Meschede. Kosten für Baustoffe und Immobilienfinanzierung lassen Käufer zweifeln. Experten aus Meschede geben Einschätzung zur Entwicklung.
Der Traum vom eigenen Haus – für viele Familien ist dieser Traum seit Anstieg von Inflation und Materialpreisen ausgeträumt. Um die Inflation zu bekämpfen, erhöhte die Europäische Zentralbank (EZB) in den vergangenen Monaten den Leitzins immer weiter – auf mittlerweile 3,75 Prozent. Für Firmen und Privatpersonen in Meschede und Umgebung ist das gleichbedeutend mit immensen Kostensteigerungen bei der Finanzierung von Bauprojekten. Stellt sich die Frage: Bauen und Kaufen von Immobilien – wer kann sich das eigentlich noch leisten?
Die Verunsicherung auf dem Immobilienmarkt spürt auch Frank Segref, Pressesprecher der Volksbank Sauerland. Auf Nachfrage der Redaktion erklärt er: „Seit August 2022 spüren wir Zurückhaltung.“ Betroffen sei vor allem der Bereich der Neubaufinanzierungen. „Dieser Bereich ist fast nicht mehr vorhanden“, so Segref.
Kauf von gebrauchten Immobilien in Meschede läuft besser als erwartet
Anders sehe es da schon im Segment der Bestandsimmobilien aus. Der Volksbank-Sprecher erklärt: „Der Kauf von gebrauchten Immobilien läuft in 2023 besser als erwartet.“ Und das trotz der Tatsache, dass sich der Zinssatz für Immobilienfinanzierungen von rund einem Prozent vor zwei Jahren auf mittlerweile knapp das vierfache erhöht hat. „Als Grundzins im Realkreditbereich bieten wir im Moment 3,80 Prozent per anno fest für zehn Jahre an“, so der Volksbank-Sprecher.
Verunsicherung ist derweil auch bei Kunden zu spüren, deren Zinsbindung aus der Vergangenheit in den nächsten Monaten ausläuft und eine Anschlussfinanzierung vereinbaren wollen. „Deshalb raten wir zur individuellen Beratung“, so Segref. Die zukünftig ablaufenden Zinsbindungen kämen jedoch meistens nicht aus der absoluten Niedrigzinsphase und daher sei der Zinsunterschied in vielen Fällen „nicht so hoch“, wie der Volksbank-Sprecher erklärt.
Meschede: Entwicklung auf dem Zinsmarkt
Bezüglich der künftigen Entwicklung auf dem Zinsmarkt geht die Volksbank derweil von einer weiteren Erhöhung aus, bevor zum Jahresende ein erneuter Abfall der Bauzinsen erwartet wird. „Beratung ist hier enorm wichtig. Unsere Spezialisten blicken gemeinsam mit dem Bauherren auf die jeweilige individuelle Situation: Wie viel Immobilie kann ich mir leisten?“, so Segfref. Die Sparkasse kann die Eindrücke der Volksbank bestätigen. Pressesprecherin Simone Rohde spricht ebenfalls davon, dass „die Verunsicherung am Markt aufgrund gestiegener Baukosten und Zinsen deutlich zu spüren“, sei. Zurückhaltung verzeichnet auch die Sparkasse vor allem bei Neubauvorhaben.
Im Bereich der Wohnbaufinanzierungen seien die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr deutlich reduziert. „Im Jahr 2022 hat die Sparkasse private Wohnbaufinanzierungen in einer Größenordnung von rd. 160 Mio. € Die Baufinanzierungen im Jahr 2023 sind dabei um ca. 50 Prozent rückläufig“, so Rohde. Dennoch verzeichne die Sparkasse ein Bestandswachstum von rund drei Prozent. Grund hierfür sei, dass Finanzierungen aktuell „häufig für Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen im energetischen Bereich aufgenommen werden“, erklärt die Sparkassen-Sprecherin.
Maßnahmen zur Eindämmung der Inflation entscheidend
Was die Entwicklung der Zinsen für eventuelle Bauvorhaben angeht, erklärt Rohde: „Die weitere Entwicklung wird maßgeblich davon abhängen, ob die Maßnahmen zur Eindämmung der Inflation greifen. Dies vorausgesetzt ist eher von Schwankungen in einer Bandbreite von 0,25 bis 0,5 Prozent auszugehen. Zinsmaßnahmen der EZB vergangener Monate hat der Kapitalmarkt teilweise schon vorab eingepreist.“
Bei der Frage danach, ob die Sparkasse aktuell zu einer Zinsbindung von 5, 10 oder 15 Jahren rate, erklärt die Sprecherin: „Die Empfehlung der Sparkasse berücksichtigt stets das Risikobewusstsein und die Risikotragfähigkeit der Kunden. Der aktuelle Trend geht eher weg von 15-jährigen Zinsbindungen zu 10-jährigen Zinsbindungen. Durch die Zusammenarbeit mit der LBS Bausparkasse lassen sich jedoch auch interessanten Finanzierungsmodelle entwickeln, die ein weiteres Zinsrisiko für die Zukunft gänzlich ausschließen. Inflation und hohe Kreditzinssätze ziehen auch hohe Lohnabschlüsse nach sich. Dementsprechend ‘begünstigen’ diese Lohnsteigerungen auch langfristig die Kreditnehmer.“