Oberkirchen/Schanze. .

Waldbesitzer ärgern sich über Schäden, die die Wisente im Privatwald zwischen Schanze und dem Albrechtsplatz angerichtet haben. Zu den Geschädigten gehören Heinz Josef Kersting und Hermann Vogt aus Oberkirchen. Nur einige Tage sind die Wisente durch ihren Wald gestreift, in dieser Zeit haben sie aber mehr als 100 Bäume – darunter 130 Jahre alte Buchen – geschält.

Michael Keuthen, Förster und Waldschadenschätzer, beziffert den Schaden mit insgesamt rund 2000 Euro. „Das ist aber nur der aktuelle Stand. Wenn die Bäume von Pilzen befallen werden und faulen, ist der Schaden natürlich wesentlich größer.“

Zum Teil großflächig haben die Wisente die Bäume geschält, da die Rinde in dieser Zeit sehr saftig und deshalb leicht abzuziehen ist. Mitte September haben die Waldbesitzer die beschädigten Bäume, die sich überwiegend auf Naturschutzflächen befinden, entdeckt und sich umgehend mit dem Trägerverein „Wisent-Welt-Wittgenstein“ in Verbindung gesetzt. „Dort hat man sehr verständnisvoll reagiert und darum gebeten, dass wir die Schäden schätzen lassen“, erklärt Heinz Josef Kersting. Die Versicherung werde für die Schäden aufkommen.

Die Wisente haben Schäden im Privatwald zwischen Schanze und Albrechtsplatz auf Schmallenberger Stadtgebiet angerichtet.
Die Wisente haben Schäden im Privatwald zwischen Schanze und Albrechtsplatz auf Schmallenberger Stadtgebiet angerichtet. © WP

„Uns geht es aber in erster Linie nicht um die 2000 Euro“, sagt Hermann Vogt. „Wenn die Tiere in nur vier Tagen 100 Bäume auf unseren Flächen beschädigen, dann frage ich mich, wie groß die Schäden insgesamt sind.“ Immerhin sei ein Großteil der sogenannten Projektfläche, auf der sich die Herde bewegt, auch Staatswald. Darüber spreche aber keiner. Das ärgert die Oberkirchener.

Zeitnah hat Michael Keuthen die Schäden im Privatwald der Oberkirchener aufgenommen, da sie auf den ersten Blick kaum von denen zu unterscheiden sind, die das Rotwild anrichtet. Keuthen konnte aber auch die Spuren der Wisente an den geschälten Bäumen aufnehmen, so dass eindeutig feststeht, dass sie die Übeltäter sind. „Wir haben in dem Bereich bislang auch gar kein Problem mit Rotwildschäden“, fügt Hermann Vogt hinzu.

Immer noch in der Testphase

Mit seinem Auto hat er die Herde zuletzt von seinem Besitz getrieben. Noch im Weglaufen habe ein Bulle ein Stück Rinde abgerissen. „Wir möchten die Tiere nicht bei uns haben“, sagt Vogt mit Nachdruck und Heinz Josef Kerstin pflichtet ihm bei. Sie wünschen sich außerdem eine bessere Kommunikation.

Der versprochene virtuelle Zaun sei nicht realisiert worden, jetzt könnte den Waldbesitzern doch zumindest Bescheid gegeben werden, wenn sich die GPS besenderten Tiere auf ihren Flächen bewegen. „Die Frage ist doch auch, wer in der Pflicht ist, die Schäden zu melden“, so Kersting. Die Waldbesitzer als die Geschädigten oder der Trägerverein sozusagen als Verursacher?

Sorge bereitet den Oberkirchener Waldbesitzern, dass nach Abschluss des Projekts kein Trägerverein mehr haftet. Dann wären die Tiere nämlich herrenlos, es gebe keine Haftpflichtversicherung mehr, die zahlt, und die Waldbesitzer blieben auf ihren Schäden sitzen.

„Bislang halten sich die Schadensmeldungen noch im Rahmen“, sagt Coralie Herbst vom Trägerverein „Wisent-Welt-Wittgenstein“ gegenüber unserer Zeitung. „Dass die Tiere, ähnlich wie das Rotwild, Bäume schälen, wussten wir von vornherein“, erklärt sie. „Deshalb haben wir die Versicherung abgeschlossen, das war eine Voraussetzung für das Projekt.“

Man befinde sich aber auch immer noch in der Testphase und müsse die Entwicklungen weiter beobachten. „In zwei Jahren müssen wir dann eine neue Abschätzung machen.“ Das Ziel sei langfristig aber schon, dass die Tiere herrenlos werden.

Auch im Staatswald

„Auch im Staatswald gibt es Schäden. Wir haben aber noch keine Meldung gemacht“, sagt Hans von der Goltz, Leiter des Regionalforstamtes Oberes Sauerland, auf Anfrage unserer Zeitung. Vor einem Jahr hätten die Tiere die Bäume noch nicht in diesem Ausmaß geschält. „Wir beobachten diese neue Entwicklung mit Sorge“, ergänzt er.

Hintergrund:

- Im Anschluss an das Gespräch mit unserer Zeitung sind die Waldbesitzer gestern noch einmal vor Ort gewesen, um sich die Schäden anzuschauen. Dabei mussten sie feststellen, dass in den vergangenen Tagen noch einmal erhebliche Schäden dazu gekommen sind – „in momentan noch unbekannter Größe“, sagt Heinz-Josef Kersting.

- Im April 2013 wurde nach rund zehnjähriger Vorarbeit eine achtköpfige Wisentgruppe in Bad Berleburg in die Freiheit entlassen. Aktuell sind es neun Tiere. Zwei Kälbchen wurden im Mai in freier Wildbahn geboren. Ein Jungbulle verstarb nach dem Rangkampf.

- Im Vorfeld des Wisent-Artenschutzprojektes hatte es zahlreiche Diskussionen zwischen den Wittgensteinern und den Schmallenbergern gegeben. Auf HSK-Seite wird das Projekt von einem Großteil nach wie vor kritisch gesehen.