Grevenstein. .

Fast 100.000 Rehkitze sterben in Deutschland jedes Jahr durch die Mähwerke der Landwirtschaft. In Grevenstein wird jedoch alles getan, das Leben der Jungwildtiere zu retten. Dafür immer im Einsatz: Jäger Michael Hintz, der für den Veltins-Forst zuständig ist.

Das Gras durchsucht

Er durchsucht das hohe Gras – die treuen Augen der Kitze sind Dankeschön genug. Die heutigen Mähwerke können eine Mähbreite von neun Metern haben und fahren mit einer Geschwindigkeit von bis zu 20 km/h. Der Reflex der jungen Tiere ist tückisch: Rehkitze, die sich in brenzligen Situationen befinden ducken sich anstatt zu flüchten und verfallen in eine Angststarre. Eine tödliche Gefahr, wenn sie in das Mähwerk geraten. „Deshalb suchen wir auf den Flächen der Brauerei vor dem Mähvorgang die Wiesen nach Kleintieren und Jungwild ab“, so Michael Hintz. Obwohl eine Wiese im Jahr bis zu fünf Mal gemäht wird, sind für die Suche nach dem Jungwild lediglich der erste und der zweite Schnitt von Bedeutung. Diese beiden Termine fallen meist auf den Zeitpunkt kurz nach der Gebärzeit der Rehe: „Wir finden manchmal Kitze, die von der Geburt noch nass sind und ganz weiche Klauen haben“, erzählt der Berufsjäger nach den soeben erfolgten Durchgängen.

Eingehüllt in Grasbüschel wird das Kitz von Michael Hintz von der Wiese getragen – bis die Wiese abgemäht wird, bleibt das Tier zu seinem Schutz in einem Plastikkäfig.
Eingehüllt in Grasbüschel wird das Kitz von Michael Hintz von der Wiese getragen – bis die Wiese abgemäht wird, bleibt das Tier zu seinem Schutz in einem Plastikkäfig. © WP

„Wir stehen mit den Landwirten, die unsere Flächen bewirtschaften, in sehr gutem Kontakt. So bekommen wir immer rechtzeitig Bescheid, wenn ein Mähvorgang anliegt“, erklärt Hintz. „Wir haben dann die Möglichkeit, ein bis zwei Stunden vorher die Wiese abzusuchen.“ Und dann heißt es, möglichst viele Freiwillige zu motivieren, die bei der Suche helfen. Auch Jugendliche aus Grevenstein, Kinder der Landwirte, sind oft mit von der Partie. „Dabei muss man sehr konzentriert zur Sache gehen“, erzählt der gebürtige Münsterländer, der seit 2007 im Veltins-Forst beschäftigt ist. „Wenn man selbst seine eigenen Füße im hohen Gras kaum erkennen kann, ist ein kleines, zusammengekauertes Rehkitz schnell übersehen.“

Nie anfassen

Wird ein Kitz gefunden, heißt es, sehr vorsichtig damit umzugehen. „Würden wir das Kitz mit unseren bloßen Händen anfassen, würde es die Ricke aufgrund des menschlichen Geruchs im Anschluss nicht mehr annehmen“, erklärt Michael Hintz. Die Helfer tragen das Jungtier mit Hilfe eines großen Grasbüschels von der Wiese und legen es unter einen sicheren Plastikkäfig am Rande der Fläche ab. Unter der Kiste bleibt das Kitz, bis die Wiese abgemäht ist. Nach dem Mähvorgang kann das Kitz in die Freiheit entlassen werden. Unendlich viele Kitze konnten so vor dem sicheren Tod bewahrt werden. Und auch wenn das Absuchen der Wiesen einen gewissen Aufwand darstellt – der Einsatz lohnt.