Beringhausen. .

Sie wird die Geisterklinik genannt und mittlerweile sorgt sie für Albträume: Nach Informationen unserer Zeitung sind immer noch nicht alle Patientenakten und -daten aus der leer stehenden Veramed-Klinik bei Meschede weggeschafft worden. Außerdem nimmt der Vandalismus grauenhafte Formen an: Es gibt kein Zimmer mehr, in dem nicht Mobiliar, Fliesen oder Scheiben kaputt geschlagen worden sind. Es sieht gespenstisch aus auf den einsamen, langen Fluren. Das belegen Aufnahmen, die unser Redaktion aktuell zugespielt worden sind.

Bis zum Jahr 2009 war die Veramed-Klinik ein privates Fachkrankenhaus für Krebserkrankungen. Als sie in die Insolvenz geriet, wurden die verwertbaren Gegenstände weggebracht, danach wurde einfach der Schlüssel herumgedreht. Die Einrichtung blieb zurück - so, als ob das Personal nur in die Pause gegangen wäre. Eine fast komplett ausgestattete Klinik, völlig einsam gelegen im Wald. Zugleich: ein illegaler Spielplatz für Abenteurer und ein Magnet für Metalldiebe.

Fenster eingeschlagen

Die Zahl der Einbrüche geht in die dutzende und inzwischen haben es die Verantwortlichen offensichtlich aufgegeben, das Gebäude zu sichern: Überall sind Fenster eingeschlagen und nach Informationen unserer Zeitung sind die meisten Türen geöffnet - darunter die Haupteingangstür. Skandalös: Noch immer befinden sich sensible Daten offen zugänglich in dem Gebäude.

„Nicht viel Mühe gemacht“

Den Großteil der Akten hatte das Ordnungsamt der Stadt Meschede nach einer Gesprächsrunde mit dem Hochsauerlandkreis und dem NRW-Datenschutzbeauftragten sichern lassen. „Viel Mühe“, berichtet ein Augenzeuge, „haben sich die Beteiligten dabei nicht gemacht.“ Auf den Bildern, die unserer Zeitung vorliegen, ist zu erkennen, dass beispielsweise im früheren Chefarzt-Zimmer heute noch Akten von Patienten eingesehen werden können: Name, Geburtsdatum, Diagnose, Angehörige, Abrechnungskosten - alles kategorisiert in Ordnern von A bis Z. Es gibt Kladden über den Einsatz schwerer Betäubungsmittel - auch hier: Menge, Name, Krankheit. Darüber hinaus befinden sich überall in der Klinik von Vandalen verstreute Papiere. Die meisten sind unbedeutend, andere höchst sensibel.

Berg an Arbeit

Der Albtraum für die Behörden: Wollten sie wirklich alle Daten sichten und sichern, hätten sie noch einen Berg an Arbeit vor sich. Eine Arbeit, für die niemand zuständig sein will, für die vor allem niemand bezahlen will. „Hier besteht eine Gesetzeslücke“, hatte der Pressesprecher des Hochsauerlandkreises das Ergebnis eines Runden Tisches zusammengefasst, zu dem die Beteiligten auf dem Höhepunkt des Skandals zusammengekommen waren. Weil die Klinik privat geführt worden war, ist niemand mehr verantwortlich. Das NRW-Gesundheitsministerium will sich jetzt um eine Lösung kümmern.

Bis dahin sitzt die Stadt Meschede als Ordnungsbehörde auf den Akten. Sie hat sie in ihrer Verzweiflung für eine Übergangszeit einmauern lassen, damit Unbefugte die Finger davon lassen. Die Eigentümer des äußerlich wunderschönen Gebäudes würden unterdessen lieber heute als morgen einen Käufer für die Immobilie finden. „Der Preis“, erklärte Sprecher Fritz Platzer zuletzt im Gespräch mit unserer Zeitung, „ist inzwischen zweitrangig.“ Ein Hotel, eine Reha-Klinik - Ideen und Interessenten gab es mehrere, zugegriffen hat am Ende keiner.

Respekt vor der Kapelle

Das Schicksal des Gebäudes ist so ungewiss wie die langfristige Aufbewahrung der Patientenakten. Die Gebäudesubstanz hat nach Angaben von Platzer noch keinen allzu großen Schaden genommen. Die Einrichtung im Innern müsste dagegen komplett erneuert werden. Es gibt, so unser Augenzeuge, nur einen Raum, vor dem die Vandalen etwas Respekt hatten: die Kapelle als Zeichen der Hoffnung.