Schmallenberg/Meschede.
Was wirklich geschehen ist, bleibt nach dem gestrigen Verhandlungstag am Amtsgericht Meschede unklar. Wegen sexueller Nötigung und Beleidigung in sieben Fällen saß ein 29-jähriger Schmallenberger gestern auf der Anklagebank.
Der Tatzeitraum, April bis Juli 2010, liegt mittlerweile schon mehr als zwei Jahre zurück. Die Zeugen, die gestern gehört wurden, sagten vor Gericht immer wieder, dass sie sich nicht mehr genau erinnern können – „das ist schon so lange her.“ Das macht die Sache nicht unbedingt leichter.
Richterin Christina Spenner musste das Verfahren gestern neu aufrollen (auch deshalb die Verzögerung), da sie die erste Verhandlung vor einigen Monaten abgebrochen hatte. Der damalige Anwalt des Angeklagten hatte eine Zeugin auf übelste Weise beleidigt.
Gutachten vorgestellt
Jetzt saß der Angeklagte mit neuem Verteidiger wieder am Amtsgericht Meschede und beteuerte, dass er die Frauen in seiner Wohngemeinschaft im betreuten Wohnen nicht angefasst habe. Zu den Vorwürfen der Beleidigungen sagte er: „Ja, das habe ich gemacht. Ich bin aber auch schon oft beleidigt worden und habe nicht direkt eine Anzeige gemacht.“ Zwei junge Frauen werfen dem 29-Jährigen aber auch vor, dass er sie an Busen, Po und im Schritt über der Kleidung gegen ihren Willen berührt habe. Zudem soll er sich vor einer der Frauen entblößt haben.
Ein Gutachter sollte dem Gericht helfen, die Situation besser einzuordnen. Als adoptiertes Kind, wenn auch von einer gut situierten Familie, habe der Angeklagte eine schwierige Kindheit und Jugend hinter sich: Probleme in der Schule, Aufenthalte im Internat, in einer psychiatrischen Klinik, kriminelle Auffälligkeiten sowie Drogenkonsum in der frühen Jugend.
Verminderte Steuerungsfähigkeit
Der Gutachter attestierte dem Angeklagten eine Impulskontrollstörung. Die verminderte Steuerungsfähigkeit könne schon durch geringe Alkoholisierung oder einen kleinen Streit ausgelöst werden. „Eine Persönlichkeitsstörung zusammen mit Drogen- und Alkoholmissbrauch, das ist eine üble Kombination“, resümierte er.
Ebenfalls als Zeugin wurde die Bezugsbetreuerin des Angeklagten gehört. Sie sollte dem Gericht Aufschluss über dessen Umfeld geben. Auf Nachfrage der Richterin erklärte sie, dass der Umgangston mit Beleidigungen und auch die Sexualisierung in einigen Häusern des betreuten Wohnens an der Tagesordnung seien. „Und ist es üblich, dass man sich gegenseitig anzeigt – auch ohne Grund?“, fragte die Richterin weiter. Auch das komme vor, so die Zeugin.
Zwei Fortsetzungstermine
Mittlerweile ist der Angeklagte in ein anderes Haus umgezogen. Sein Alkohol- und Drogenkonsum habe sich seitdem positiv verändert, er sei aber auch „ein Pascha“, habe seine „Laufburschen“. „Er ist deutlich begabter als seine Mitbewohner“, machte die Zeugin einen Versuch der Erklärung. Beleidigungen – auch gegen Betreuer – seien aber weiter an der Tagesordnung.
Zur Aufklärung setzte Richterin Christina Spenner zwei Fortsetzungstermine für den 4. und 11. Oktober an. Fünf weitere Zeugen sollen dann gehört werden.