Meschede. Die Mescheder Abtei Königsmünster verkauft besonderes Eisen. Schmied Pater Abraham erklärt, wie es dazu kam und warum es hier keine Messer gibt.

4,57 Milliarden Jahre – so alt in etwa ist unser Sonnensystem. Eine unvorstellbar lange Zeit. Doch wir Menschen wären nicht wir Menschen, wenn wir nicht etwas, was noch älter ist, heute als Schmuck tragen würden.

Das Eisen, das in der Schmiede der Abtei Königsmünster verarbeitet wird, gab es noch vor unserer Sonne und all ihren Planeten. Was unvorstellbar klingt, ist leicht erklärt: der Werkstoff stammt von einem Meteoriten, der vor tausenden Jahren in die Erde einschlug. Pater Abraham, Metallbauer – „Schmied“ – aus Meschede, erläutert die Geschichte des besonderen Eisens.

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Mescheder Abtei Königsmünster bearbeitet Eisen aus dem Himmel

Das „Campo del Cielo“ ist ein Feld von Einschlagkratern in Argentinien. Auch die Fragmente des Eisenmeteoriten, der dort eingeschlagen ist, werden so genannt. „Auf Deutsch heißt das Feld des Himmels“, sagt Pater Abraham. Und genau an diesem Bild setzt auch das Kloster an.

Aber Schritt für Schritt. Etwa drei Jahrzehnte ist es her, dass Pater Abraham sich selbst ein Stück von einem Meteoriten gekauft hat. „Ich weiß nicht so recht warum, aber der hat mich immer fasziniert“, sagt der Mönch. Zunächst „nur“ ein persönliches Faible.

Klingen mit erkennbarer Struktur

„In der Schmiede haben wir dann angefangen, uns mit dem sogenannten Damaszenerstahl auseinanderzusetzen und damit zu üben“, erklärt Abraham. „In der Szene wird der Stahl meist für Messer benutzt.“

Das Besondere am Werkstoff: ein oder mehrere Eisensorten werden wie Blätterteig feuerverschweißt. Das fertige Produkt weist eine klar erkennbare Struktur auf. Genutzt wird die Technik meist für Klingen.

Keine Rüstungsindustrie

Eine Klinge wurde auch in der Abtei Königsmünster geschmiedet: im Büro hängt ein Schwert an der Wand, das sich auch im Museum gut machen würde. „Das ist aber das einzige“, betont Pater Abraham. „Rüstungsindustrie ist nicht unser Thema.“

Schmieden aber. Und statt aus ausgemusterten Kanonenrohren wie andere in der Szene „auf Krieg getunte“ Werkzeuge und Waffen zu schmieden, fragte sich Pater Abraham: Was machen wir? „Wie wäre es also mit anderen Sphären?“, fragt er. „Himmelsdamast?“

Ein Schatz

Die Idee ist etwas mehr als zehn Jahre alt. Seitdem stellt die Schmiede der Abtei Königsmünster verschiedene Stücke her, in denen sowohl „normaler“ Stahl als auch das Meteoriteneisen verwendet wird: Gürtelschnallen, Ringe und Armreifen sind einige Beispiele.

„Wir wollen das wiederbeleben, was Schmiede immer getan haben“, sagt der Pater.

Schon 600 vor Christus verhüttete man das Eisen aus dem Gestein – das war damals aber aufwendig und teuer. „Ein Stück reines Eisen war ein unglaublicher Schatz der Erde“, erzählt der Geistliche. Nicht nur Werkzeuge machte man daraus, auch Schmuck für die Pharaonen.

Meteor in der Sahara

„Es ging damals einen Meteor in der Sahara nieder“, erklärt Pater Abraham. Durch den Aufprall schmolz damals der Sand und wurde zu gelbklarem Glas – sogenanntem Lybischem Wüstenglas. Und das lag auch in einigen Sarkophagen der Alten Ägypter. Das ist nur eine der Legenden, die den Himmelsdamast umweben.

Campo di Cielo

Auch Excalibur, das Schwert von König Arthur, soll aus diesem Material gewesen sein. „Und vor etwa 5000 Jahren ging der Meteor auf dem Campo di Cielo nieder. Der alte Ortsname weist vor Erfindung der Schriftbelieferung darauf hin, dass an jenem Ort etwas am Himmel oder von ihm aus passiert ist.“

Um 1800 fand man ein etwa 15 Tonnen schweres Eisenstück des Meteoriten, das beschrieben wurde, aber dann verschollen ist. Wo das gelandet ist, weiß bis heute keiner.

Dinge, die Menschen brauchen

Sicher ist aber, dass es damals einen Meteoritenschauer gab, und in seinem Krater zum Großteil Gestein und etwa 30 bis 40 Prozent reines Eisen niederkamen. „Das ist eine große Seltenheit. Die Menschen damals müssen sich wahnsinnig gefreut haben, soviel Eisen zu bekommen, ohne es aufwendig mittels Holzkohle aus dem Gestein schmelzen zu lassen“, sagt Pater Abraham.

Nun ist es heute nicht anders als damals, als Schmied ist Achtsamkeit Gesetz. „Wir wollten keine Messer machen, sondern Dinge, die die Menschen brauchen“, so der Pater.

Gürtelschnallen, Armspangen und Ringe

Beispiele hat er in einer Vitrine: Ein großes, schweres Stück des „Himmeldamasts“ liegt darin und direkt daneben auf glänzenden Bergkristallen drapiert: Gürtelschnallen, Armspangen und Ringe.

Das Eisen, aus dem die Gürtelschnalle gemacht ist, kommt aus dem Weltall. Es hat eine lange Geschichte, wie Pater Abraham der Abtei Königsmünster in Meschede erklärt.
Das Eisen, aus dem die Gürtelschnalle gemacht ist, kommt aus dem Weltall. Es hat eine lange Geschichte, wie Pater Abraham der Abtei Königsmünster in Meschede erklärt. © WP | Livia Krimpelbein

Die feine Maserung findet sich in jedem Teil wieder, Schlieren aus hellem und dunklem Eisen geben den Werken ihren einzigartigen Charakter.

Wurmbunte Klingen

„Vor allem die Ringe sind tolle persönliche Symbole“, sagt Abraham. „Hier wird mit herkömmlichen Eisen und dem vom Meteoriten gearbeitet. Dementsprechend sind Himmel und Erde in diesem Ring feuerverschweißt.“ Es ist eine Geschichte, die die Menschen fasziniert, und die auch Pater Abraham in ihren Bann gezogen hat.

„Wurmbunte Klingen“ – so werden die Messer aus Damaszenerstahl liebevoll genannt. „Die Herstellung ist eine Kunst“, sagt Pater Abraham. Es wird geformt, geschliffen und poliert. „Dann wird geätzt, wodurch die Struktur des Stahls herauskommt.“ Also das Schlierenmuster.

500- bis 1000-fach so teuer

„Nur ganz wenige arbeiten überhaupt noch mit dieser Technik.“ Gerade deshalb sind Produkte aus Damaszenerstahl aus dem Himmel heute Luxusobjekte. „Die Kunden brauchen einen Sinn, ein starkes Symbol, etwas Aufregendes“, sagt Pater Abraham.

Ein Kilogramm Stahl kostet etwa zwei Euro – das Meteoriteneisen gut und gerne das 500- bis 1000-fache. Und es wird von Jahr zu Jahr teurer.

Urkunst

Doch Pater Abraham liebt sein Handwerk. „Es ist eine Urkunst, das Feuer zu beherrschen“, sagt er.

Und dabei Materie aus vorangegangenen Sonnensystemen bearbeiten zu können, bis man sie sich an den Finger stecken kann, setzt dem Ganzen die Krone auf.