftungen gestanden, die in Siegen für Angst und Zerstörung gesorgt haben. Er löschte die Feuer sogar selbst mit.

Die Brandserie, die Siegen fast sechs Wochen lang erschüttert hat, ist aufgeklärt. Ein aktiver Feuerwehrmann (39) hat gestanden, den Großteil der fast 50 Feuer an Fahrzeugen und Containern gelegt zu haben. Der Mann ist seit vielen Jahren Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Hammerhütte, die zum Großteil der Brände in der Innenstadt ausgerückt war. Er wurde am Donnerstagmittag in seiner Wohnung in Siegen festgenommen. Die Polizei geht davon aus, dass er keinen Komplizen hat.

Motiv laut Polizei private Probleme

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Eine Überwachungskamera hatte ihn nach dem letzten Anschlag am 3. Februar auf dem Real-Parkplatz gefilmt und die Polizei auf die Spur gebracht. Auf dem Film war das Kennzeichen seines Wagens zu sehen. Begonnen hatte die Serie am Abend des 30. Dezember auf dem selben Parkplatz. Der 39-Jährige wurde am Freitag dem Haftrichter vorgeführt, der ihn in Untersuchungshaft schickte. Er soll Probleme im privaten Bereich gehabt haben, sagte Polizeisprecher Georg Baum. Näheres zum Motiv wurde nicht bekannt. Er ist vorher nicht polizeilich in Erscheinung getreten.

Bei der Siegener Feuerwehr herrschte am Freitag tiefe Erschütterung. „Wir müssen jetzt damit umgehen“, sagte Feuerwehrchef Matthias Ebertz: „Wir haben in Siegen 700 Feuerwehrleute. 699 machen ihren Job großartig.“

Bei der Festnahme stellten Beamte der Sonderkommission ZIP bei dem 39-Jährigen auch „mehrere evidente Beweismittel sicher, die aktuell noch ausgewertet werden“. Dabei dürfte es sich unter anderem um Grillanzünder und anderes Brennmaterial handeln. Die Sonderkommission war nach dem Grillanzünder ZIP benannt worden, den der Täter häufig verwendet hatte.

Ermittler und Staatsanwaltschaft schätzen den Sachschaden auf einen sechsstelligen Betrag – er dürfte deutlich über 150 000 Euro liegen. Anfangs waren es vor allem Container, die der Täter in Brand steckte. In den folgenden Wochen setzten sich die Brandanschläge in hoher Schlagzahl fort. Immer häufiger wurden Autos, Wohnmobile, ein Wohnwagen und Lastwagen Ziele des Brandstifters. Am Ende hatte der Mann an 20 Fahrzeugen Feuer gelegt oder versucht sie in Brand zu stecken.

Einige Brandstiftungen wurde frühzeitig entdeckt. Viele Feuer waren verheerend. Am 20. Januar explodierten in einem auf dem Rosterberg in Brand gesetzten Wohnmobil Propangasflaschen und schrapnellartige Metallteile wurden durch die Luft geschleudert. In einem Tags darauf angezündeten Wohnwagen lagerten ebenfalls Gasflaschen. Mehrere Autos – darunter ein Seat Arosa, ein VW Transporter und ein Opel Corsa – brannten komplett aus. Bei den Anschlägen wurde nie ein Mensch verletzt. Der 39-Jährige hat bis auf zwei Brandstiftungen alle Taten zugegeben, die ihm die Ermittler anlasten.

Ängste der Bürger wahrgenommen

Die Serie stellte die Polizei vor Herausforderungen. Es seien alle verfügbaren Beamte in den Sondereinsatz beordert worden – darunter auch Sachgebietsleiter und Dezernenten, die in zivilen Streifenwagen rund um die Uhr den Täter suchten. „Wir haben die Ängste und Besorgnisse der Bevölkerung genau wahrgenommen“, sagte Polizeiabteilungsleiter Franz-Josef Hahmann. Zuletzt hatte die Polizei auch auf Fallanalytiker des Landeskriminalamts zurück gegriffen, die ein Profil des Täters erstellt hatten.

Dem mutmaßliche Täter droht jetzt eine lange Haftstrafe. Er wird von der Staatsanwaltschaft Siegen unter anderem wegen schwerer Brandstiftung in zwei Fällen angeklagt, da die beiden Wohnmobile, die angezündet worden waren, zeitweise dem Aufenthalt von Menschen dienen. Außerdem wird die Anklage auf Brandstiftung in mehreren Fällen lauten. Dazu kommen diverse Sachbeschädigungen.

Feuerwehrchef Matthias Ebertz: Ich werde ihm die Frage nach dem „Warum“ stellen 

Feuerwehrchef Matthias Ebertz hat die Löschgruppe Hammerhütte bereits am Donnerstagabend zusammengerufen, um den knapp 30 Kameraden mitzuteilen, was die Ermittlungen der Polizei ergeben haben: Der Brandstifter ist einer von ihnen. „Sie sollten es nicht aus der Presse erfahren“, so Ebertz. „Sie waren alle vollkommen fassungslos. Es kann keiner verstehen“, sagt er. „Wir werden sie jetzt begleiten.“

Die Pressearbeit übernahm Ebertz komplett, um die Kameraden zu schützen, die in den vergangenen Wochen mehr als 30 Einsätze – zu den Brandstiftungen kam auch noch das Tagesgeschäft – gefahren sind. Denn natürlich kommen jetzt die Nachfragen und auch gehässige Kommentare. „Ich habe ihnen gesagt, dass sie das nicht so nah an sich herankommen lassen dürfen. Die Leute arbeiten ehrenamtlich und halten den Kopf hin, sie müssen sich nicht alles gefallen lassen.“

Keiner hätte damit gerechnet, dass es ausgerechnet dieser Kollege gewesen sei. Er passe auch nicht in die übliche Gruppe von Tätern: Meistens kämen die Brandstifter aus Löschgruppen, die wenig Einsätze fahren. Die Löschgruppe Hammerhütte ist die einsatzstärkste Einheit in Siegen. Die Brandstifter sind meistens jung, weit unter 30. Auch das trifft bei dem jetzt in U-Haft sitzenden Mann nicht zu: Er ist 39. Zudem seien es oft Einzelgänger. Auch das sei bei dem Täter nicht der Fall, so Ebertz. Er habe so eine Serie von Brandstiftungen bislang noch nicht erlebt. „Dieser Feuerwehrmann ist die große Ausnahme. Sie sehen es den Menschen nicht an.“

Ebertz werde auf jeden Fall noch einmal das Gespräch mit dem mutmaßlichen Täter suchen. Und ihm die Frage nach dem „Warum“ stellen.

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