Meschede. . In einem Prozess um angebliche sexuelle Belästigung vor dem Mescheder Schöffengericht wurde der 41-jährige Angeklagte freigesprochen. Der Grund: Das Gericht glaubte den widersprüchlichen Aussagen des vermeintlichen Opfers nicht.

Selbst die Aussagen des vermeintlichen Opfers fand das Mescheder Schöffengericht am Ende wenig glaubwürdig. Ein 41 Jahre alter Mann, der wegen sexueller Nötigung einer Arbeitskollegin angeklagt war, wurde deshalb aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Richterin Christina Spenner gab, als einziges Ergebnis dieses Prozesses, auch allen künftigen Zeugen mit auf den Weg: „Hörensagen sollte man als solches kennzeichnen.“

Wie berichtet, soll der 41-jährige Schichtführer einer Schnellimbiss-Filiale im Januar 2012 bei einer Betriebsfeier im Mescheder Bowlingcenter angeblich eine 20 Jahre alte Kollegin sexuell belästigt haben. Der Mann bestritt das: Er habe die Frau nur ins Treppenhaus begleitet, weil diese rauchen und nicht alleine sein wollte. Danach gingen beide wieder hinauf zum Bowlen.

Arbeitskollege untermauert Vorwurf des vermeintlichen Opfers

Den Vorwurf der Frau untermauerte nur ein anderer, ein 25 Jahre alter Arbeitskollege: Er habe die Frau angeblich weinend und ihre Kleidung zurechtrückend die Treppe hinaufgehen sehen. Getan aber hatte er nichts: Er schritt nicht ein, fragte nicht nach. Seltsam fand dies das Gericht: „Wenn man jemanden weinen sieht, guckt man doch genauer hin, was los ist“, wunderte sich Richterin Spenner.

Später fuhr dieser Zeuge sogar das Opfer und weitere Kolleginnen nach Hause. Dabei, behauptete der 25-Jährige, sei unter den Frauen über die Belästigung gesprochen worden. Er selber habe aber „nicht intensiv zugehört, weil ich mich aufs Fahren konzentrieren wollte“. Bei der Polizei behauptete der Mann jedoch, „so was“, solche Belästigungen, seien bei dem Angeklagten quasi bei jeder Feier vorgekommen – ohne dafür vor Gericht aber tatsächlich konkrete Belege anführen zu können. Er hatte das alles nur aufgeschnappt.

„Sie unterscheiden nicht zwischen Tatsachen und Hörensagen“, warf ihm die Richterin vor – und erinnerte den Zeugen daran, dass er sich so im „breiten Feld zwischen Verleumdung und übler Nachrede bewegt“. Der Mann räumte ein, mit dem Angeklagten gelegentlich bei der Arbeit gestritten zu haben.

Sexuelle Nötigung als Kündigungsvorwand?

Auch das angebliche Opfer überzeugte das Gericht nicht. Bereits am ersten Verhandlungstag versuchte der Verteidiger des Angeklagten, Hans-Peter Maas (Dortmund), nachzuweisen, dass die Frau durch den Vorwurf Vorteile bei ihrem Arbeitgeber erwerben wollte. Der Angeklagte vertrug sich offenbar nicht mit einem anderen Manager, den wiederum der Arbeitgeber bevorzugte. Nach dem Vorwurf der sexuellen Nötigung wurde dem 41-Jährigen auch sofort gekündigt. Hatte der Arbeitgeber bewusst nach einem Vorwand gesucht? Diese Frage des Betriebsklimas wurde in diesem Gerichtsverfahren nicht vertieft. Das Opfer hatte jedenfalls, sagte Maas, nach dem Vorfall überraschend schnell einen Ausbildungsplatz erhalten. Nicht widersprochen hatte die Frau auch, in der Vergangenheit schon einmal, damals einen Mitschüler, der sexuellen Belästigung bezichtigt zu haben.

Der Verteidiger hatte für den zweiten Prozesstag selbst Fotos vom angeblichen Tatort angefertigt. Dadurch wurden weitere Unstimmigkeiten deutlich. So sagte das Opfer aus, in die Ecke gedrängt worden zu sein. In die Ecke konnte man aber gar nicht gedrängt werden, ohne den Kopf mühsam einziehen zu müssen. Davon sagte das Opfer nichts.

Bei der Polizei sagte sie aus, der Angeklagten habe sie auch ans Gesäß gefasst. Vor Gericht wusste sie davon nichts mehr. So sah auch die Staatsanwaltschaft zuletzt viele Widersprüche und „erhebliche Zweifel, ob sich der Vorfall so ereignet hat“.

Die Hintergründe der Vorwürfe blieben ungeklärt: Verteidiger Maas hatte „Animositäten aus einer jahrelangen Zusammenarbeit“ als Erklärung, vielleicht sei sein Mandant als Vorgesetzter auch zu streng gewesen.