Nuttlar. . „Ich möchte hier nicht weg“, sagt Hans-Jürgen Leister. Er wird gemeinsam mit seiner Frau Ulrike um sein Haus kämpfen. Der Landesbetrieb Straßenbau will es ihnen abreißen. Ihr denkmalgeschütztes Haus steht einem Neubau der Landstraße 776n in Nuttlar im Weg.

Die Leisters erleben eine bizarre Geschichte. Im September 2011 kauften sie das alte Forsthaus, das im Jahr 1922 für den Freiherren von Wendt gebaut worden war. Die Leisters lebten lange im Ausland, zuletzt in Bad Wünnenberg. Das dicht am Wald gelegene Forsthaus war für sie das Traumgrundstück. „Wir wollten Ruhe haben. Für uns ist das ideal: Hier kann man sofort in den Wald hinaus“, schwärmt Leister.

Antrag genehmigt

Von dem Plan, dass die Umgehungsstraße eines Tages in ihrer Nachbarschaft gebaut würde, wussten sie. Vor dem Kauf stellten sie eine Anfrage, wie es um ihr Grundstück bei einem Bau bestellt sei: Es würde „tangiert“ sein, so die Antwort von den Behörden. „Tangieren“ bedeutet „berühren“. Anfang 2012 stellten sie noch eine Bauvoranfrage und schließlich den Bauantrag: Ihr Haus sollte einen Anbau mit Büro und Doppelgarage bekommen. Der Antrag wurde von allen Behörden genehmigt. Noch einmal hieß es, schrieb der Landesbetrieb in seiner Stellungnahme: „Das Bauvorhaben würde bei Verwirklichung von dem Neubau der L 776n tangiert.“

Die Leisters durften bauen. Weil ihr Haus seit 1999 unter Denkmalschutz steht, gab es aber die Auflage, den neuen Anbau ans alte Fachwerk anzupassen. Rund 20 000 Euro ließen sich die Leisters das kosten, um das Schieferdach im selben Verfahren wie damals zu verlegen. Erst anpassen, dann abreißen – diese Wendung nahm der Fall. Im November 2013 erfuhren sie plötzlich aus unserer Zeitung, wie der Trassenverlauf der Umgehungsstraße sein würde: Sie würde genau durchs Obergeschoss des Forsthauses führen. „Das war hammerhart“, meint Ulrike Leister.

„Voranfrage war nicht abzulehnen“

Im Bauwerkeverzeichnis zu dem Neubau, in dem steht, was an welcher Stelle der Straße geschehen wird, schreibt der Landesbetrieb Straßenbau auf Seite 11 klipp und klar: „Die Gebäude - Wohnhaus („Forsthaus“, eingetragen in der Denkmalliste der Gemeinde Bestwig mit Datum vom 6.4.1999) einschl. Nebengebäude - stehen in der Trasse der L776n und müssen beseitigt werden. Der Eigentümer wird entschädigt. Die Kosten trägt das Land Nordrhein-Westfalen.“

Die Leisters wollen gar nicht entschädigt werden. Sie wollen ihr Haus behalten. Sie haben Einspruch im aktuell laufenden Planfeststellungsverfahren bei der Bezirksregierung Arnsberg gestellt und einen Anwalt eingeschaltet. „Warum hat man uns nicht gesagt, dass unser Haus in den Plänen zum Abriss vorgesehen ist?“, fragt sich Hans-Jürgen Leister.

Oscar Santos, Sprecher des Landesbetriebs Straßenbau in Meschede, verweist auf das laufende Planfeststellungsverfahren: „Da werden die Details geklärt. Da klärt sich auch, welche Rolle der Denkmalschutz spielt.“ Zum Zeitpunkt der Bauvoranfrage habe es zwar eine „Planungsabsicht“ zur Straße gegeben, „aber keine rechtlich verfestigte Planung“. Deshalb habe man die Bauvoranfrage auch nicht ablehnen können. Ein Veränderungsschutz gelte immer erst ab der Planfeststellung - danach erst darf an einem Bauwerk nichts mehr verändert werden, dann hätte auch die Voranfrage abgelehnt werden können. Wie man das Wörtchen „tangieren“ denn interpretieren müsse? „Das ist Sache des Eigentümers“, sagt Oscar Santos. Um 2020 rechnet Santos mit dem Bau der Umgehungsstraße. In den Baukosten von 16,9 Millionen Euro für die L 776n seien auch schon mögliche Entschädigungszahlungen inbegriffen. Auch die für Familie Leister.