Meschede. Aus dem Nichts ist eine Frau (28) aus Meschede von einem Unbekannten angegriffen worden. Sie reagiert geistesgegenwärtig und mutig.

Nein, ein Opfer ist sie nicht. Die junge Meschederin hat sich erfolgreich gegen einen Überfall gewehrt. Doch der Angriff hinterlässt Spuren. Warum sie so tough reagieren konnte.

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Es sollte nur eine kurze Joggingrunde werden. „Ich war froh, dass ich mich nach dem Dienst noch aufgerafft hatte und freute mich auf die heiße Dusche.“ Mütze, Kopfhörer, dicker Pulli - die Meschederin trabte auf der gewohnten Strecke - dem Ruhrradweg zwischen Meschede und Wehrstapel - in der Kolpingstraße an. „Ich laufe dort regelmäßig, gehe dort auch allein spazieren, habe mich immer sicher gefühlt.“ Nach den ersten Metern, an den Kleingärten, lief sie an diesem Typen vorbei, etwa Mitte 20, untersetzt, vielleicht 1,75 Meter groß, mit zu großer, dicker Jacke, Jeans und einem silbernen Ohrring. „Der war irgendwie gruselig“, habe sie noch gedacht, sich dann aber selbst gescholten: „Stell‘ dich nicht so an. Was soll schon passieren, am helllichten Tag!“

Ich laufe dort regelmäßig, gehe auch allein spazieren und habe mich immer sicher gefühlt.
28-jährige Meschederin - wehrte sich erfolgreich gegen Angriff

Keine Probleme mit Stress umzugehen

Doch als sie noch überlegte, vielleicht besser die Kopfhörer herauszunehmen, habe sie schon gespürt, wie sie von hinten gepackt und hochgehoben wurde. Ob sie stolperte oder geschubst wurde, daran kann sie sich nicht erinnern. „Jedenfalls lag ich plötzlich auf dem Boden und der Typ war über mir.“ Die 28-Jährige ist drahtig, sie arbeitet auf der Intensivstation des Walburga-Krankenhauses, „da muss man sich auch schon mal zur Wehr setzen“, sagt sie. Stress werfe sie so schnell nicht um.

Direkt, als sie auf dem Boden lag, habe sie daher gedacht, „nein Du nicht!“. Sie trat mehrmals mit aller Gewalt zu, schrie den Mann an. Wehrte sich mit Leibeskräften. Er ließ von ihr ab. Die junge Frau rappelte sich hoch. „Ich habe ihn weiter angebrüllt: ,Verpiss dich! Was stimmt mit dir denn nicht? Ich rufe jetzt die Polizei!‘“, was sie gleichzeitig tat und das Gespräch im Hintergrund schon laufen ließ. Als sie sich jetzt noch mal an die Tat erinnert, schiebt sie nachdenklich nach: Es sei schon seltsam gewesen, wie der junge Mann reagiert habe. „Er sagte: ,Ich geh‘ ja schon‘. Drehte sich um und lief davon.“

Foto des Täters gemacht

Aber das ließ die junge Frau nicht zu, lief hinter ihm her und fotografierte ihn. Dass sie unter Schock stand, merkte sie erst im Anschluss beim Gespräch mit der Polizei, „ich wusste, im ersten Moment als die Beamten fragten, gar nicht, wo ich bin“. Und: Als sie es Freunden und ihrer Mutter erzählte.

Wut über Angriff am helllichten Tag

Sie befürchtet, dass der Mann das nicht zum letzten Mal getan hat, auch deshalb wendet sie sich an die Öffentlichkeit. Das Bild des Täters hat die Polizei, wer ihn kennt, wird ihn darauf zuordnen können. Deshalb darf es für eine Öffentlichkeitsfahndung nur nach umfangreicher Prüfung verwendet werden. Doch sie will, dass er zur Rechenschaft gezogen wird und ist wütend.

Überfall auf einem Radweg in der Nähe der Kolpingstraße in Meschede: Hier wurde eine Frau beim Joggen angegriffen.
Überfall auf einem Radweg in der Nähe der Kolpingstraße in Meschede: Hier wurde eine Frau beim Joggen angegriffen. © Meschede | Anna Valle

„Es war helllichter Tag, auf einem beliebten Spazierweg, direkt am Ortsausgang von Meschede. Die ganzen Bullshit-Argumente, beispielsweise, dunkle Ecke, nachts, was Frauen anhaben, zählen ja eh nicht und hier schon mal gar nicht - und doch passiert es! Wahrscheinlich hat er sich einfach gedacht: ,Die packe ich mir jetzt.‘“ Sie ist froh, dass sie sich erfolgreich gewehrt hat, dass sie nicht in Schockstarre verfiel. „Darüber denkt man als Frau ja immer mal nach, was mache ich eigentlich, wenn es mal zu so etwas kommt?“

Spuren bleiben

Äußere Verletzungen hat sie keine. „Ich gehe auch weiter arbeiten.“ Doch sie schläft schlecht, schließt abends ihre Tür ab, erschrickt in unpassenden Situationen, ruft ihren Freund nach dem Nachtdienst an, bis sie sicher im Auto sitzt. Und ihr kommen die Tränen, als sie ihrer Mutter von der Attacke erzählt. „Die macht sich jetzt natürlich große Sorgen.“ Die 28-Jährige blickt trotzdem hoffnungsvoll nach vorn: „Es ist gut zu wissen: Du bist kein Opfer. Du bist eine, die sich wehrt!“