Schmallenberg/Arnsberg/Berlin. . Hunau Reisen aus Bödefeld fährt seit Ende Juli zweimal täglich im Auftrag von MeinFernbus von Arnsberg nach Berlin. Der Start ins Neuland hat sich für das Familienunternehmen gelohnt.

Am Anfang zwickt es hier und da. Verdrängt hat er das ungute Gefühl nicht. Zu viel Geld ist im Spiel: „Ich gebe zu, ein bisschen Bauchschmerzen habe ich, aber für uns ist es eine Chance.“ Seine Beklemmungen sind nachvollziehbar.

Um 5.40 Uhr wird am Bahnhof Neheim-Hüsten symbolisch ein grünes Band durchschnitten. Wir schreiben den 25. Juli 2013. Es ist ein Donnerstag: Start der Linie 035 des privaten Unternehmens MeinFernbus vom Sauerland nach Berlin. Zweimal täglich.

Und?

Kein Fahrgast weit und breit.

Heute kann Friedel Knipschild darüber schmunzeln. Das Magendrücken ist längst verflogen. Der Markt boomt. Der 59-Jährige ist Geschäftsführer und Inhaber von Hunau Reisen in Schmallenberg-Bödefeld. Fünf Busse des Familienunternehmens sind im Auftrag des Marktführers MeinFernbus, ein Unternehmen aus Berlin, unterwegs: „Wir sind mehr als zufrieden mit den Zahlen. Ab Kassel sind die Busse immer voll.“

Eine Million Euro investiert

Drei knallgrüne Fahrzeuge fahren auf der Strecke Sauerland-Berlin, zwei pendeln zwischen Düsseldorf und Dresden: „Wir haben eine Million Euro in die Busse investiert.“ Geld, das sich offenbar auszahlt. In der Branche herrscht eine Stimmung wie einst bei den Goldgräbern.

Seit Jahresbeginn dürfen Busunternehmen bundesweit Linienverkehr auf Strecken anbieten, die länger als fünfzig Kilometer sind. Mit Rücksicht auf die Deutsche Bahn war dies vorher nicht möglich. Mittlerweile tummeln sich mehr als 170 Anbieter auf dem Markt. Anfang November ist die Deutsche Post gemeinsam mit dem ADAC ins Fernbusgeschäft eingestiegen. Eine gelbe Gefahr, die von der Konkurrenz kritisch beäugt wird. Auch der Gründer und Geschäftsführer von MeinFernbus, Torben Greve, fürchtet eine Verdrängung der mittelständischen Konkurrenz über billige Tickets. Und nicht nur er fragt sich, ob es sein kann, dass das Busunternehmen mit den Überschüssen aus dem Briefmonopol subventioniert werden darf. Auch Knipschild sieht das gemeinsame Projekt von Post und Automobilclub kritisch: „Wer kommt denn für den Verlust auf?“

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Vor knapp sechs Wochen hat MeinFernbus den Zweimillionsten Fahrgast begrüßt: Magno Henrique da Silva Oliveira aus Mettingen, Kreis Steinfurt, fuhr von Olsberg nach Berlin. Eine Zahl, die Torben Greve beeindruckt: „Wir wollen der beste und beliebteste Fernbusanbieter Deutschlands sein, und der große Kundenzuspruch beweist, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“

Busunternehmen will auch Verbindung Amsterdam-Winterberg anbieten

Eine wichtige Voraussetzung ist Seriosität. „Die Qualität der Fahrer und Fahrzeuge muss gewährleistet sein“, sagt Knipschild. „Es darf nicht am Lohn gespart werden. Eine übertarifliche Bezahlung gehört dazu. Das Fahrpersonal muss zufrieden sein. Das spüren die Fahrgäste, das schafft Vertrauen, und das zahlt sich gerade im ländlichen Raum langfristig aus.“

Knipschilds Busse laufen jeden Monat zwischen 25.000 und 28.000 Kilometer. Knipschild: „Nach vier Jahren spätestens tauschen wir sie aus.“ Die Öffnung des Fernbusmarktes hat in dem Bödefelder Unternehmen zu einer Aufstockung des Personals geführt: „Wir haben acht zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen.“ Ab August nächsten Jahres will Knipschild Berufskraftfahrer ausbilden. „Wir denken an maximal zwei Lehrstellen.“

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Wer mit ihm spricht, spürt das Unternehmertum, spürt den Hunger auf ein größeres Stück des offenbar immer noch wachsenden Kuchens, der buchstäblich auf der Straße liegt. Warum? Weil die Bahn auf vielen Strecken nicht mehr fährt, sie ihre Mängel nicht in den Griff bekommt und sie viel teurer ist. Bestes Beispiel vor der Haustür ist der Streckenabschnitt Siegen-Dortmund. Mit dem Bus kein Problem, die Bahn ist hier keine wirkliche Alternative.

Im Visier hat Knipschild für den Sommer, „im Winter klappt es leider nicht mehr“, die Strecke Amsterdam-Winterberg. „Der Antrag für die Konzession ist gestellt. Wir warten auf Antwort.“ Er selbst setzt sich hin und wieder gerne selbst ans Steuer. „Viel besser als Schreibtischarbeit. Für mich ist das Entspannung. Wirklich.“