Meschede. . Kein freiwilliges Sonderopfer mehr: Das ist die erste Reaktion der Beschäftigten bei Martinrea-Honsel in Meschede auf die von der Geschäftsführung angekündigte Aufgabe der Tarifbindung. Der Betriebsrat hat eine entsprechende Betriebsvereinbarung gekündigt.

Darin hatten sich die Beschäftigten im Februar zu einer täglichen, vorerst unentgeltlichen Mehrarbeit von einer halben Stunde verpflichtet. Vergütet werden sollte sie erst später. 110 zusätzliche Arbeitsstunden sollte jeder in diesem Jahr auf ein Sonderkonto einbringen – zum Wohle des Unternehmens.

Doch das dankt es ihnen nicht, meinen die Beschäftigten angesichts der Tarifflucht. Beim Betriebsrat häuften sich Anfragen aus der Belegschaft, ob nicht im Gegenzug die Betriebsvereinbarung hinfällig sei. Der Betriebsrat reagierte nun mit der Aufkündigung. Wolfgang Werth, Erster Bevollmächtigter der IG Metall, hat dafür „vollstes Verständnis“: „Es ist schon erstaunlich, zu was für einem Opfer sich die Belegschaft bereit erklärt hatte. Und der Dank der Geschäftsführung ist die Aufgabe der Tarifbindung.“

Aktionsplan mit 260 Punkten

In Meschede hat sich 2012 ein Verlust von 14 Millionen Euro summiert. Um den Standort zu sichern, wollte der Betriebsrat mit dem 110-Stunden-Modell ein Zeichen setzen. Dazu gehörte auch eine für die Arbeitnehmer belastendere Umstellung der Schichten mit kürzeren Erholungsphasen. So wollte die Arbeitnehmerseite allein rund fünf Millionen Euro beisteuern. 260 Punkte sah ein „Aktionsplan“ zwischen Geschäftsführung und Belegschaft vor. Doch bei der Überprüfung, was die Geschäftsführung beigetragen hat, kam der Betriebsrat zum vernichtenden Urteil: Nichts. Werth sagt: „Keine Zusage wurde eingehalten.“ Die Leitung gewährte im gemeinsamen Wirtschaftsausschuss nicht einmal Einblick in die Bilanz – das ist laut Betriebsverfassungsgesetz vorgeschrieben.

Die Drohung mit Spanien

Auf die Kündigung der Betriebsvereinbarung kam heute die neue Reaktion der Geschäftsführung. Per Anschlag wurde verkündet: Weil die 30-Minuten-Regelung jetzt nicht mehr gelte, „sehen wir uns deshalb leider gezwungen, einige bestehende Aufträge und einen im ersten Quartal gewonnenen Auftrag kurzfristig nach Spanien zu verlagern“.

Welche Auswirkungen dies auf die künftige Beschäftigungssituation in Meschede habe, „können wir zurzeit noch nicht absehen“. Im Martinrea-Konzern-Wettstreit steht der Mescheder Standort in Konkurrenz mit dem spanischen Ableger, wo billiger produziert wird.