Neheim. . Wusste der 34-jährige Angeklagte aus Neheim was er tat, als er Anfang Mai eine Gruppe von Männern, die am Neheimer Markt friedlich und angeblich ruhig Bier tranken, provozierte, fragten sich die beteiligten Parteien vor dem Amtsgericht?

Laut Staatsanwaltschaft soll der Mann einen aus der Gruppe ohne Grund mit der Faust in den Nacken geschlagen und dann von einer Bank hochgerissen und gegen einen Baum geschleudert haben. Anschließend habe er den 47-jährigen Geschädigten mit dem Knie in den Rücken getreten.

Der Angeklagte, der unter gesetzlicher Betreuung steht, bestritt die Vorwürfe und gab an, er sei zu der Clique gestoßen, die sich öfters am Markt zum Saufen träfe. „Ich habe nicht geschlagen, bin von den Leuten traktiert worden, sie wollten mich nicht in ihrer Nähe haben“, so der Angeklagte. Er habe sich wegen seiner strafrechtlichen Vorbelastungen bewusst aus einer Schlägerei herausgehalten und getrunken habe er auch nichts.

Sofort provoziert

Etwas anders schilderte der Geschädigte die Situation: Der Angeklagte kam zu uns und fing sofort an zu provozieren, indem er vor uns wild herumsprang und wirres Zeug ohne Zusammenhang von sich gab. „Als wir ihm deutlich machten, dass er gehen möge, griff er mich an. Er packte mich an einem Arm und schleuderte mich gegen einen Baum. Ich verspürte Schmerzen in der Schulter und im Rücken durch einen Tritt. Warum er auf mich losging, ist mir ein Rätsel“.

Mit leichten Widersprüchen bestätigte ein Zeuge diese Darstellung. Sowohl sein Betreuer als auch der Bewährungshelfer gaben an, dass es ihrem Schützling nach einer stationären Behandlung in einer Psychiatrie und einer jetzt richtigen Medikamenteneinstellung besser gehe. Um die Frage der Schuldfähigkeit zu klären, gab ein Sachverständiger, ein Facharzt für Psychiatrie, sein Gutachten ab.

Durch die lange Einnahme von Drogen leide der Angeklagte an einer schweren psychischen Persönlichkeitsstörung. Zur Tatzeit habe er nicht zielgerichtet gehandelt, sondern auf die Situation reagiert. Seine Einsichtsfähigkeit war erheblich gestört, seine Schuldfähigkeit erheblich eingeschränkt. Selbst seine Schuldunfähigkeit sei damals nicht auszuschließen gewesen.

Zeugenaussagen unterschiedlich

Daraufhin waren sich Staatsanwalt und Richterin einig, dass aufgrund der Zweifel an der Schuldfähigkeit eine Verurteilung wegen der angeklagten Körperverletzung nicht infrage käme. Das Gericht sprach den Neheimer frei und bemerkte, dass außerdem ein Freispruch auch erfolgen musste, weil die Zeugenaussagen unterschiedlich waren und in Teilen anders vorgebracht wurden, als bei der zuvor gemachten polizeilichen Vernehmung.