Siegen-Wittgenstein/Dillenburg. . Vor dem Schöffengericht am Amtsgericht Dillenburg sind am Dienstag Schändungen des jüdischen Mahnmals in Bad Berleburg und am jüdischen Teil des Hermelsbacher Friedhofs am 9. November 2013 verhandelt worden. Angeklagt wegen Volksverhetzung sind zwei Männer: Robin S. (25) und Maik H. (23) aus Siegen.

Vor dem Schöffengericht am Amtsgericht Dillenburg sind am Dienstag die Schändungen des jüdischen Mahnmals in Bad Berleburg und am jüdischen Teil des Hermelsbacher Friedhofs am 9. November 2013 verhandelt worden. Angeklagt wegen Volksverhetzung sind zwei Männer: Robin S. (25) und Maik H. (23) aus Siegen. Ihnen wird Volksverhetzung in mehreren Fällen vorgeworfen. Nach acht Stunden wurde die Verhandlung vertagt. Laut Aussage eines Polizisten hat sich in Südwestfalen und in Nordhessen eine rechte Szene etabliert, die bundesweit aktiv ist.

Die Anklage

Robin S. und Maik H. sollen am Gedenktages zur Reichspogromnacht, am Hermelsbacher Friedhof ein Transparent mit der Aufschrift: „Die ewige Lüge lebt weiter“ angebracht haben. Ein Transparent mit gleicher Aufschrift sollen sie am jüdischen Mahnmal in Bad Berleburg angebracht haben. Dort sollen sie außerdem einen Wildschweinkopf mit einem Fleischerhaken angebracht haben, aus dessen Maul eine zerfledderte Israel-Flagge hing. Das Mahnmal war mit roter Farbe beschmiert. Dazu wird ihnen vorgeworfen, an fünf weiteren Orten in Nordhessen Transparente mit der Aufschrift „Die ewige Lüge lebt weiter“ aufgehängt zu haben. Bei Robin S. war außerdem bei einer Durchsuchung ein schwarzer Schlagring gefunden worden.

Die Angeklagten

Beide haben eine Nähe zum Nationalsozialismus entwickelt. Bei Hausdurchsuchungen werden im Kinderzimmer von Maik H., der im elterlichen Haus in einem Siegener Stadtteil wohnt, Nazi-Devotionalien festgestellt: Reichskriegsflagge, Hakenkreuzfahne und eine Vitrine, in der Gegenstände aus dem Dritten Reich liegen. Bei Robin S., der zum Zeitpunkt der Durchsuchung noch in Hessen lebt, finden die Beamten ebenfalls eine Hakenkreuzflagge an der Wand vor sowie Literatur aus der NS-Zeit. Belastendes Material wird nicht gefunden. Es werden Spraydosen und Kleidungsstücke sichergestellt, die mit Sprühfarbe beschmutzt sind. Die chemische Analyse zeigt aber: Es sind nicht die Farben, die bei der Tat verwendet wurden.

Die Anwälte

Szeneanwälte: Dirk Waldschmidt, der Maik H. vertritt, ist als Verteidiger in der rechten Szene bekannt. Der ehemalige Landes-Vize der NPD trat auch schon im NSU-Prozess auf. Dr. Björn Clemens, Anwalt von Robin S., gilt ebenfalls als Verteidiger, der insbesondere vor Gericht im rechtsextremen Umfeld aktiv ist. 2010 verteidigte er den NPD-Funktionär Udo Pastörs.

Das Spiel mit den prozessualen Regeln reizen sie bis zur Schmerzgrenze aus. „Ich muss Sie rügen, Herr Vorsitzender“, hört Richter Matthias Gampe nicht nur einmal. Beide Anwälte überziehen das Gericht mit Anträgen, fordern Ordnungsgelder gegen Zeugen, zweifeln die Objektivität von Ermittlern und Staatsanwaltschaft an und fordern die Vereidigung eines Polizisten, was Gampe ablehnt.

Das belastende Material

Am Ende des Prozesstages (Fortsetzung 20. November) verliest Richter Gampe das Ergebnis der DNA-Analyse. Die Transparente waren mit Seilen und Kabelbindern angebracht worden. Das Ergebnis: Es befinden sich dort Spuren von beiden Angeklagten.

Weiteres Indiz: Die Aussage eines Zeugen, dem aus Schutzgründen Anonymität zugesichert wurde. Ein Siegener Polizist sagt aus, der Informant, der geschützt werden müsse, weil es Anhaltspunkte gebe, dass bei Bekanntwerden dessen Identität seine Gesundheit gefährdet sei. In Südwestfalen und in Nordhessen habe sich eine aktive rechte Szene mit regelmäßigen Kameradschaftsabenden mit bis zu 20 Leuten entwickelt. Der Informant habe ausgesagt, dass die Angeklagten für die Schändung und die volksverhetzenden Plakatierungen verantwortlich seien.

Für Unbehagen bei den Anwälten der Angeklagten sorgte ein am 4. November vom Staatsschutz Hagen übermitteltes Dokument. Über den Inhalt dürfe er wegen des weiteren Prozessverlaufs keine Auskunft geben, so Oberstaatsanwalt Uwe Braun. Es handelt sich um einen Whats-App-Verkehr eines der Angeklagten.

Das entlastende Material

Verteidiger Waldschmidt begründet die DNA-Spuren an den Kabelbindern damit, dass sein Mandant politisch aktiv sei. Die Kabelbinder seien beim Plakate aufhängen übrig geblieben. Daher sei es nicht unlogisch, dass unter dem Mischspuren die DNA seines Mandanten sei. In den Wohnungen beider wird kein Belastungsmaterial gefunden.

Ob der Wildschweinkopf, der an dem Mahnmal in Berleburg gefunden wurde, von dem Zeugen M. tatsächlich an die Angeklagten übergeben wurde, lässt sich nicht klären. M. machte von seinem Aussageverweigerungsrecht gebrauch. Ermittlungen hatten ergeben, dass M. das tote Wildschwein erworben hatte. Die Abschussmarke war von den Ermittlern zurück verfolgt worden. Das Verfahren gegen M. wurde inzwischen eingestellt.