Meschede. Im Rhythmus vereint: Meschedes Taiko-Gruppe Sen Ryoku lebt die japanische Trommeltradition. Bald bekommt sie eine einmalige Chance.

Im Markes Haus in Eversberg vibriert die Luft, als die Taiko-Gruppe Sen Ryoku auf ihre Trommeln schlagen. Es ist wie ein Tanz: Große Bewegungen, eine strikte Choreografie, zwischendurch sind Rufe im Takt der Trommelklänge zu hören. In diesem Moment sind die acht Trommler eine Einheit. Als die letzten Schläge leise verklingen, verbeugen sie sich.

Taiko: Eine Jahrhunderte alte japanische Tradition

„Beim Taiko geht es um die Gruppe, alleine funktioniert es nicht“, erklärt Peter Wiegelmann. Im Jahr 2000 hat er die Gruppe in Meschede gegründet. Viele von ihnen sind bereits seit über 20 Jahren mit dabei. Ein eingeschworenes Team. Doch was versteht man eigentlich genau unter Taiko? „Taiko bedeutet ‚große Trommel‘ und ist in Japan eine Jahrhunderte alte Tradition“, erklärt der 71-Jährige.

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Auf die Kunst des Trommelns sei er das erste mal 1998 auf dem japanischen Frühlingsfest in Düsseldorf aufmerksam geworden: „Der Funke ist sofort übergesprungen.“ Nach einer zweijährigen Ausbildung zum Taikolehrer folgte dann der Entschluss eine eigene Gruppe zu gründen. Eine Entscheidung, die Wiegelmann bis heute nicht bereut.

Die Taiko-Gruppe Sen Ryoku teilt die Leidenschaft für die japanische Kunst des Trommelns. 
Die Taiko-Gruppe Sen Ryoku teilt die Leidenschaft für die japanische Kunst des Trommelns.  © WP Meschede | Anna Valle

Die Gruppe besteht aus insgesamt zwölf Trommlerinnen und Trommlern. Sie kommen nicht nur aus Meschede, sondern teilweise aus Lippstadt und Paderborn. Der Grund: „In Nordrheinwestfalen gibt es nur wenige Taiko-Gruppen.“

Nicht nur Kunst, sondern auch Ganzkörpertraining

Sen Ryoku trifft sich sie einmal wöchentlich für zwei Stunden, um gemeinsam zu proben: „Taiko ist ein Ganzkörpertraining. Die Verbindung von Rhythmus, Bewegung, Kondition und Beweglichkeit ist das, was mich so an der Kunst fasziniert“, beschreibt Wiegelmann.

Da sind nur die Klänge und der Rhythmus. Alle Sorgen des Alltags sind vergessen.
Peter Wiegelmann - Gründer von Sen Ryoku

Beim Taiko vergesse man alles um sich herum: „Da sind nur die Klänge und der Rhythmus. Alle Sorgen des Alltags sind vergessen.“ Das ist es, was auch die Teilnehmer so an ihrem Hobby schätzen. Einer davon ist Ulmar Becker. Er erklärt: „Nach einem arbeitsreichen Tag kann ich mich beim Taiko richtig auspowern. Der Kopf wird frei und ich bin völlig entspannt.“

Anfänger tasten sich über den Gong an Rhythmus heran

Genug geredet, jetzt wird wieder gespielt. In einigen Stücken ertönt ein Gong. Gespielt wird der von Reinhold Spanke, einem Neuanfänger der Gruppe. „So lernt Reinhold am schnellsten die Struktur der Stücke“, weiß Wiegelmann. Und dann beginnen sie. Erst ganz langsam, fast wie in Zeitlupe und dann immer schneller. Das Stück heißt „Kaminari“, übersetzt „aufziehendes Gewitter“ - geschrieben von Sayuri Ito. Und das passt auch. Gespielt wird auf kleinen und großen Trommeln. Sie alle wurden von Wiegelmann und seiner Gruppe selbst hergestellt. Taiko ist facettenreich: Getrommelt werden kann nämlich im Sitzen, Liegen, Stehen und sogar über Kopf.

Taiko ist kreativ und vielfältig: Hier sieht man wie über Kopf getrommelt wird. 
Taiko ist kreativ und vielfältig: Hier sieht man wie über Kopf getrommelt wird.  © WP Meschede | Anna Valle

Ein besonderes Hightlight: Ein Workshop mit der Profigruppe „Kokubu“ aus Japan

Im Jahr hat die Taiko-Gruppe sieben bis acht Auftritte - davon sind in der Regel alle überregional. Ein besonderes Highlight ergab sich für die Mescheder Trommler jedoch im Januar. Dort haben sie an einem Workshop der weltweit bekannten Profigruppe „Kokubu“ aus Japan teilgenommen: „Das war eine einzigartige Gelegenheit für uns. Mehr Motivation geht nicht“, schwärmt der Mescheder.

Die Profis aus Japan trainieren fünf Tage die Woche für jeweils zehn Stunden - „nur ein kleiner Unterschied zu uns“ scherzt die Gruppe aus dem Sauerland. Natürlich seien sie deshalb im Vorfeld ziemlich aufgeregt gewesen.

Auch wenn wir nicht dieselbe Sprache sprechen, waren wir sofort miteinander verbunden - nur durch die Kunst des Trommelns.
Martina Horn - Mitglied von Sen Ryoku

Doch all die Sorgen waren unbegründet: „Ich bin selten so aufgeschlossenen und freundlichen jungen Menschen begegnet. Wir waren auf Anhieb begeistert“, so der 71-Jährige. Man spürt: Der Workshop hat bei allen Teilnehmenden Spuren hinterlassen. „Auch wenn wir nicht dieselbe Sprache sprechen, waren wir sofort miteinander verbunden - nur durch die Kunst des Trommelns“, erinnert sich Teilnehmerin Martina Horn.

Ein besonderes Highlight für die Trommler aus Meschede: Der gemeinsame Workshop mit der japanischen Profigruppe „Kokubu“. 
Ein besonderes Highlight für die Trommler aus Meschede: Der gemeinsame Workshop mit der japanischen Profigruppe „Kokubu“.  © WP Meschede | Privat

Chance „Kokubu“ auf ihrer Deutschlandtournee 2025 zu begleiten

In die Zukunft blicken Wiegelmann und seine Taiko-Gruppe zuversichtlich: „Wir sind unter Freunden und haben alle dasselbe Ziel - gemeinsam Spaß haben.“ Ganz mit „Kokubu“ abgeschlossen haben sie aber alle noch nicht: „Wir haben von dem Kokubu-Leiter, Toyama Sensei, das Angebot bekommen, gemeinsam mit den Profis während der Deutschlandtournee 2025 auf der Bühne zu trommeln“, erzählt der 71-Jährige stolz.

So ein Angebot „bekommt man nur einmal im Leben.“ Ein Grund, weiter intensiv zu trainieren: „Im Herbst dieses Jahres wird die Planung dann konkret.“ Bis dahin bringt Sen Ryoku weiter Eversbergs Altstadt zum Beben.