Beringhausen.

Seit Jahrzehnten lebt Klaus Blumenstein in Niedenstein in der Nähe von Kassel - doch immer wieder zieht es ihn zurück nach Meschede, besonders nach Beringhausen. Denn am 6. März 1938 wurde er dort in der Auguste-Viktoria-Knappschaftsheilstätte, der späteren Veramed-Klinik, geboren. Sein Vater Wilhelm Blumenstein hatte seine Lehre 1914 in Bochum bei der Ruhr-Knappschaft begonnen. In der Verwaltung der Klinik in Beringhausen arbeitete er seit den 20er-Jahren. Beide Eltern hatten sich in dem Knappschafts-Krankenhauses kennen gelernt.

Diesmal, beim Besuch, hat Klaus Blumenstein auch seinen Vetter, Dr. Georg Blumenstein aus Brilon mitgebracht: Der heute 82-Jährige verbrachte die Jahre von 1943 bis 1946 beim Onkel in Beringhausen, weil seine Bochumer Schule evakuiert worden war. „Für mich war das die Seligkeit hier“, schwärmt er. Im Ruhrgebiet hatte er Karl May gelesen, in Beringhausen spielte er die Szenen nach. „Aber erst musste ich mich an die Wälder hier gewöhnen“, erinnert er sich schmunzelnd. Denn das Stadtkind traute sich anfangs nur in Begleitung des jüngeren Vetters in „die Wildnis“.

Als die beiden Jungs sich in Beringhausen tummelten, war die Klinik vor allem ein Haus für Lungenkranke und während des Zweiten Weltkrieges ein Reservelazarett.

„Wir wurden gewarnt, dass wir uns von den Patienten, den so genannten Pfleglingen, fernzuhalten hätten“, erinnert sich Georg Blumenstein. Tuberkulose war eine gefährliche und ansteckende Krankheit. „Es wurde erzählt, dass selbst Hasen hier oben an der Lungenkrankheit gestorben seien, weil die Patienten nicht sorgfältig mit ihrem Auswurf umgingen, den sie eigentlich in ihre blauen Glasflaschen spucken sollten.“

Ein kleines Reich für sich

Die meisten Angestellten lebten unten im Tal. So bildeten die Menschen, die oben direkt in oder neben der Klinik wohnten, ein kleines Reich für sich. Klaus Blumenstein erinnert sich an die Verwalter-Familie Borchard, den Chauffeur Johannes Schleifstein und Maschinenmeister Nölke. „Außerdem gab es noch das Chefarzt-Haus von Dr. Langenkamp, aber dessen Kinder durften den Garten nicht verlassen, um mit uns zu spielen.“

Alles voller Leben

Die beiden Vettern wissen noch genau, wo der Lastenaufzug, der zum Bau der Klinik errichtet worden war, früher mal ankam, wo die Heizanlage untergebracht war, wo die Lungenhallen waren, in denen die Kranken lagen, wo die Küche war und wo anfangs Willi und Alwine Blumenstein in der Klinik lebten. „Es tut schon weh zu sehen, wie hier alles verfällt“, sagt Klaus Blumenstein mit Blick auf die zerborstenen Fenster und die mit Brettern verrammelten Türen. Zweimal im Jahr kommt er her, meldet sich immer vorher bei der Polizei an. „Damit niemand denkt, ich will hier was zerstören“ - und streift über das Gelände. „Ich hänge einfach daran“, sagt er. Eine Stiefschwester von ihm liegt auf dem Friedhof in Beringhausen begraben. „Früher war hier alles voller Leben.“

INFO-BOX

Klaus Blumenstein ist auf der Suche nach Gleichgesinnten, Menschen, die sich für die Geschichte der alten Klinik interessieren, die sich vielleicht sogar noch an seine Familie erinnern.

Er freut sich über Anrufe unter 05624/ 8518 oder 0177/ 2964183.