Reiste. Birgit Kreisel hat sich den Traum vom Verkaufswagen erfüllt und steht damit auf dem Mescheder Markt. Dort ist sie eine Institution.
An diesem Morgen gibt es vor Birgit Kreisels Marktstand zwei Aussagen, die immer wiederholt werden: „Ist die Chefin heute gar nicht da?“ und „Mensch, Birgit, dich mal außerhalb des Wagens zu treffen!“. Diese Kunden begrüßt Birgit Kreisel alle mit Namen, fragt nach dem allgemeinen Befinden, dem Ehepartner zu Hause, den Plänen fürs Wochenende. Ihr Lachen schallt über den Marktplatz in Meschede - dort ist Birgit Kreisel aus Reiste eine Institution.
Eine halbe Sauerländerin
„Ich bin eine halbe Sauerländerin“, scherzt sie. Eigentlich kommt die 62-Jährige aus Duisburg, ist vor 32 Jahren der Liebe wegen nach Eslohe gezogen. Sie mag das Sauerland - auch wenn die Menschen ihr manchmal ein bisschen zurückhaltend und ruhig seien. Da kommt sie als Ruhrpötterin manchmal an ihre Grenzen. „Da muss ich mich schonmal bremsen.“ Eigentlich kommt Birgit Kreisel aus der Altenpflege, erzählt sie, hat lange in dem Bereich gearbeitet - mittlerweile fährt sie schon seit fünf Jahren mit ihrem Verkaufswagen zweimal in der Woche von Reiste aus auf den Wochenmarkt in Meschede, um dort Waffeln, Crêpes und Bratwurst zu verkaufen.
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Die Idee zu ihrem Verkaufswagen sei ihr damals im Schlaf gekommen, sagt Birgit Kreisel. „Ich hab‘ mich nachts daran erinnert, dass meine Oma früher eine Kneipe in Duisburg hatte“, erzählt sie. „Und dann kam mir die Idee, dass ich das ja auch einfach mal machen könnte.“ Die Idee spricht sie am Morgen bei ihrem Ehemann Willi an. „Der hat direkt gesagt, dass wir das ausprobieren müssen.“ Gemeinsam schauen sie sich nach Angeboten für Verkaufswagen um - schließlich werden sie im Osten fündig und kaufen einen alten Bäckereiverkaufswagen.
Den bereiten die Kreisels selbst wieder her: Die Inneneinrichtung wird komplett ersetzt, statt Bäckereieinrichtung gibt es jetzt einen Getränkekühlschrank, eine Mikrowelle, eine Crêpes-Pfanne und einen Bratwurstbräter. Und auch von außen bekommt der Wagen einen neuen Look: Die alte Werbung lassen sie entfernen, die neue anbringen. Die Auslage, die bleibt, ist jetzt mit Getränken und Deko gefüllt statt mit Backwaren. Überall findet man Birgit Kreisels ganz eigenen Touch.
Eine Wurst morgens um 9 Uhr
Auch in den Gerichten: Die Bratwurst bezieht sie immer frisch von der Fleischerei Schulte in Eslohe, die Currysauce und den Teig für Crêpes und Waffeln stellt sie selbst her. „Nach Geheimrezept“, erklärt sie mit einem Augenzwinkern. Herauszuschmecken ist: Der Waffelteig ist süß, fluffig, und hat eine gewisse Zimtnote. Definitiv einzigartig. Und auch die augenscheinlich kuriose Auswahl an Angeboten weiß sie leicht zu begründen: „So haben wir für jeden etwas. Was kleines Süßes, was großes Süßes, und was Deftiges.“ Natürlich habe alles seine Zeit: Die Waffeln und Crêpes seien besonders morgens gefragt, zur Mittagszeit eher die Würstchen. Manchmal stehen aber auch schon morgens um 9 Uhr Kunden vor der Theke, die gern eine Wurst hätten.
Neben ihrem festen Stand auf dem Mescheder Wochenmarkt kann man Birgit Kreisel auch für Veranstaltungen anfragen - oder sie fährt selbst hin. „Wir sind auch immer auf dem Reister Markt“, erzählt sie. Das ist alle Jahre wieder für sie eine tolle, aber auch sehr anstrengende Veranstaltung: Da muss alles etwas schneller gehen, der Andrang ist groß. „Immer, wenn’s vorbei ist, sag’ ich: Nächstes Jahr mach’ ich’s nicht mehr. Und dann fahren wir doch wieder hin.“ Sie hatte auch mal überlegt, ob sie auf dem Pferdemarkt der Soester Allerheiligenkirmes stehen möchte - dort waren ihr die Standgebühren aber deutlich zu hoch. „Standgebühren über 500 Euro, das machen wir nicht mehr.“
Immer wieder neue Idee
Wo es noch hingeht, das weiß Birgit Kreisel nicht. Mit 57 hat sie sich selbstständig gemacht - mit 62 denkt sie noch nicht ans Aufhören. „Mal gucken, solange es körperlich geht, mache ich auch noch weiter“, sagt sie. „Das Arbeiten hält mich ja auch fit. Ich bin unter Leuten, kann quatschen, das ist immer eine tolle Atmosphäre.“ Und immer mal wieder bringt sie neue Ideen in ihren Verkaufswagen: Burger hatte sie mal versucht, den hatten die Mescheder aber nicht haben wollen. Zu Weihnachten gab es schonmal kleine Nikoläuse, zu Karneval kleine Gummibärchentüten - um ihren Kunden ein bisschen was Gutes zu tun. „Ich möchte meinen Wagen nicht mehr missen“, sagt Birgit Kreisel.