Meschede. . 130 Milliarden Euro umfasst das bis 2014 angesetzte zweite Hilfspaket für Griechenland. Das hat der Bundestag beschlossen. Der heimische CDU-Abgeordnete Dr. Patrick Sensburg erläutert im Interview, warum das Paket auch aus unserer heimischen Sicht so wichtig ist.

Haben Sie für das zweite Hilfspaket gestimmt? Wenn ja, mit welchem Gefühl?

Dr. Patrick Sensburg: Ja, ich habe dafür gestimmt und auch nicht mit der Faust in der Tasche. Das war aber schon ein sehr ernstes Gefühl: Wir beschließen schließlich etwas, was auch den deutschen Haushalt massiv belastet. Ich bin aber davon überzeugt, dass dieses Paket Sinn macht. Es ist besser, als Griechenland einer ungeordneten Insolvenz zu überlassen. Wir müssen die Vernetztheit bei diesen Krisen lösen: Es darf nicht sein, dass bei einer Zahlungsunfähigkeit der Verkehr zwischen den Banken, unsere Renten und andere Staaten betroffen sind.

Die Kanzlermehrheit ist verfehlt worden. Sehen Sie die Koalition jetzt in einer Krise?

Sensburg: Nein, ich sehe das nicht so. Es war sicherlich kein glückliches Ergebnis. Einige Kollegen fehlten aus Krankheitsgründen. Das spielte mit eine Rolle. Aber natürlich merkte man auch, dass es einige Skeptiker mehr gibt: Man beschließt so ein Paket eben nicht mit Leichtigkeit. Was mir auch fehlt, ist die Beantwortung der Frage, die über Griechenland hinausgeht: Was passiert bei einer Insolvenz eines Staates?

Wie sind die Reaktionen aus Ihrem Wahlkreis zu der Griechenland-Hilfe? Denken Sie, die Hilfe findet Unterstützung bei den Sauerländern?

Sensburg: Die Reaktionen sind natürlich etwas gemischt: Die Sauerländer finden das Paket nicht toll, aber sie sehen es am Ende als richtige Entscheidung an. Deutschland hat 2011 erstmals die Marke von einer Billion Euro bei den Exporten geknackt. Von den Exporten gingen 71 Prozent in europäische Länder. Das zeigt, wie wichtig Europa gerade auch für die Wirtschaft im Hochsauerlandkreis ist. Deswegen ist es so wichtig, die Stabilität in Europa aufrecht zu erhalten.

Würden Sie auch für ein drittes, viertes Hilfspaket stimmen?

Sensburg: Ich will nicht ausschließen, dass es auch ein drittes Paket geben wird. Aber man muss dabei berücksichtigen, dass es beim Thema Griechenland beispielsweise um die Sicherheit unserer Renten geht. Bei einem Zusammenbruch der griechischen Wirtschaft könnte dann auch der deutsche Rentner betroffen sein. Und das will niemand.

Als Reaktion auf das Hilfspaket wurde Griechenland weiter abgestuft. Befürworten Sie Einschränkungen für die Macht der Rating-Agenturen?

Sensburg: Das Kernproblem sind nicht die Rating-Agenturen. Wir müssen uns aber fragen, ob wir sie nicht überbewerten. Das ist meiner Ansicht nach ein gigantischer Hype. Die Rating-Agenturen haben auch in der Vergangenheit schon immer gewarnt. Das interessierte bloß niemanden, bis es zum Knall kam. Die Agenturen tun nur ihre Pflicht: Sie zeigen auf, dass etwas nicht richtig läuft. Folgerichtig kann sich Griechenland kein frisches Geld mehr am Markt besorgen. Die wahre Schuld liegt in den Ländern, die mehr ausgeben als sie einnehmen. Wir haben in vielen Staaten unseren Wohlstand durch Verschuldung generiert. Wir leben über unsere Verhältnisse. Das ist das Problem.

Ist Griechenland Ihrer Ansicht nach zu retten?

Sensburg: Ja, wenn zwei Bedingungen erfüllt werden. Griechenland muss zum einen die sehr einschneidenden Einsparmaßnahmen akzeptieren. Das Lohn- und Preisniveau ist zum Beispiel um 20 Prozent zu hoch. Wenn diese Bedingung erfüllt ist, dann müssen zum anderen mehr Investitionen aus der EU folgen, um für einen Aufschwung zu sorgen.

In der Diskussion stehen Einsparungen im Mittelpunkt. Wie soll in Griechenland eigentlich Wachstum entstehen?

Sensburg: Der Staat muss in Griechenland sehr schnell Rahmenbedingungen schaffen, dass Rechtssicherheit und steuerliche Sicherheit entsteht. Wenn diese Unsicherheiten beseitigt sind, dann kann auch wieder investiert werden, wenn es geht mit Sauerländer Firmen.

Kann auch jedes andere Land in der EU mit Hilfe in diesem Umfang rechnen?

Sensburg: Nein, man muss jedes Land individuell sehen. Die Probleme in Portugal und Spanien sind andere als die in Griechenland. Es ist jetzt wichtig, dass die anderen Länder die Signale richtig erkennen: Griechenland muss ein hoher Anreiz sein, um die eigene Haushaltslage in den Griff zu bekommen.