Bestwig. .
Es ist eine Entscheidung von enormer Tragweite, die die Eltern der Bestwiger Dritt- und Viertklässler in den nächsten Tagen treffen sollen. In ihrer Hand liegt nicht nur die Zukunft des Bestwiger Schulzentrums, sondern ein wichtiger Punkt für die Zukunft der Gemeinde Bestwig insgesamt. Daher setzt Bürgermeister Ralf Péus darauf, dass von den 195 verschickten Fragebögen zur Errichtung des Bestwiger Sekundarschul-Teilstandortes der größte Teil beantwortet wieder im Rathaus landet.
Frage: Herr Péus, hängt die Entscheidung darüber, ob Bestwig Teilstandort der Sekundarschule Olsberg wird, tatsächlich vom Rücklauf der Fragebögen ab?
Ralf Péus: Ja, das kann man sagen. Um den Teilstandort tatsächlich errichten zu können, müssen im Vorfeld mindestens 50 Eltern angeben, dass sie sich für ihr Kind eine solche Schulform vorstellen könnten. Angesprochen sollten sich auch Eltern fühlen, die mit dem Gedanken spielen, ihr Kind später aufs Gymnasium zu schicken. An der Sekundarschule hat es nämlich länger Zeit, sich auf die Oberstufe vorzubereiten. Insofern ist die Gefahr, dass Kinder letztlich am Gymnasium überfordert sind, deutlich geringer.
Das Kreuzchen auf dem Fragebogen ist zunächst unverbindlich?
Ja, aber von enormer Bedeutung. Reicht die Bereitschaft am Ende nicht aus, können wir das Buch zu machen und das Ende des Schulzentrums zum Schuljahr 2018/2019 wäre vorzeitig besiegelt. Insofern kann ich an dieser Stelle nur an alle Eltern appellieren, sich mit dem Fragebogen zu beschäftigen. Es ist wichtig, dass sie sich der Tragweite ihrer Entscheidung bewusst sind.
Was meinen Sie damit genau?
Es geht den Eltern bei ihrer Entscheidung natürlich in erster Linie um das Wohl des eigenen Kindes. Doch an dem Fragebogen hängt noch viel mehr. Wenn wir das Schulzentrum tatsächlich schließen müssten, wäre das eine Katastrophe für die ganze Gemeinde. Die Bestwiger Schüler müssten dann Schulen in den Nachbarkommunen besuchen. Das würde zwangsläufig dazu führen, dass sie sich auch in ihrem Freizeitverhalten anders orientieren. Darunter würden nicht nur die heimischen Vereine enorm leiden. Es wäre ein riesiger Verlust für das öffentliche Leben hier. Von den Auswirkungen auf die Gemeindefinanzen ganz zu schweigen.
Wie schätzen Sie die Chance ein, dass ein privater Träger die Haupt- und Realschule weiterführen wird?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich ein kirchlicher Träger findet, der die Schulen übernimmt. Zumindest würde das äußerst schwierig. Die beiden Schulformen sind - politisch gewollt - Auslaufmodelle, von denen sich die Landesregierung verabschieden möchte. Nicht umsonst erfahren die Sekundarschulen eine so enorme Unterstützung. Wenn wir dann hier keine eigene haben, müssten Bestwiger Eltern ihr Kind also sogar auf eine Sekundarschule in der Nachbarschaft schicken.
Was sagen Sie Eltern, die Vorbehalte gegenüber der Sekundarschule haben?
Ich bin fest davon überzeugt, dass ein Teilstandort der Sekundarschule Olsberg nicht nur die richtige Lösung für die Gemeinde Bestwig ist, sondern auch für unsere Kinder. Die Sekundarschule ist mehr als eine Zusammenführung von Haupt- und Realschule. Diese Schulform ist eine Weiterentwicklung. Je nach persönlichen Stärken werden die Kinder individuell gefördert. Das, was also bisher die Oberstufe eines Gymnasiums ausgezeichnet hat, würde nun durch die Sekundarschule hier vor Ort möglich. Und das ist eine echte Chance.
Mit welchen Vorbehalten sind Sie bei den Eltern-Informationsabenden denn in erster Linie konfrontiert worden?
Da gab es in erster Linie Unsicherheiten, was den Ganztagsunterricht angeht. Viele Eltern hatten hiervon eine falsche Vorstellung. Sie waren im Glauben, dass ihre Kinder dann künftig fünf Tage in der Woche bis 16 Uhr in der Schule sitzen und danach noch Hausaufgaben machen müssen. Das ist aber keineswegs so.
Was kann man sich denn dann unter dem Ganztagsunterricht vorstellen?
Die Kinder sind an drei Tagen in der Woche bis 15.20 Uhr in der Schule. An diesen Tagen gibt es keine Hausaufgaben für den nächsten Tag. Und auch der Stundenplan wird an diesen Tagen entsprechend angepasst. Das heißt: Es gibt zum Beispiel für die Fünftklässler zwei Stunden Sport oder für die Älteren so genannten Vertiefungsunterricht, in dem kein neuer Stoff hinzukommt, sondern das Erlernte eben weiter vertieft wird. Die beiden weiteren zwei Wochentage gibt es Betreuungsangebote auf freiwilliger Basis. Viele Eltern hatten die Sorge, dass ihr Kind weniger Freizeit hat. Diese Bedenken sind aber völlig unbegründet. Zumal vielen Kindern vermutlich mehr Freizeit fehlen wird, wenn sie morgens erst eine halbe Stunde zur Schule in der Nachbarschaft fahren müssten und nachmittags noch mal eine halbe Stunde zurück.
Bis zum 10. Oktober müssen die Eltern die Fragebögen abgegeben haben. Bedeutet das, dass sich an diesem Tag entscheidet, wie es mit der Bestwiger Schullandschaft weitergeht?
Ja und Nein. Eine endgültige Anmeldung zur Sekundarschule wird erst Ende Januar oder Anfang Februar erfolgen. Hierfür brauchen wir definitiv 50 Kinder. Da ist die Bezirksregierung Arnsberg rigoros. Sind es am Ende nur 49 Kinder, wird es keinen Teilstandort geben. Wenn sich bereits nach der Elternbefragung ein deutlicher Trend gegen die Sekundarschule abzeichnet, wäre das Projekt - wie gesagt - bereits im Oktober gescheitert. Aber ich will hoffen, dass es dazu nicht kommt. Besonders schlimm fände ich, wenn viele Eltern sich erst gar nicht mit dem Fragebogen beschäftigen und daran die Sekundarschule scheitern würde. Diese paar Minuten Zeit sollte sich wirklich jeder nehmen - zumal die Befragung ja anonym erfolgt. Es ist eine Chance für unsere Kinder - und für die Gemeinde Bestwig.