Meschede. . Diesen Fall stuft die Polizei als „besonders krass“ ein: Ein Mädchen an einer heimischen Grundschule traut sich plötzlich nicht mehr auf die Toilette. Es wird dort bedroht und erpresst. 50 Cent verlangen die Täter jedes Mal. Gewalt an Schulen - das Problem ist nicht so groß wie in Ballungszentren, doch auch hier im ländlichen Raum gibt es diese Fälle. Tendenz: leicht steigend.

„Abziehen“ nennen es Jugendliche, wenn sie anderen Geld oder Gegenstände wegnehmen. Es ist ein Wort, das Ludger Rath, Pressesprecher der Polizei, nicht leiden kann. „Es ist verharmlosend“, sagt er. „Denn es handelt sich um nichts anderes als Raub. Und Raub ist ein Verbrechen.“ Bei der Polizei werden die Delikte strafrechtlich einsortiert: Beleidigung, Bedrohung, Körperverletzung, Erpressung oder Raub. Eine genaue Statistik über Vorkommnisse an Schulen gibt es daher nicht.

Doch die Kommissariate berichten: „Auch im Hochsauerland gibt es diese Probleme.“ Die Dunkelziffer wird hoch eingeschätzt - das bedeutet: Die meisten Fälle werden der Polizei erst gar nicht bekannt. Dabei rät die Behörde grundsätzlich zur Anzeige: „Es gibt leider Schulleiter, die um den guten Ruf ihrer Schule fürchten. Ich persönlich halte das für falsch“, sagt Pressesprecher Rath. „Aus meiner Sicht hat die Schule den besseren Ruf, die offen mit Problemen umgeht und aktiv dagegen vorgeht.“

Rath rät dazu sämtliche Delikte anzuzeigen, unabhängig vom Alter der mutmaßlichen Täter. „Auch wenn Kinder, die jünger als 14 Jahre sind, strafrechtlich nicht belangt werden können, so hat es eine große erzieherische Wirkung, wenn auf einmal die Polizei auftaucht und es eine Anhörung gibt“, erklärt er und betont: „Im übrigen wirkt das auch bei den Eltern.“

Raub ist nach Einschätzung der Polizei die häufigste Straftat, die auf Schulhöfen verübt wird: „Die Klassiker sind Münzgeld, Kaugummis oder Zigaretten“, weiß Rath. In Ausnahmen gibt es Fälle nach dem Motto: „Deine Jacke gefällt mir, gib’ die her.“Bei den Tätern handelt es sich meistens um 14- bis 16-Jährige. Die Polizei beobachtet Fälle in allen Schulformen. Das Schema ist überall dasselbe: Der Stärkere beutet den Schwächeren aus.

Den Opfern empfiehlt Rat, unbedingt mit ihren Eltern die Polizei einzuschalten. „Im Laufe der Zeit gibt es ansonsten immer mehr Forderungen.“ Natürlich, so sagt der Polizei-Pressesprecher, kann er die Angst der Opfer nachvollziehen. „Aber die Frage ist doch, was passiert, wenn ich nicht zur Polizei gehe: Es geht immer weiter und wird immer schlimmer. Wenn wir einschreiten, können wir diesen Kreislauf stoppen.“

Dennoch sind es manchmal nur Zufälle, durch die diese Taten auffallen, auch tragische: Die Grundschülerin, die auf dem Weg zur Toilette erpresst wurde, machte sich auf einmal in die Hose. Sie ging nicht mehr aufs WC.