Meschede/Bonn. . Eine Historikergruppe erinnert via Twitter an die Reichsprogromnacht vor 75 Jahren. Die Gruppe um Charlotte Jahnz, die aus Meschede stammt, hat bereits 3500 Follower. Die Aktion soll wissenschaftlichen Standards genügen.

„Wir wollen Geschichte vermitteln. Und das auf anderen, auf neuen Wegen. Und wir wollen möglichst viele Menschen damit erreichen.“ Charlotte Jahnz aus Meschede gehört zu einer fünfköpfigen Historikergruppe, die in diesen Tagen via Twitter an die Reichspogromnacht vor 75 Jahren erinnert. „Zur Zeit haben wir schon etwa 3500 Follower bei unserem Account @9Nov38, gestern waren es erst knapp 2000“, freut sich die Geschichtsstudentin aus dem Sauerland über den zählbaren Erfolg ihrer Aktion.

Getwitterte Geschichte, wie geht das? „Wir haben uns vorgenommen, die historischen Ereignisse rund um die Pogromnacht mit Twittermeldungen von heute nachzubilden“, erklärt Charlotte Jahnz. "Dabei ist es uns ganz wichtig, dass wir mit einem wissenschaftlichen Anspruch an die Sache rangehen. Das heißt, alle unsere Meldungen basieren auf echten historischen Quellen. Wir erfinden nichts, wir sind nicht fiktiv, sondern authentisch."

3500 Follower

Die Follower, die sich quasi in eine 75-jährige Zeitreise zurück begeben, haben die Möglichkeit, auf die eingestellten Tweets mit Fragen zu reagieren, die wiederum zeitnah beantwortet werden sollen. Mehr als 100 Stunden haben die jungen Historiker für ihr Projekt bereits investiert, und es werden wohl noch viel mehr bis Ende November werden. Dann nämlich soll die Aktion enden.

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Ob man vielleicht im nächsten Jahren anlässlich des Kriegsbeginns vor 75 Jahren eine Neuauflage der Twitter-Geschichte startet, wird derzeit noch von den Studenten überlegt. Ihre Professoren an der Bonner Universität haben bislang übrigens kaum Notiz von der etwas anderen Art der Geschichtsvermittlung genommen. „Wir werden aber in jedem Fall eine wissenschaftliche Nachbetrachtung unseres Versuchs im Blog anbieten“, verspricht Charlotte Jahnz.

Datenbank soll erstellt werden

Außerdem soll auch noch eine Datenbank erstellt werden, auf der dann nachgeprüft werden kann, welche Quellen genau für die jeweiligen Tweets bei der Aktion verwendet worden sind.

Die ambitionierten Jung-Historiker sind sich des experimentellen Charakters ihrer Arbeit sehr wohl bewusst. „Es wird sich zeigen, ob es überhaupt möglich ist, die komplexen und schrecklichen Vorgänge von damals überhaupt in dieser Medienform zu rekonstruieren“, erklärt Mitorganisator Moritz Hoffmann. Immerhin kann ein einzelner Tweet ja auch nur maximal 140 Zeichen umfassen.