Meschede/Wasserfall. .
Der junge Mann macht gerade den Hauptschulabschluss nach, er ist Vater geworden, lebt mit neuer Freundin und Kind in Köln. Und auch, wenn er gestern vor dem Mescheder Amtsgericht keinerlei Angaben zum Tathergang macht, um sich selbst nicht zu belasten, entschuldigt er sich artig bei seinen Opfern, einem 45-jährigen Mescheder Polizeibeamten und einem Mann aus Gescher. Auch die Richterin meinte: „Es scheint, dass sie versuchen, ihr Leben in den Griff zu bekommen.“
Vor zwei Jahren allerdings - da sah das alles noch ganz anders aus. Ein langes Vorstrafenregister, darunter allein fünf Verurteilungen wegen Körperverletzungen zeichneten ihn aus, als er sich gebärdete wie ein Wilder.
Der damals 22-Jährige war zu nächtlicher Stunde in einer Kneipe bei einer Hochzeits-Nachfeier in Wasserfall, als seine damalige Freundin, „den Mann im weißen Hemd“ beschuldigte, sie geschlagen zu haben. Der Angeklagte ging ohne Vorwarnung auf den nächsten Mann im weißen Hemd zu und schlug ihm mit der Faust ins Gesicht. Wie sich später herausstellte, griff er sich den Falschen. „Ich war unbeteiligt“, sagte der Zeuge. „Ich stand halt im weißen Hemd an der Theke.“ Im weiteren Gerangel flog noch ein Stuhl. Woher? Wohin? - das war gestern nicht zweifelsfrei festzustellen.
Beim Eintreffen der Polizei kam der Angeklagte dann mit freiem Oberkörper und blutender Hand auf die Beamten zu. Weil er nicht zu beruhigen war, wollten ihn die Beamten mit nach Meschede in die Zelle nehmen. „Erst ging er auch mit“, erinnerte sich der Polizeibeamte, „doch dann kurz vor dem Streifenwagen begann er sich zu wehren.“ Obwohl es den Beamten gelang ihn zu fesseln, trat er weiter um sich und traf dabei mit einem gezielten Tritt den Polizeibeamten so heftig in der Leistengegend, dass der danach zu Boden ging und im Anschluss für vier Tage krankgeschrieben werden musste.
Auch in der Zelle habe er noch „getobt wie ein wildes Tier“, erinnerte sich der Polizist. „Er schien betrunken, war aggressiv, völlig durchgeknallt. So etwas habe ich in meiner 25-jährigen Arbeit nur ein weiteres Mal erlebt.“ Ein Alkoholtest ergab allerdings nur einen Wert von 0,84 Promille. Er sei auf Entzug gewesen, versuchte der Angeklagte eine Erklärung für sein Toben. Speed und Cannabis habe er damals genommen, ortsfremd im Sauerland sei er aber an die Drogen nicht herangekommen.
Ein Geständnis war ihm nicht zu entlocken. Trotzdem sahen die Richterin und die Vertreterin der Staatsanwaltschaft die Vorwürfe der Körperverletzung und des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte als erwiesen an. Die Richterin verurteilte den 24-Jährigen zu fünf Monaten Haft, die drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden und 100 Sozialstunden. Ein Bewährungshelfer und ein Anti-Aggressionstraining sollen ihm helfen auf dem richtigen Weg zu bleiben. Außerdem muss er 500 Euro Schmerzensgeld an den Polizeibeamten zahlen.